Und es war Sommer. 25 Grad, 35. Spieltag, zwei Mittelfeldteams am Samstagmittag im quasi-freundschaftlichen Vergleich. Denkste! Es stand ja immer noch Schalke gegen RWE drauf und da wird sich gefälligst nichts geschenkt. Leichte bis mittelschwere Anflüge von Sommerfußball konnten sich beide Mannschaften zwar nicht verkneifen - unterm Strich sollte die Freiluftveranstaltung in der Wanne-Eickler Mondpalast-Arena jedoch ein lohnenswerter Wochenendausflug für die 2400 Zuschauer werden. Die hielten es ohnehin fast ausnahmslos mit den Gästen. Doch Derbys ohne Heimfans sind in dieser Liga längst kein Kuriosum mehr.
Daher feierten sich die RWE-Fans einfach selbst und die Rivalität zum königsblauen Nachbarn. Bemerkenswert allerdings, mit welchem Biss die 22 Akteure sich der Prestigeaufgabe annahmen. Vor allem die Schalker waren nach der höchsten Saisonniederlage in der Vorwoche sichtlich darum bemüht, die Lorbeeren einzuheimsen. Als Andreas Wiegel (17.) das 1:0 markierte, war RWE dagegen defensiv noch reichlich ungeordnet. Dazu passte Dennis Lamczyks abenteurliches Dribbling gegen Ideal Iberdemaj (22.), der dankend annahm und wohl selbst ein wenig staunte, wie leicht ihm das 2:0 gemacht wurde. "Wir haben sehr desolat begonnen", kritisierte RWE-Coach Waldemar Wrobel. "Alles das, was wir uns vorgenommen haben, hat Blau-Weiß uns vorgemacht."
Am Ende war es vielleicht nur eine Aktion, die das Spiel kippte. Timo Brauer hatte genug gesehen und den Ball regelrecht hineingewollt! Wild entschlossen leitete der erneut als Außenverteidiger aufgebotene Kapitän die Wende ein, Kerim Avci staubte trocken zum 1:2 ab (25.). Noch vor der Pause zeigte sich Schiedsrichter Florian Heft von seiner großzügigen Seite und sprach RWE einen zumindest zweifelhaften Elfmeter zu. Zuvor hatte Holger Lemke vergeblich darauf gehofft, dass der Unparteiische ein Foulspiel von Alban Sabah gesehen hatte, bekam jedoch statt eines Strafstoßes Gelb. Brauer ließ sich von der streitbaren Auslegung jedoch nicht irritieren und schenkte seinem Ex-Klub vom Elfmeterpunkt das 2:2 ein (43.).
Von Schalker Seite kam nun nicht mehr viel als sparsame Blicke, die jedoch nicht die Frage nach dem Warum beantworten konnten. "Ich habe auch langsam kein Ahnung mehr, weshalb wir die Gegentore so leicht herschenken", gestand Schalkes Keeper Robin Himmelmann, der noch mehrfach glänzend parierte, gegen Benedikt Koeps (64.) Strahl aus rund 30 Metern schließlich aber kapitulieren musste. Der königsblaue Wille war gebrochen, was Bernhard Trares mächtig fuchste. "Gerade einige Spieler, die uns in der kommenden Saison verlassen, haben nicht gezeigt, dass sie sich bis zum Ende den Arsch aufreißen. Ich habe allen geraten, bis zum Ende Charakter zu zeigen, das habe ich aber nicht erkannt. In Zukunft müssen wir darauf achten, dass wir kernige Jungs holen, die den richtigen Charakter haben", stellte der S04-Coach klar.
Moral und Charakter hat RWE mit diesem Kraftakt dagegen bereits nachgewiesen. Nach dem Schönheitspreis im Prestigeduell geht es am kommenden Mittwoch nun beim KFC Uerdingen um nicht weniger als das Finale und die Chance aufs große Geld.