Eine Saison ist lang, sie hat viele Aufs und Abs. Manches bleibt fest im Gedächtnis verankert. Anderes verschwindet in der Schublade der unliebsamen Erinnerungen. Es ist einiges passiert, bis die Fortuna sich den Meistertitel im Westen der Saison 2013/14 ans Revers heften konnte. RHEINFUSSBALL rollt die Ereignisse ohne Anspruch auf Vollständigkeit noch einmal auf. Tiefschläge, Highlights, traurige Momente, ekstatischer Jubel, diese Spielzeit hatte alles in petto für die Südstädter.
Ab Anfang Januar gab es dann überraschenderweise einen Streit bei der Fortuna. Damit hatte wohl kaum einer gerechnet. Der Spieler mit Vornamen Albert sollte die Südstädter in der Rückrunde verstärken. „Ich bin der festen Überzeugung, dass Albert der Spielertyp ist, der uns noch gefehlt hat. Er ist sehr motiviert, seine Qualitäten in den kommenden Monaten zum Erfolg der Mannschaft einzubringen“, sagte Koschinat über den 33 Jahre alten Ex-Profi der in der 1. Bundesliga unter anderem für Eintracht Frankfurt, den Hamburger SV, den VfL Wolfsburg, Schalke 04 und den 1. FC Köln auflief. Am Ende wurden es aber nur fünf Einsätze und zwei Tore, die er gleich zum Rückrundenauftakt beim 3:1 in Aachen beisteuerte. Das Knie stoppte Streit, dem nun das Karriereende droht. Als deutlich wertvoller erwies sich die Winter-Verpflichtung eines weiteren Ex-Viktorianers. Hamdi Dahmani kehrte nach eineinhalb Jahren Abstinenz zurück ins Südstadion. Die offensive Allzweckwaffe erwies sich bis zum Düsseldorf-Spiel mit sieben Toren in zwölf Partien als sehr durchschlagskräftig.
Dennoch war der Weg zur Meisterschaft nicht frei von Stolperfallen. Nach dem 3:0 der Viktoria tags zuvor in Lotte hätten die Südstädter Anfang Februar den Vorsprung an der Tabellenspitze auf satte neun Punkte ausbauen können. Doch anstatt den Satzball zu verwandeln, leisteten sich die Hausherren einen bösen Doppelfehler, ein 0:2 zu Hause gegen RW Oberhausen. Und der Februar hatte noch eine böse Überraschung für die Kölner in petto. In Wattenscheid gab es den Schock in der Schlussminute. Der Treffer von Seyit Ersoy in der Nachspielzeit zum 2:1 für die SG 09 besiegelte die erste Auswärtsniederlage der Saison. Als kleines Trostpflaster gab es ein 0:0 des ärgsten Verfolgers Lotte in Düsseldorf. Und das einen Tag nach dem 66. Geburtstag der Dame Fortuna.
Im März positionierte sich dann der Coach. Er einigte sich mit der Spielbetriebsgesellschaft mbH auf eine Verlängerung seines auslaufenden Vertrags. Steigt die Fortuna in die 3. Liga auf, erhält der 42-Jährige einen Kontrakt über zwei weitere Jahre.
Ebenfalls im März platzte der Traum von der Titelverteidigung im FVM-Pokal. Die Viktoria gewann dank eines fulminanten Fernschusses von Fatih Candan in Zollstock mit 1:0. Zu einer ordentlichen Grätsche setzte dann allerdings erst „Pele“ Wollitz auf der anschließenden Pressekonferenz an. Auf Nachfrage eines Journalisten holte der Gäste-Trainer zu einem verbalen Rundumschlag gegen die Hausherren aus. „Ich war hier im Stadion beim Spiel gegen Schalke, da habe ich nach 20 Minuten das Stadion verlassen. Ich konnte mir das nicht mehr antun. Eine Beleidigung nach der anderen. Eine Unterstellung nach der anderen. Das ist mir im Fußball noch nicht passiert. Das muss ich ehrlich sagen. Das passiert mir nur hier. Wenn ich am Abend mal was Essen gehe, wenn es Richtung Südstadt geht, ist es für mich nicht erfreulich und ich kenne das so nicht“, sagte Wollitz und erneuerte seine Kampfansage an die Liga. „Die Messe ist noch nicht gelesen, die fängt jetzt erst richtig an. Zum Ende muss man stark sein. Die Fortuna muss noch nach Lotte und zu uns. Ich habe absolut die Hoffnung, dass wir noch viele, viele Punkte in dieser Saison holen..“ Es wurden letztlich aber deutlich zu wenige Zähler, um noch ernsthaft in den Titelkampf eingreifen zu können.
