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Vincent Wagner
Zu Gast im alten Wohnzimmer

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Essener Derby: Wagner spricht über seine Ausbootung

Nach sieben Jahren bei Rot-Weiss Essen wurde Vincent Wagner im Sommer an der Hafenstraße ausgemustert. Nun kehrt er mit dem FC Kray in sein altes Wohnzimmer zurück.

Sieben Jahre lang hielt er für RWE die Knochen hin. Er durchlebte sämtliche Höhen und Tiefen der jüngsten Vereinsgeschichte und mauserte sich dank seines unermüdlichen Einsatzes zum Publikumsliebling. Unvergessen bleiben seine beiden entscheidenden Elfmeter in den DFB-Pokalspielen gegen Energie Cottbus und Union Berlin, die er vor der Essener Fankurve verwandelte. Die Rede ist von Vincent Wagner, der am Freitag im Trikot des FC Kray an der Hafenstraße auflaufen wird.


Trotz eines gültigen Vertrages wurde der 28-Jährige in der Sommerpause von der neuen sportlichen Leitung der Essener ausgemustert. Wagner konnte sowohl die Entscheidung als auch die Art und Weise seiner Ausbootung nicht nachvollziehen und übte nach seiner Verabschiedung am Rande des Vorbereitungsspiels gegen den BVB Kritik an den sportlich Verantwortlichen der Rot-Weissen. Am Freitag ist der Innenverteidiger sowohl Gast als auch Gastgeber im Stadion Essen, denn mit seinem neuen Verein genießt er in seinem alten Wohnzimmer schließlich das Heimrecht. RevierSport sprach mit Wagner vor dem Stadtderby über seine emotionale Rückkehr zur Hafenstraße.

Vincent Wagner, wie intensiv ist Ihr Kopfkino vor dem Aufeinandertreffen mit Ihrem alten Verein? Ich bin absolut tiefenentspannt vor diesem Spiel. Erstmals kann ich ohne Druck an der Hafenstraße spielen, denn RWE ist zuhause immer zum Siegen verdammt, erst Recht im Stadtderby gegen Kray. Natürlich ist es für mich kein alltägliches Spiel, denn ich habe dort noch sehr viel Freunde und bin nach wie vor RWE-Fan. Ich rechne mit einem warmen Empfang von Seiten der Fans. Schon bei meiner Verabschiedung gegen den BVB habe ich eine enorme Unterstützung erfahren. Ich denke, die Leute konnten sich immer mit meinem Einsatz für den Klub identifizieren und spüren, was der Verein für mich bedeutet hat. Nichtsdestotrotz wird die Liebe am Freitag für 90 Minuten ruhen.

Es es Ihnen nach Ihrer überraschenden Ausbootung in Essen nicht schwer gefallen, weiterhin Sympathien für RWE zu hegen? Nein, die Sympathien für RWE sind in den letzten sieben Jahren so sehr gewachsen, dass sich daran nichts geändert hat. Die ersten Heimspiele habe ich mir nicht angeschaut, weil ich einigen Leuten nicht über den Weg laufen wollte und mich vor allem erstmal auf meine Aufgabe beim FC Kray konzentrieren wollte. Gegen RWO war ich aber wieder auf der Tribüne und habe meinen Ex-Kollegen die Daumen gehalten. Es macht mir sogar Spaß, mich unter die 3000 anderen Bundestrainer zu mischen, mit denen ich früher schon so häufig diskutiert habe. Man wird mich an der Hafenstraße des Öfteren sehen, sofern es der Spielplan zulässt.

