Schiedsrichter Stegemann wollte den Fortuna-Trainer einfach nicht erlösen. 2:1 führte seine Elf gegen Alemannia Aachen nach einer nervenaufreibenden zweiten Hälfte. Doch dann kurz vor 22 Uhr ertönte der finale Pfiff und der Rest war Jubel, Trubel, Heiterkeit. Die Kölner stehen nach 13 Jahren wieder in der ersten Runde des DFB-Pokals. 4715 Zuschauer sorgten für einen stimmungsvollen Rahmen im Bonner Sportpark Nord, der nur kurzzeitig gesprengt wurde, weil direkt nach dem Schlusspfiff rund 100 Aachener Ultras den Platz stürmten. Doch die brenzlige Situation wurde schnell durch die Polizei bereinigt.
Die Fortuna-Spieler ließen sich dadurch das Feiern nicht verbieten. Ein glückseliger 1. Vorsitzender Klaus Ulonska schwenkte ausgiebig die rot-weiß Fahne, ein Großteil der Mannschaft versprühte die zehn Flaschen Sekt, die im strömenden Regen kaum auszumachen waren und Thomas Kraus, der Torschütze des frühen 1:0 (19.) ließ sich beim Interview auch nicht von einer Dusche mit der Eisbox durch Teamkollege Sievers stören.
Der Topscorer der Fortuna schüttelte sich nur kurz und sprach weiter: "Ein Unentschieden wäre dem Spielverlauf nach gerecht gewesen, dass interessiert aber keinen. Wir haben das, was wir uns alle gewünscht haben. Aachen hat am Ende Druck gemacht, wir hatten Glück. Jetzt werden wir uns heute Abend erst mal einen reinschütten und dann nochmal auf Mallorca."
Deutlich wortkarger gab sich da Aachens Trainer Rene van Eck. "In der ersten Hälfte waren wir gar nicht anwesend. Nach dem Wechsel haben wir besser ins Spiel gefunden. Beide Teams hatten dann ihre Chancen." Und Aachen nutzte irgendwann eine davon. Nach einer Ecke schlenzte Timo Brauer den Ball ins lange Eck zum 1:1 (78.). Schon nach einer Stunde war die Alemannia nicht mit Fortuna im Bunde gewesen, als zunächst Andre Poggenborg fantastisch gegen Leipertz reagierte und dessen Nachschuss vom Innenpfosten wieder zurück ins Feld flog.
"Es war ein schönes Finale, am Ende war es knapp. Aber ich denke, im Großen und Ganzen war es ein verdienter Sieg", sagte Silvio Pagano, der zehn Minuten nach der Pause schon alles hätte klar machen können, als es ihm nicht gelang freistehend den Aachener Keeper Flekken zu umkurven.
"Jetzt noch zwei Kamillentee und dann gehen wir heim." Doch wer nun nach dem späten Ausgleich mit einer Verlängerung kalkulierte, hatte die Rechnung ohne Tobias Fink gemacht. 90 Minuten lang grätschte der bärenstarke Ur-Bayer alles weg, was sich bewegte, und so ungefähr war dann auch sein Treffer zum 2:1. Rumms, einfach mal aus 16 Metern auf die Kiste, abgefälscht von Brauer, drin. Der Rest war grenzenloser Jubel. Da bebte die Tribüne beim Schrei aus 1.500 Kölner Kehlen. "Aachen hat ab der 60. Minute sehr gut Fußball gespielt. Da sind wir noch mal mächtig in die Bredouille geraten", so Fink, der verschmitzt lächelnd auch schon einen Plan für den weiteren Abend hatte: "Jetzt trinken wir noch zwei Kamillentee, und dann gehen wir heim."
Vorher stürmten aber noch ein paar ausgelassene, nur spärlich bekleidete Kölner Spieler mit vollen Bierkrügen die gerade beginnende Pressekonferenz mit dem Mailand-Lied und der Aufforderung an den Chef: "Uwe sing ein Lied für uns." Doch Uwe Koschinat, der zuvor mit Sprechchören von den freudetrunkenen Fans gefeiert worden war, verzichtete auf eine Karaoke-Einlage, er blieb professionell und analysierte gewohnt sachlich: "Wir hatten heute einen überragenden Torwart. Wir wollten mit aller Macht die doch sehr brauchbare Saison krönen. Das ist uns gelungen. Ich wünsche vor allem den Fans, die hier heute eine unglaubliche Begeisterung und Hingabe gezeigt haben, jetzt einen passenden Gegner in der ersten Runde des DFB-Pokals."
Ob der Trainer auch in der kommenden Saison das Zepter bei den Südstädtern in der Hand halten wird, entscheidet sich in den nächsten Tagen. Der Triumph im Pokal hat die Chancen dafür sicher nicht verschlechtert.