Nach dem 2:2 gegen Leverkusen II musste Rot-Weiss Essen im Spitzenspiel gegen Viktoria Köln nur drei Tage später vor 10.350 Zuschauern eine 1:2-Heimpleite einstecken. Der Fehlstart ist perfekt. Zumindest rein von den Zahlen her. Dennoch weigert sich Markus Heppke, das so einfach anzuerkennen: "Von einem Fehlstart würde ich noch nicht sprechen", betonte der Essener Kapitän, der zur tragischen Figur auf Seiten der Gastgeber wurde. Nachdem Christian Knappmann gegen Leverkusen noch einen Elfmeter verschossen hatte, übernahm Heppke diesmal Verantwortung. Zum 1:1-Ausgleich (75.) verlud der Mittelfeldmann Raphael Koczor noch sicher. Nachdem Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer aber nur fünf Minuten später erneut auf den Punkt zeigte, blieb der Kölner Schlussmann Sieger - und schrieb das nächste Kapitel des Essener Elfmeterdramas. "Es gibt keine interne Reihenfolge", erklärte der 27-Jährige. "Es schießt der, der sich sicher fühlt. Den ersten habe ich souverän verwandelt, den zweiten leider nicht."
So avancierte schließlich der Kapitän der Gäste zum Helden des Abends: Nachdem Mike Wunderlich schon vor dem 1:0 RWE-Keeper Daniel Schwabke gekonnt aussteigen ließ, besiegelte er mit einem Hammer vom Elfmeterpunkt (90.) den 2:1-Triumph an alter Wirkungsstätte. "Es gibt sicher schönere Situationen, als in der 90. Minute einen Elfmeter zu schießen", gestand der Doppeltorschütze erleichtert. "Aber wenn er dann rein geht, ist es ein umso schöneres Gefühl."
Dass in der Hitze des Gefechts schließlich Raphael Koczor, der sich im zweiten Durchgang permanent auf Scharmützel mit der Westtribüne in seinem Rücken einließ, bis schließlich sogar ein Zollstock in seine Richtung flog, nach vehementem Protest schließlich mit Gelb-Rot vom Platz musste (90.), konnte die Partie auch nicht mehr entscheidend beeinflussen.
Trotz der Niederlage weigerte sich auch RWE-Trainer Waldemar Wrobel, den Fehlstart ohne Weiteres anzuerkennen. Schließlich habe seine Mannschaft "eine gute, eine sehr gute Leistung" an den Tag gelegt. "Wir wollten tief stehen und Viktoria Köln den Ball überlassen", verriet der 43-Jährige. "Das ist alles aufgegangen. Zwar hatte Viktoria gefühlt 70 Prozent Ballbesitz, aber aus dem Spiel heraus hatten wir die klareren Aktionen nach vorn." Der große Respekt beider Mannschaften war dennoch greifbar und wohl kaum einer hätte darauf gewettet, dass das Topspiel noch eine eine derart hitzige Schlussphase zu bieten hätte.
RWE demonstrierte, dass nicht viel fehlte gegen diesen Kölner Luxuskader. Letztlich ist es aber eben das Quäntchen, das eine Spitzenmannschaft ausmacht. In den entscheidenden Momenten konnte das Team von "Pele" Wollitz scheinbar nach Belieben zulegen und so einen durchaus glücklichen, aber nicht unverdienten Sieg einfahren. Wrobel gestand zwar, "maßlos enttäuscht" und "etwas angepisst" zu sein. Dafür war aber in keiner Weise seine Mannschaft verantwortlich, sondern vielmehr das unglückliche Zustandekommen dieser Niederlage. Auch Wollitz war die Erleichterung anzumerken und wer mochte, konnte durchaus auch ein Kompliment an RWE heraushören: "Beide Mannschaften hatten großen Respekt voreinander. Wir haben es geschafft, sehr diszipliniert zu spielen und in den entscheidenden Momenten Nehmerqualitäten bewiesen."
Die sind nun auch auf Essener Seite gefragt. Ein Punkt aus zwei Heimspielen - das ist ein Fehlstart! Aber Fußall ist eben auch keine Mathematik. Wie RWE der Viktoria Paroli bot, gibt genauso viel Anlass zur Hoffnung, wie das 2:2 am Samstag zweifeln ließ.