Ein Pünktchen! Genau dieses fehlt RWE noch zur Glückseeligkeit. Am Samstag, 20.Mai, soll dieser mickrige Zähler gegen die noch um den Ligaverbleib kämpfende Zweitvertretung des SV Werder Bremen an der Hafenstraße eingefahren werden. Dann wäre das Comeback in der Zweiten Bundesliga perfekt - wenn im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens nicht noch ein Fallstrick droht. Dann würde das bekanntermaßen unruhige Umfeld auch endlich Absolution für den Zweiliga-Gau des Vorjahres verpassen - sonst nicht. Parallel spielt Verfolger Lübeck beim gefrusteten Kiel, sollte der VfB dort nicht gewinnen, ist Essen auch durch, egal wie das Resultat dann gegen Werder auch lauten würde. RWE wäre wieder oben und Coach Uwe Neuhaus wäre wohl mit einem neuen Kontrakt ausgestattet, eine Signatur könnte vielleicht im Rahmen der Pressekonferenz nach dem Match gegen die Nordlichter - im Erfolgsfall - verkündet werden. Nico Schäfer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied: "Alles ist möglich." Man sieht ein breites Grinsen.
Auf jeden Fall soll am Samstag alles über die Bühne gehen, auf die Frage, ob die zahlreichen in Essen erwarteten, bekanntermaßen befreundeten, Bremer Fans auch zum letzten Spiel eine Woche später ins gleichfalls abstiegsgefährdete Erfurt pilgern würden, ergreift Schäfer entsetzt die Flucht.
Mit der Organsation einer potenziellen Aufstiegs-Sause hat Neuhaus nichts am Hut, er schwört sein Team auf die Pflicht ein: "Die Stimmung ist sehr gut, auch im Umfeld", grinst er in die Journalistenrunde, "ganz klar, wir gehen diese wichtigste Woche konzentriert an, schließlich können wir die Arbeit eines gesamtenen Jahres krönen." Beispielsweise durch einen verlängerten Trainervertrag, man darf spekulieren, dass er diesen nur im Aufstiegsfall erhält. Das wäre dann im Gegensatz zum Sportlichen Leiter Olaf Janßen, der bekanntermaßen für die Zweite Klasse schon bis 2009 gebunden ist, für Drittklassigkeit, von der niemand ausgeht, für weitere zwölf Monate.
Neuhaus lässt keine Theoretisierungen an sich heran, warum auch? "Jeder erwartet von uns den letzten Kick, darin liegt aber auch eine Gefahr. Mensch, ich habe in meinem privaten Umfeld schon Glückwünsche erhalten. Die habe ich vehement abgewehrt." Der 46-Jährige kennt das Geschäft: "Es gibt zahllose Beispiele, wo Clubs noch auf dem letzten Drücker abgefangen wurden." Bei Schäfer kann er nachfragen, der brach am 18. Mai 2002 beim Match in Münster entsetzt auf dem Feld zusammen, als er in der Nachspielzeit erfuhr, dass Essen doch nicht aufstieg. Damals feuerte er sein Handy durch die Gegend, das soll ihm am Samstag nicht passieren. Neuhaus wird sich die Story in Ruhe erzählen lassen. Für ihn gilt: "Wir sichern die Aufmerksamkeit für das Bremen-Spiel permanent im Training, damit fangen wir nicht erst am Samstag an."
Klar ist für Neuhaus aber auch: "Wir stellen unser Licht bestimmt nicht unter den Scheffel, wir haben während der Spielzeit deutlich gezeigt, wozu wir in der Lage sind." Deshalb gibt es im Rahmen der Vorbereitung auch keine weiteren Besonderheiten. "Ins Hotel gehen wir nicht mehr vor einem Heimspiel", wehrt Neuhaus ab. In der Tat, wohlwissend warum, das wurde einmal anberaumt, vor dem Auftaktheimspiel gegen Lübeck, das ging mit 1:2 die Hose.