Nach dem 2:1-Erfolg im Heimspiel gegen RW Essen blickte die Fortuna auf eine perfekte englische Woche zurück. Drei Spiele, drei Siege. Schönheitspreise waren da vor dem Topspiel in Lotte zweitrangig. Der Vorsprung blieb bei sieben Zählern. Nur das war es, was letztlich zählte. Vor 1.712 Zuschauern brannte der Tabellenführer kein fußballerisches Feuerwerk ab. Aber auf eines konnte sich Uwe Koschinat immer verlassen. „Fortuna Köln hat sehr viel mit Mentalität zu tun, Fortuna Köln hat auch sehr viel damit zu tun in schwierigen Situationen alles rauszuknallen.“
Das taten sie dann auch bei den Sportfreunden. Es wurde aber ein Spiel der verpassten Möglichkeiten und eine 0:1-Niederlage durch einen Sonntagsschuss des eingewechselten Henning Grieneisen kurz vor Schluss. Jan-Andre Sievers und Kristoffer Andersen handelten sich zudem Sperren ein. Koschinat präsentierte sich gewohnt kämpferisch nach Abpfiff: „ Wir wollten das Spiel gewinnen, das hat man auch gemerkt, denke ich. Natürlich hätte ich am Ende auch mit einem Punkt sehr gut leben können. Das wird uns aber nicht umhauen, dafür ist die Mannschaft charakterlich zu stark.“ Beim anschließenden 1:0 gegen Mönchengladbach II folgte die erhoffte Reaktion.
Kurz vor dem Saisonendspurt heimste dann Klaus Ulonska noch eine große Ehrung ein. Der Fortuna-Präsident erhielt im Kölner Rathaus das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse für sein Lebenswerk. Die beiden Topteams hingegen kämpften sich nach dem direkten Aufeinandertreffen eher schlecht als recht durch die Liga. Fortuna spielte 1:1 in Bochum, Lotte 2:2 gegen Lippstadt usw… Vier Spieltage vor dem Ende hatte der Tabellenführer dann Matchball und das ausgerechnet beim Lokalrivalen Viktoria. Aber erst hatten sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu. Es lief die 89. Minute im Höhenberger Sportpark, die Fortuna war zu diesem Zeitpunkt Meister. Doch dann pfiff Schiedsrichter Sören Storks vor 3.454 Zuschauern nach einem vermeintlichen Vergehen des eingewechselten Frederic Brill einen Handelfmeter. Mike Wunderlich verwandelte zum 1:1. Die Entscheidung um den Titel war vertagt. Bitter für die Fortuna, die schon vorher ausgiebig Grund hatte, mit dem Schicksal zu hadern. Kapitän Daniel Flottmann zog sich in Halbzeit eins ohne Fremdeinwirkung einen Kreuzbandriss zu, Saisonende, Relegation passé!
Und auch gegen Wiedenbrück zu Hause wurde kein Schuh draus. Eine zweimalige Führung reichte gegen den Abstiegskandidaten nicht zum Erfolg. Dem extrem ehrgeizigen Fußballlehrer verhagelte danach vor allem eines die Petersilie. Die Vorbereitung auf die Spiele gegen Bayern München II hätte bereits anlaufen können. Gerade in der Trainingssteuerung hätte der personell angeschlagene Spitzenreiter variieren und anders dosieren können. „Doch das ist jetzt erst einmal über den Haufen geworfen“, grantelte Koschinat, der in Leverkusen eine Woche später endlich erlöst wurde.
Wenngleich auch da beileibe nicht alles nach Wunsch lief. Die Meister sahen nach 90 Minuten nicht wie Sieger aus. Es dauerte Minuten bis die Enttäuschung über das 1:3 bei der U 23 im Ulrich-Haberland-Stadion der Erkenntnis wich, über der Ziellinie zu sein, den Titel in der Regionalliga West endlich errungen zu haben. Ein in der Nachspielzeit verwandelter Elfmeter von Borussia Mönchengladbach II gegen Konkurrent Lotte musste dafür herhalten. „Wir haben noch zwei sehr schwere Spiele gegen Bayern München vor der Brust. Wir werden bis dahin deutlich an Form gewinnen müssen. Am Ende kann das auch ein Titel sein, der leider gar nichts wert ist“, konstatierte Koschinat.
Aufstieg in letzter Minute
Und die Fortuna gewann an Form. Zum allerwichtigsten Zeitpunkt legte die Mannschaft wieder die Mentalität auf den Platz, die sie in großen Teilen der Saison an den Tag gelegt hatte. Im Relegation-Hinspiel im Südstadion entwickelte sich ein enges Match, wo die Fortuna den bayrischen Gästen besonders mit ihrer Physis den Schneid abkaufte. Tore wollten beiden Teams zunächst nicht gelingen, zwei Pfostenschüsse waren die größten Gelegenheiten. In der 87. brachte dann aber Thomas Kraus das Stadion durch seinen 1:0-Siegtreffer zum überkochen. Die gute Ausgangslage war geschaffen.
Im Rückspiel drehten die Bayern das Ergebnis jedoch zunächst einmal auf links. 0:2 lag Fortuna zurück, Yllli Sallahi traf doppelt. Doch am Ende hieß es: „Wir waren schon tot, aber noch nicht tot genug“. Fortuna war nach dem Platzverweis von Kristoffer Andersen sogar in Unterzahl und eigentlich nach dem 0:2 komplett am Boden, doch nach der 94.Minute war nichts mehr wie zuvor. Einen letzten langen Ball unterlief FCB-Keeper Lukas Reader komplett. Der Ball war scheinbar schon in seinen Händen, rutschte ihm jedoch durch die Finger und fand seinen Weg zu Oliver Laux. Der musste nur noch einnicken und war fortan unsterblich. Selbst Schiller hätte kein dramatischeres Ende schreiben können. Zukünftig werden die Kölner auf der Bühne Dritten Liga zuhause sein.