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Christian Knappmann
"Ich bin ein besonderer Typ"

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RWE: Knappmann über Vorurteile, Söldner und Familienfeiern
Viktoria Köln
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Borussia Dortmund II
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Die Regionalliga spricht seit seinem Wechsel nach Essen über ihn. Wir unterhielten uns mit Christian Knappmann – über Vorurteile, Söldner und Familienfeiern.

Wer Christian Knappmann einmal in Aktion gesehen hat, wird sich ihn merken. 1,95 Meter groß, Karosserie eines Bulldozers, sportliche Kurzhaarfrisur. Dazu trifft der inzwischen 32-Jährige so regelmäßig wie sonst fast keiner in der vierten Liga. Aber er wechselt auch mindestens einmal im Jahr den Verein und ist auf dem Platz unausstehlich – zumindest für die Gegner. Es gibt viel, das man sich über den neuen RWE-Stürmer erzählt. Wir sprachen mit ihm – über Vorurteile, Söldner im Teamsport und Familienfeiern.

geb. 19.03.1981 in Düsseldorf

Vereine: 2000–2001 FC Remscheid 2001–2002 Ratingen 04/19 2002–2004 Kickers Offenbach 01/2004 07/2004 VfR Neumünster 2004–2005 Tus Koblenz 2005–2007 KFC Uerdingen 01/2007 - 07/2007 FC Gütersloh 08/2007–01/2008 KFC Uerdingen 01/2008–2010 SC Verl 2010–2011 RW Ahlen 2011 Wacker Burghausen 2011–2012 Wuppertaler SV 2012 - 2013 Borussia Dortmund II 2013 – Rot-Weiss Essen

3. Liga: 49 Spiele 5 Tore

Regionalliga West: 120 Spiele/67 Tore

Christian Knappmann, die Foren explodieren, auf Facebook ist die Hölle los. Für einen Viertliga-Transfer schlägt Ihre Unterschrift bei Rot-Weiss Essen verdammt hohe Wellen.

Ich bin seit Sonntag im Italien-Urlaub und meine Frau dreht komplett durch, weil ich auf sämtliche privaten Nachrichten auch gerne antworte. Um die 200, 250 habe ich schon bekommen, seit mein Transfer bestätigt wurde. Bisher war nur ein negativer Kommentar an meiner Pinnwand dabei. Das Feedback, das ich da erhalte, ist aller Ehren wert. Mit so einer großen Zuneigung hätte ich nicht gerechnet. Ich weiß aber um die Vorbehalte und die Skepsis meiner Person gegenüber.


Die Essener Fanszene ist gespalten wie selten. Während sich die einen auf einen neuen Topstürmer freuen, sind andere skeptisch, weil Sie ein schwieriges Image haben. Sind Sie ein Söldner?

Deshalb habe ich zum Beispiel demjenigen, der mich bei Facebook kritisiert hat, auch angeboten, dass ich bereit bin, einen offenen Austausch zu führen und solche Vorbehalte „Face to face“ zu klären. Viele kennen die Beweggründe gar nicht, warum ein Viertligaspieler dann und wann den Verein wechselt. Es ist nicht so, dass das so großes Geld verdient wird, dass man mit 35 ausgesorgt hat. Es ist eine andere Bemessungsgrundlage als bei Michael Ballack, der von Bayern nach Chelsea gegangen ist. Da kann man vielleicht sagen, er hat es wegen des Geldes gemacht. In unseren Klassen spielen aber ganz andere Zahlen eine Rolle. Ich bin Familienvater und muss zusehen, dass meine drei Mädels genug zu Essen auf dem Tisch haben. Ich bin alles andere als ein Söldner. Natürlich bin ich oft gewechselt. Das mag schon den Anschein haben. Aber jeder, der mich kennt, der weiß, dass ich in der Zeit, in der ich bei jedem Klub gespielt habe, diesen Verein lebe und mich dafür zerreiße. Da gibt es kein anderes Statement, von niemandem! Das beschreibt doch nicht den typischen Söldner. Außerdem gibt es ja auch immer zwei Seiten: Vereine trennen sich auch von Spielern. Manchmal schon nach einem Jahr. Das beste Beispiel ist Mario Gomez, den man hinter vorgehaltener Hand doch am liebsten gegen Lewandowski austauschen würde. Ich kann die Fans verstehen, die sagen: Der wechselt oft, der ist ein Söldner. Aber sollte es für die Fans nicht viel wichtiger sein, einen Spieler im Verein zu haben, der über einen kurzen Zeitraum überdurchschnittliche Leistung bringt, als einen, der 15 Jahre beim selben Klub spielt und sich nur durchschleppt? Qualität sollte doch der Maßstab sein und nicht Quantität.

Milan Sasic (Knappmanns Trainer in Koblenz): Ah, Christian! Er hat eine Glatze – aber komplett. Aber jetzt mal Scherz bei Seite: Er ist kein einfacher Typ, aber ich liebe solche verrückten Vögel. Auch wenn er bei mir in Koblenz nicht immer Stammspieler gewesen ist, ist er ein echter Charakterkopf. Er ist auch privat sehr zielstrebig und hat inzwischen seinen Uni-Abschluss gemacht. Auf dem Fußballplatz hat er sowieso immer seine Tore erzielt. Solche Burschen wie Christian Knappmann müssen respektiert werden.

