Vincent Wagner, was sagen Sie zu den Reaktionen auf das 2:2?
"Wir sind ja bei Rot-Weiss Essen. Verrückt durch und durch. Damit müssen wir leben."
Also macht Ihnen das nichts aus? Mir macht das sogar richtig viel. Es ist doch offensichtlich, dass uns das allen sehr viel ausmacht. Jeder, der etwas anderes behauptet, der würde lügen. Ich glaube es gibt keinen, an dem das spurlos vorbei geht. Wichtig ist: Nach einem 0:2 mit verschossenem Elfmeter, mit einem Ball, der von der Unterkante der Latte wieder rausspringt, und dem Drumherum, auch wenn wir das schon ein paar mal gehabt haben, kommen wir zurück. Von Kampf, was da heraufbeschworen wird, braucht mir keiner was erzählen. Wenn die Truppe etwas macht, dann ist es kratzen, beißen, kämpfen. Dass wir nur im Moment schlechten Fußball spielen, ist offensichtlich. Am Ende war das erste Gegentor nach der Ecke einfach verdient. Es war der dritte Ball, der so gefährlich reingeflogen ist. Danach hatten wir das ein bisschen besser im Griff, obwohl es lichterloh brannte. Ansonsten haben wir ja eigentlich nicht viel zugelassen. Aber wenn du nach zehn Minuten schon wieder zurückliegst, kannst du spielen wie ein junger Gott. Da tut sich jede Mannschaft der Welt schwer. Wenn du dann trotz der Rückschläge zurück kommst... Aber es nützt dir nichts. Wir spielen Samstag gegen Schalke, eine der stärksten Gegner der Liga. Da geht es weiter. Wir müssen versuchen, die Null zu halten, denn wir schießen immer einen. Das hat man ja auch gegen Wattenscheid gesehen.
Während des Spiels öffnete sich plötzlich ein Tor auf der Westtribüne. Sie haben mit dafür gesorgt, dass es schnell wieder zu ging. Was war da los? "Das Drumherum mit dem offenen Tor habe ich gar nicht so dramatisch gesehen. Mein Gott! Dass die Jungs ein bisschen heiß sind, gerade wenn das Tor dann offen ist. Aber sie sind dann ja auch relativ ruhig wieder zurück gegangen. Das war schon okay. Aber die Pfiffe, das habe ich schon oft gesagt, die finde ich nicht okay. Egal, wie schlecht wir spielen. Ich kann die Kritik völlig verstehen. Aber es hilft doch nichts, wenn wir uns hier so auseinander dividieren. Wir sind doch nur als Einheit stark. Das haben wir gesehen, als wir aufgestiegen sind. Im Moment spielen wir - selbst verschuldet, das muss man sagen, scheiße - aber wir spielen im Prinzip gegen einen Mann mehr. Im Moment sagt doch jeder Trainer, der hier her kommt: Ihr müsst nur die Null halten, dann fallen die eh schon auseinander. Wir müssen an uns arbeiten, wir müssen bessere Spiele anbieten. Da brauchen wir gar nicht über Qualität oder so eine scheiße reden. Wir müssen einfach ein Tor mehr schießen als der Gegner. Das Geschrei nach dem 1:0 in Velbert war groß. Jetzt spielt Lotte gegen Velbert. Wie ist es ausgegangen? Ich glaube 1:0.
Das Tor fiel in der 79. Minute. So weit wären wir gar nicht gekommen. Dabei sind wir immer noch Zehnter, obwohl wir so einen Mist spielen. Jetzt ist auch noch Michael Laletin verletzt. Das ist auch ein bisschen die Krux, dass wir einfach keine Stabilität in die Viererkette kriegen. Wichtig ist erstmal, dass du hinten sicher stehst, dann kannst du hinten raus immer gut spielen.
Das ist Ihnen diesmal zwar gelungen. Für die Essener Tore gab es aber Pfiffe. "Jetzt kommt etwas ganz Wichtiges: Es gibt ja auch andere Fangruppen als die Ultras. Ich habe mit einer Frau gesprochen, die hat geweint. Die hat mir gesagt, sie sieht es gar nicht so und mich gefragt: Was kann man denn dagegen machen? Sie hätte sich gefreut und wir sollen das nicht als Stimme der Allgemeinheit nehmen. Sie steht komplett hinter uns. Das sind auch viele. Aber ich kann die Ultras auch verstehen, wenn wir so spielen. Das ist ja offensichtlich, wenn wir so scheiße spielen. Aber es ist ja auch wie es ist. Und dadurch, dass wir blindwütig irgendwelche Köpfe fordern, wird es garantiert nicht besser.
Derzeit fällt es schwer, sich vorzustellen, dass sich die Fans so schnell wieder versöhnen lassen. Wie könnt ihr aus dieser verfahrenen Situation wieder herauskommen. "Indem wir Rückgrat zeigen. Wir sind seriös genug, uns nur von neutralen Fakten leiten zu lassen. Ich glaube, es wurde sich hier einiges an Kredit erarbeitet. Dann muss man auch mal eine Schwächeperiode zugestehen. Wir müssen zusehen, dass wir da raus kommen."