Als die Mannschaften in der BLF-Arena des SC Velbert auf den Platz liefen, begannen circa 25 deutlich angeheiterte Herren in schwarz und weiß die Mannschaft des 1.FC Bocholt anzufeuern. Unter anderem skandierten sie „Wir haben Kirmes und ihr nicht!“, was für verwirrte Gesichter bei den Velberter Kiebitzen sorgte. Hintergrund: An diesem Wochenende findet in Bocholt die städtische Kirmes statt, was die Anhänger zum Anlass nahmen, diese mit einer Auswärtsfahrt zu verbinden.
Die Mannschaft belohnte den Trip mit einem deutlichen Auswärtssieg und bedankte sich nach dem Spiel per Handschlag bei jedem mitgereisten Anhänger. Trainer Manuel Jara wusste, dass diese Unterstützung die Mannschaft zusätzlich motiviert hat: „Wir kommen nicht hierher und spielen um unseren Monatslohn, sondern müssen uns unsere Motivation aus anderen Ecken ziehen. Als wir im Pokal gegen den Wuppertaler SV gespielt haben, waren 1.500 Zuschauer da. Da war es beschmiert, dass wir den Funken nicht auf das Publikum übertragen haben. Wir wissen, dass in Bocholt etwas zu bewegen ist. Wir müssen so spielen, dass die Zuschauer kommen.“
Die mitgereisten Bocholter machten allerdings nicht nur positiv auf sich aufmerksam. Sobald ein Velberter Spieler auf dem Boden lag, wurde er jeweils übel beschimpft und beleidigt. Was in einem Bundesliga-Stadion in der Masse untergeht, ist auf einem Sportplatz in der Oberliga umso unangenehmer und hinterlässt einen faden Beigeschmack. Jara weiß, dass eine solche Unterstützung ein zweischneidiges Schwert ist: „Das ist in jedem Verein dasselbe. Man will diejenigen haben, die Stimmung hereinbringen. Gewisse Grenzen darfst du da aber nicht überschreiten. Dafür ist es immer noch Fußball in der Oberliga. Aber wir haben Bocholter Kirmes. Ich denke, dass die seit 11 Uhr gelötet haben, auch wenn das keine Entschuldigung ist. Es ist schwierig. Wer rennt mit in die Stadien und macht und tut? Der Familienvater stellt sich nicht in die Kurve, sondern setzt sich irgendwo hin. Dennoch bist du froh um jede Trommel, die du hörst und jede Stimmung, die gemacht wird. Es ist irgendwo schade. Wenn wir Einfluss darauf nehmen können, dann werde ich den einen oder anderen darauf ansprechen. Das gehört sich einfach nicht und geht anders.“
Autor: Nico Jung