Gekauft! Aber 14 Vereine in 12 Jahren, das kann doch nicht der Plan gewesen sein, oder? Auffällig ist, dass Ihnen trotz teilweise überdurchschnittlichen Leistung nie der Sprung in den höherklassigen Fußball gelungen ist.

Es gab unterschiedliche Beweggründe. Der Wechsel von Verl nach Ahlen zum Beispiel ist auch finanziell schon ein Unterschied gewesen. Es geht aber auch um die sportliche Situation. Jetzt in Essen zu spielen, bei so einem Kultklub, wo die Post abgeht, das war für mich ein entscheidender Faktor. Das unterstreicht auch, dass ich kein Söldner im negativen Sinne bin. Ich habe aber trotzdem einige Wechsel getätigt, die mir geschadet haben. Wenn ich zurückblicke, denke ich auch: Hast Du voll einen an der Meise, wie oft bist Du eigentlich gewechselt? Damals von Offenbach nach Neumünster zu gehen, war ein Fehler. Aber den habe ich bestimmt nicht aus Söldnertum begangen, sondern weil ich einfach zocken wollte. Zwischendurch habe ich zwei Insolvenzen mitgemacht: eine in Uerdingen, eine in Ahlen. Jetzt sind in Wuppertal die Lichter ausgegangen. Es war nicht immer nur freiwillig und das sehen viele eben nicht – wie schwer es die Vereine in diesen Ligen haben, pünktlich und ordentlich zu zahlen. Deswegen noch mal: Ich weiß, dass einige Wechsel nicht glücklich waren, aber das so zu bezeichnen, dass ich nur abkassiere, das ist überhaupt nicht der Fall.

. David Wagner (Knappmanns Trainer bei Borussia Dortmund II):

Er hat herausragende Eigenschaften, was seine Professionalität betrifft. Knappi ist der Erste, der kommt und der Letzte, der geht. Ich habe ihn als Top-Profi erlebt, insbesondere was die Kommunikation innerhalb der Mannschaft betrifft. Von seiner Statur her ist er natürlich eine Erscheinung. Auch wenn er bei uns nur einmal getroffen hat und das ins eigene Tor, hat er mitgeholfen, das Team in die positive Richtung zu ziehen und somit großen Anteil am Klassenerhalt. Einen, der so vorweg marschiert, wünscht man sich als Trainer.

Weiterhin heißt es, Sie seien auf dem Feld ein „Arschloch“. Der Sport ist wohl der einzige Zusammenhang, in dem man das auch als Auszeichnung verstehen kann. Waldemar Wrobel hat ein „positives Arschloch“ gesucht. Ist er da bei Ihnen fündig geworden?

Ja, 100-prozentig. Aber da muss man auch trennen. Auf dem Platz habe ich eine andere Persönlichkeit, als wenn ich privat bin. Denn es geht immer um die Sache. Hauptbestreben ist es dabei nicht, immer in totaler Harmonie und Freundschaft zu leben. Da muss man schon mal Arschloch sein und ein positiver Verrückter.

Was heißt das genau?

Dass man pusht, dass man auch unter der Woche brutal alle an die Leistungsgrenze pusht, sich selbst auch. Dass man das auch mit einem gewissen Nachdruck tut. Es muss nicht immer der Schmusekurs sein. Matthias Sammer hat das zuletzt noch gut formuliert: Es geht dabei nicht ums Persönliche, sondern immer nur um die Sache.

Tom Moosmayer (Knappmanns Teamkollege in Wuppertal): Knappi ist einfach ein verrückter Typ. Mit ihm erlebt man immer was, aber er ist auch Profi durch und durch. Wenn das Training um sechs Uhr beginnt, ist er um halb vier schon im Kraftraum. In Dortmund hat er mich einmal um 8 Uhr angerufen. Das Training begann um 15 Uhr und er stand schon am Trainingsgelände, aber noch nicht einmal der Pförtner war da, um ihm aufzuschließen. Er will in Essen nicht nur mitspielen, sondern noch einmal angreifen. Und es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn er auf einmal keine Tore mehr schießt.

Ist Christian Knappmann also ein Einzelkämpfer?

Das überhaupt nicht. Der Teamgedanke ist brutal wichtig. Aber ich kann mit dieser Floskel „Elf Freunde müsst ihr sein“ nichts anfangen. Das darf zumindest nicht über der Arbeit stehen. Hohe Trainingsqualität und hartes Arbeiten führen dann am Ende dazu, dass man zu elf Freunden wird, weil das den Erfolg wahrscheinlicher werden lässt. Ich glaube, dass harte Arbeit, Ehrlichkeit und Gradlinigkeit dazu führen, dass man einen guten Teamspirit hat. Beispiel Bayern München: Im letzten Jahr galt die Mannschaft mit Spielern wie Robben noch als zerstrittene Ansammlung von Egoisten. Heute sprechen alle von einem verschworenen Haufen, eben weil der Erfolg da ist.

