Dabei war das Spiel gegen eine enorm spielstarke und frech dagegenhaltende Leverkusener Mannschaft weitaus knapper, und die Grenze zwischen Jubel und Frust feiner, als es das Endergebnis vermuten lässt.
„Wir wussten, dass es ein hartes Stück Arbeit wird. In der ersten Halbzeit wollten wir defensiv gut stehen, das haben wir ordentlich gemacht. Aber ich hätte mir den einen oder anderen gefährlichen Konter mehr gewünscht. In der zweiten Halbzeit haben wir uns den Sieg dann verdient", analysierte Viktoria-Trainer Heiko Scholz.
Viktoria besinnt sich zu Beginn auf die Defensive In der Tat beschränkten sich die Kölner in der Anfangsphase auf die Defensive und überließen den jungen Leverkusenern das Feld. Die ließen sich nicht zweimal bitten und prüften Dominik Poremba im Kasten der Viktoria in den Anfangsminuten mit gefährlichen Distanzschüssen. Die Höhenberger fanden keinen Zugriff auf das Spiel und waren meist nur bei Standards gefährlich. Aus dem Spiel heraus versuchte es die Viktoria oft mit langen Bällen von Spielmacher Mike Wunderlich, der sich die Kugel ein ums andere Mal in der eigenen Abwehr holte, um dann zu versuchen seine aufrückenden Mitspieler zu finden.
„Wir haben bewusst auf lange Bälle gesetzt, um die körperliche Unterlegenheit der Leverkusener auszunutzen“, erklärte Wunderlich nach der Partie. Doch dieses Rezept zeigte 41 Minuten lang nahezu keine Wirkung, auch weil Aziz Bouhaddouz als einzige Kölner Spitze glücklos agierte. Das Spiel der Viktoria wirkte einfallslos. Doch dann ging die Taktik einmal auf und das Glück war auf Kölner Seite: Über die Stationen Wunderlich und Marius Schultens kam der Ball zu David Müller. Der lief alleine aufs Tor zu, um von Bayer-Kapitän Mirko Caspers im Strafraum am Abschluss gehindert zu werden – regelwidrig wie Schiedsrichter Martin Thomsen befand. Das Ergebnis: Rot für Caspers, Elfmeter für Viktoria und eine schmeichelhafte Pausenführung für die Kölner.
Leverkusener Steffen wirbelt und provoziert Bei den auch mit zehn Mann offensiv agierenden Leverkusenern gefiel vor allem Außenstürmer Tobias Steffen, der die Kölner Abwehr mit seinen Dribblings immer wieder vor Probleme stellte. So war es kein Wunder, dass der 20-Jährige nach gut einer Stunde den Ausgleich für sein Team markierte. Der quirlige Angreifer, der schon am ersten Spieltag gegen Wiedenbrück doppelt getroffen hatte, machte sich danach beim Viktoria-Anhang unbeliebt, als er sein Tor ausgiebig vor dem heimischen Fanblock feierte. Für den Rest der Begegnung wurde er dafür bei jedem Ballkontakt mit Pfiffen quittiert.
„Die Mannschaft hat sich richtig auf das Spiel gefreut, die waren richtig heiß. Ich denke das hat man gesehen. Nach der roten Karte haben die Jungs die Herausforderung angenommen und wir hätten einen Punkt verdient gehabt“, trauerte Gäste-Trainer Ralf Minge nach dem Spiel einem möglichen Punktgewinn hinterher.
Aus dem wurde nämlich nichts. Mit zunehmender Spieldauer machte sich die rote Karte in den Reihen der Leverkusener bemerkbar und das Spiel der Kölner wurde immer druckvoller. Vor allem über den bärenstarken Müller rollten die Angriffe in der Schlussphase auf das Tor der Gäste zu. Der Knoten platzte in der 78. Spielminute: Nach Doppelpass zwischen Wunderlich und Müller markierte der Viktoria-Kapitän seinen zweiten Treffer des Tages, schoss den Ball unhaltbar in den rechten Winkel. Nach Flanke von Cataldo Cozza besorgte Müller gegen geschlagene Leverkusener in der 90. Minute den 3:1 Endstand.
Viktoria fährt als Favorit nach Kray Ohne die nominelle Überlegenheit wäre es aber schwer geworden die drei Punkte in Köln zu behalten. Das wissen auch die Viktoria-Akteure, selbst wenn es am Ende keiner aussprechen wollte. Sechs Punkte aus den ersten zwei Spielen, eine solide Abwehrleistung und die Erkenntnis, dass die individuelle Klasse der Kölner auch gegen starke Gegner den Unterschied ausmachen kann, wiegen am Ende aber mehr als die Schwächephasen gegen die Werkself. Im Spiel gegen Kray am Samstag haben die Kölner damit die Möglichkeit, den erstklassigen Saisonstart perfekt zu machen.
„Ich denke, es ist klar, dass wir in das Duell mit Kray als klarer Favorit gehen. Da wollen wir die nächsten drei Punkte einfahren“, gab sich Müller nach dem Spiel selbstbewusst. Selbstbewusst gaben sich auch die Kölner Fans, die nach der Führung für eine tolle Atmosphäre im umgebauten Höhenberger Sportpark sorgten und skandierten, die Nummer zwei in Köln zu sein. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg – doch die ersten Hürden sind genommen.