Jerome Propheter ist ziemlich plötzlich reingeplatzt. Gerade hatten die Essener Spieler wieder deutschen Boden unter den Füßen, da machte auch schon die Meldung die Runde, dass sie Zuwachs bekommen haben. Statt des Stürmers, den viele erwartet hatten, ist mit Jerome Propheter ein Innenverteidiger gekommen. Der bringt jedoch durchaus Offensivgeist mit.
Wir erwischen Propheter zwischen zwei Trainingseinheiten und während des Mittagessens mit seinen neuen Teamkollegen. Dass Waldemar Wrobel ein ziemlich straffes Trainingsprogramm pflegt, bekam der Neue also gleich zu spüren. Aber das ist nichts, mit dem Propheter ein Problem hätte: „Schließlich ist Fußball unser Hobby.“
„Was andere an Talent hatten, habe ich mir erarbeitet“ Für den 23-Jährigen ist es genau genommen sogar wesentlich mehr. Auch wenn er betont, dass er sich mental voll auf Rot-Weiss Essen fokussiert hat, steht er nach wie vor bei einem Zweitligisten unter Vertrag. Eine beachtliche Karriere, die der gebürtige Kölner da bereits hingelegt hat. Schließlich war ihm der Weg in den Profifußball nicht vorbestimmt. Während andere in seinem Alter längst in den Nachwuchsabteilungen der Profiteams untergekommen waren, absolvierte Propheter seine Ausbildung zum Schlosser und kickte gleichzeitig für den FC Junkersdorf in der Mittel-rheinliga. „Das, was andere an Talent hatten, habe ich mir alles hart erarbeitet“, sagt Propheter.
Mit Erfolg: Nach der Meisterschaft ging sein Klub im neu gegründeten FC Viktoria Köln auf. Mit Propheter gelang der Durchmarsch in die Regionalliga. Dort brauchte der 1,92 Meter große Abwehrmann ganze 13 Einsätze, um sich auf den Einkaufszettel der Arminia zu spielen. Der frohen Kunde, dass der damals noch Drittligist anklopfte, folgte aber wenig später großes Pech. Im Spiel gegen Rot-Weiss Essen verletzte sich Propheter schwer. Auch nach seiner Genesung machte er kein Spiel mehr für die Viktoria, da die Verantwortlichen über die Begleitumstände seines Wechsels wenig erbaut waren. Rot-Weiss Essens Neuer blickt aber ohne Gram zurück: „Viktoria Köln hat mir die Chance gegeben, in der Regionalliga zu spielen. Dafür bin ich sehr dankbar. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Wenn ich jetzt am Samstag spielen sollte, wäre es natürlich wieder typisch Fußball. So wie bei Mario Götze. Wenn ich auch sofort treffen würde, hätte ich natürlich nichts dagegen“, sagt Propheter augenzwinkernd.
„Wo ich war, war der Erfolg“
Er blickt derzeit lieber voraus als zurück. Denn hinter seinem letzten Karriere-Kapitel Bielefeld verbarg sich nicht das Märchen vom Profifußball. „In der 2. Bundesliga, also im Profifußball zu spielen, ist der Traum von jedem. Jetzt hat es im ersten Anlauf nicht geklappt.“ Propheter spielte regelmäßig in der Oberliga-Reserve. Die müsste zwar mit allen Regeln der Wahrscheinlichkeit brechen, um nicht in der kommenden Saison in der Regionalliga zu spielen, Propheter verspricht sich von seinem Engagement in Essen aber mehr als „nur“ Viertliga-Fußball. „Ich hoffe, dass die Zeit des Leidens jetzt vorüber ist. Das hat an mir genagt. Jetzt denke ich nur an Essen. Ich will einfach wieder Spaß am Fußball finden. Ich habe Bock auf das Stadion, Bock auf die Fans und das Umfeld. Beim Spiel in Köln waren 3.000 oder 4.000 Essener da. So viele kommen in zwei Heimspielen bei der Viktoria. Das ist ja eigentlich alles viel zu gut für die vierte Liga und ich will helfen, dass es wieder nach oben geht.“ Versprechen kann er zwar auch nichts, mit einem Schmunzeln verweist er aber auf seine äußerst vorzeigbare Vita: „Egal ob Junkersdorf, Viktoria, oder Bielefeld II – wo ich war, war auch der Erfolg.“
Mit den wichtigsten Fakten hat sich der Zugang schon vor Dienstantritt vertraut gemacht. „Rot-Weiss Essen war 1955 Deutscher Meister, das macht schon etwas aus.“ Ist aber doch recht lange her, oder? „Schon, aber es hat immer noch eine Bedeutung. Die Leute, die es damals miterlebt haben, geben es an ihre Kinder weiter und die an die nächste Generation. So lebt die Tradition.“ Sich mit der Region zu identifizieren, fällt dem Rheinländer offensichtlich leicht. Schon nach den ersten Eindrücken scheint die Entscheidung in ihm zu reifen, auch seinen Wohnsitz ins Ruhrgebiet verlegen und sich die Stunde Fahrzeit zu sparen. „Ich habe es auch schon in 40 Minuten geschafft. Ich arbeit also an Rekorden“, sagt er augenzwinkernd. „Aber ich habe Bock auf Essen. Hier lässt es sich scheinbar gut leben. Der erste Eindruck ist positiv und für die Identifikation ist das auch ganz wichtig.“
Sportlich ist die Lage vor dem Start des Fußballjahres 2014 zwar nicht verheißungsvoll, aber auch nicht hoffnungslos. „Wenn wir unser Nachholspiel gewinnen, sind es noch zwölf Punkte. Ich gehöre zwar noch zur jungen Garde, aber ich habe gelernt, dass im Fußball nichts unmöglich ist. Ich bin eben Kölner, eine rheinische Frohnatur und wir sagen sowieso: Et kütt, wie et kütt.“ Und et hät natürlich noch immer jot jejange. Es fällt nicht schwer, zu dem Eindruck zu kommen, dass RWE einen guten Typen hinzugewonnen hat. Vor allem natürlich einen starken Fußballer.