Zurück zu Ihnen: Können Sie sich erklären, warum Sie polarisieren?

Zum einen bin ich eine große, imposante Person und habe eine Glatze. Das fällt natürlich schon auf. Dann bin ich noch Stürmer, da wird sowieso mehr drüber geredet, weil man mehr im Fokus steht. Ich provoziere, ich lamentiere, ich reklamiere, um Spiele für die eigene Mannschaft zu entscheiden. Aber das gehört auch zu meinem Image dazu, das habe ich mir irgendwann angeeignet. Es gehört für mich dazu, dass man auf dem Platz jedes Mittel ausschöpft, einfach um erfolgreich zu sein.

Viele charakterisieren Sie als schwierigen Typen, Würden Sie da widersprechen?

Ich glaube eher, dass ich ein besonderer Typ bin. Ich habe mit Waldemar Wrobel und Damian Jamro über einen längeren Zeitraum wirklich sehr viele Gespräche geführt. Eben weil es da auch den Ansatzpunkt gab, dass ich als schwieriger Typ gelte. Aber wir sind einfach dazu gekommen, dass diese Zusammenkunft einen totalen sportlichen Mehrwert bietet. Es ist schon so, dass ich viele Dinge sehr genau nehme. Ich will immer mehr tun, immer überpünktlich sein und so weiter. Ich schiebe Extra-Schichten über das normale, fast schon das gesunde Maß hinaus, weil ich komplett dafür lebe. Dem Fußball ordne ich komplett alles unter. Krass gesagt sogar die Familie. Natürlich nicht, wenn es um gesundheitliche Dinge geht oder so. Aber wenn eine Familienfeier ist und wir haben ein kleines Trainingsspiel, dann sieht mich keiner auf einer Familienfeier. Dem Fußball ordne ich alles unter. Das war schon immer so. Das hat für mich jetzt auch den Ausschlag gegeben. Ich hätte auch beim BVB meine letzten Fußballjahre verbringen können, aber ich habe bei meinen Einsätzen noch mal Blut geleckt. Ich habe einfach Bock zu kicken. Und dann so eine Sache wie RWE, wo von Anfang an positiv wie negativ so ein Druck ensteht, das hat mich einfach gereizt, den Leuten zu zeigen: Der Alte kann noch was.

Raimund Bertels (Knappmanns Trainer in Verl):

Er lebt Fußball so wie ich noch nie einen anderen kennengelernt habe. Ich glaube, er würde für Fußball sterben. Aufgrund seiner Verbissenheit hat er unglaublich viel erreicht, obwohl er vielleicht nicht der größte Fußballer ist. Außerhalb des Platzes ist er ein unheimlich lieber Kerl, der alles für einen tun würde. Ich bin als Spieler mal zu einem Auswärtsspiel zusammen mit Knappi gefahren. Nach eineinhalb Stunden musste ich aussteigen, weil meine Bauchmuskeln das nicht mehr mitgemacht haben.

Wie viel kann denn die Mannschaft? Wie schnell kann es mit RWE wie weit nach oben gehen?

Ich habe grundsätzlich eine hohe Meinung von der Qualität dieser Truppe. Was Damian Jamro und Waldemar Wrobel machen, finde ich richtig gut: Dass eben nur an bestimmten Stellschrauben gedreht wird, bei den Personalien aber mit unglaublich viel Detailarbeit auf die Neuverpflichtungen geschaut wird. Das hat mir imponiert. Natürlich wollen wir besser abschneiden als diese Saison. Dann bleibt ja nicht mehr viel übrig. Ein Aufstieg lässt sich in dieser Liga schwer planen, das hat man ja bei Lotte gesehen. Aber ich glaube schon, dass wir ganz oben dran schnuppern sollten.

Zumindest die Rolle als Leitwolf kennen Sie bereits aus Dortmund, auch wenn es wieder nur ein halbes Jahr war.

Ich glaube Waldemar Wrobel hat mit David Wagner (BVB-II-Trainer, Anm. d. Red.) gesprochen und ein positives Feedback bekommen, dass mir das liegt. Es ist aber ja auch so, dass in dieser Mannschaft noch andere Spieler sind, die Qualitäten haben, Führungsspieler zu sein. Vincent Wagner, der ein brutaler Führungsspieler ist oder Markus Heppke, der aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten einen Leader auf dem Platz darstellt. Die Mannschaft ist schon sehr gut und ich bin überzeugt, dass sie in der kommenden Saison noch besser wird.

Welche Rolle hat der Verein RWE bei Ihrer Entscheidung gespielt, das Umfeld, das Stadion?

Wenn du Dich in der dritten oder vierten Liga bewegt hast, dann ist das außergewöhnlich, in so einem Stadion vor solchen Zuschauern spielen zu dürfen. In Verl sind 400 zu den Heimspielen gekommen. Aber Essen, das ist das, was den Fußball besonders macht. Es wären auch nicht viele Vereine in der Regionalliga für mich infrage gekommen. Wenn vierte Liga, dann muss es auch noch mal krachen.

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