Mit Ihrem vorzeitigen Abschied hätten Sie vor wenigen Monaten wohl nicht gerechnet. Wie ist es aus Ihrer Sicht letztlich dazu gekommen? Ich kam aus einer längeren Verletzungspause, doch es hatte nie den Anschein gemacht, dass ich keine Rolle mehr spielen würde. Als vor der Pause die Trainingspläne verteilt wurden, wurde mir mitgeteilt, dass man sich mit mir aufgrund der langen Verletzung und der individuellen Anforderungen unter vier Augen unterhalten müsse. Ich wollte aber nicht viel länger warten und habe selbst die Initiative ergriffen und das Gespräch mit der sportlichen Leitung gesucht. Diese teilte mir in Form von Uwe Harttgen mit, dass ich nur noch Innenverteidiger Nummer fünf sei. Nichtsdestotrotz kam für mich nie etwas anderes als RWE in Frage, deshalb hätte ich das mit einem Klos im Hals akzeptiert und den Kampf angenommen. Leider wurde mir aber dieser sportliche Wettkampf trotz meines gültigen Vertrages verwehrt. Sowohl Marc Fascher als auch Dr. Harttgen wollten mich unbedingt loswerden. Am Ende haben wir uns dann auf die Auflösung meines Vertrages geeinigt. Das war sehr enttäuschend, aber ich habe es eher nüchtern zur Kenntnis genommen. Meine Frau hat allerdings so emotional reagiert, dass unser zweites Kind eine Woche zu früh gekommen ist.


Sie waren nicht der einzige Spieler, der aus der alten Mannschaft gehen musste. Hat Sie der radikale Umbruch überrascht? Ich war schon sehr irritiert, denn wir haben uns über die Jahre ein gescheites Grundgerüst aufgebaut. Auch wenn die letzte Saison sehr enttäuschend war, lag RWE nicht total am Boden. Drei Jahre in Folge haben wir unsere Ziele übererfüllt, in denen sich der Verein dank der sehr guten Arbeit von Doc Welling mehr als konsolidiert hat. Nun wurden fast alle Alten weggeschickt und es gab eine sehr starke Umstrukturierung. Überraschend war das schon.


Den FC Kray haben Sie zuletzt als den kleinen Bruder von RWE bezeichnet. Wie gefällt es Ihnen bisher an der Buderusstraße? Es macht mir riesigen Spaß, bei diesem Verein zu spielen. Die Arbeit, die sämtliche ehrenamtliche Mitarbeiter hier leisten, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Gerade das Spiel gegen RWE ist eine echte Herkules-Aufgabe für diesen Klub. Durch das sensationelle Engagement der Leute ist aber auch das zu schaffen. Ich kenne das Krayer Umfeld schon länger und komme mit den Personen gut zurecht. Auch die Mannschaft hat einen großen Schritt nach vorne gemacht. Für mich war es wichtig, dass ich in der Nähe meiner Familie bin, in aller Ruhe meinem Studium nachgehen und weiterhin auf einem guten Niveau Fußball spielen kann. Letzteres klappt derzeit sehr gut, da ich mich nach einer langen Pause wieder meinem Topniveau angenähert habe.

Mit sieben Punkten aus den ersten vier Spielen hat Ihr Team einen guten Start hingelegt. Haben Sie schon darüber nachgedacht, dass Sie im Siegfall an RWE vorbeiziehen können? Bei einem Sieg wären wir temporär sportlich die Nummer eins der Stadt. Vielleicht sollten wir dann nett bei der Stadt nachfragen, ob wir zweimal pro Woche auf einem Rasen mit Flutlicht trainieren können. Das wäre schon ein Anfang. Jetzt aber im Ernst: Natürlich können wir mit der Punktausbeute zufrieden sein, aber wir können das Ganze schon gut einordnen. Wenn wir am Ende der Saison vier Teams hinter uns gelassen haben, wäre das ein riesiger Erfolg. Wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen. Gegen RWE sind wir der krasse Außenseiter. Individuell ist diese Mannschaft super besetzt. Ich denke vor allem an meinen alten Kollegen Marcel Platzek. Er ist wirklich überragend und ich bin mir sicher, dass er in der nächsten Saison in der 2. Liga spielen wird. Es wird eine große Herausforderung, gegen ihn zu spielen.

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