Ist der Aufstieg für Schalkes U23 nach der verkorksten vergangenen Saison Pflicht? Nichts ist ein Selbstläufer. Ich verlange nicht, dass wir die Gegner überrennen. Priorität hat es, die Jungs für den Profibereich auszubilden. Wenn wir das ordentlich machen, kommen die Ergebnisse automatisch, dann werden wir auch Spiele gewinnen und Fahrt aufnehmen. Theoretisch müssten wir im technischen, im taktischen und im läuferischen Bereich ein bisschen weiter sein als die anderen. Jeder Spieler von uns trainiert mehr und hatte eine andere Ausbildung als die meisten anderen Oberligaspieler. Sie müssen sich aber im Seniorenbereich behaupten, wenn der nächste Gegenspieler mit Schaum vor dem Mund schon wieder angegrätscht kommt. Das ist ein Lernprozess. Die, die das ganz schnell lernen, die sich wehren und auffallen, die schaffen den Sprung nach oben eher als die anderen. So verstehe ich unsere Aufgabe. Wir sind nicht der KFC Uerdingen oder Viktoria Köln, die jedes Jahr eine Liga weiter nach oben klettern müssen.
Sie haben früher schon in Nachwuchsleistungszentren gearbeitet, etwa beim HSV in der U17 und bei 1860 München II. Sie waren aber auch Cheftrainer von Holstein Kiel, 1860 München und Wehen Wiesbaden. Sehen Sie sich mehr als Nachwuchstrainer oder im Profibereich? Ich sehe mich mehr als Trainer im Übergangsbereich vom Jugendfußball zum Seniorenbereich. Ich will meinen Teil dazu beitragen, dass so viele Spieler wie möglich oben ankommen.
Ein Vorteil, dass Sie beide Seiten kennen? Ich weiß zumindest, was im Profibereich gefragt ist. Ich möchte lieber den jungen Spieler, der frech ist und auffällt, als denjenigen, der im Training nur die Leibchen und die Tore trägt. Wenn wir ehrlich sind, wollen wir doch Individualisten. Die Spieler, die sich von der Masse abheben, eben Typen.
Hatten Sie bereits Kontakt zu Domenico Tedesco? Gab es schon einen Austausch über die U19-Spieler, die sich bei den Profis in China präsentiert haben? Nein, bisher noch nicht, da wir terminlich aufgrund der China-Reise noch keine Gelegenheit dazu hatten.
Inwieweit haben Sie die Arbeit von Domenico Tedesco verfolgt? Schon sehr intensiv, davor kann man nur den Hut ziehen. Er hat es ja auch schon bei Erzgebirge Aue richtig gut gemacht. Er hat seine Spielidee dort umgesetzt und die Mannschaft in der zweiten Liga zum Klassenerhalt geführt. Nicht umsonst ist Christian Heidel auf ihn gekommen. Es ist ganz wichtig, dass eine Mannschaft Erfolg hat. Dann glauben die Spieler dem Trainer mehr und folgen ihm. Die meisten guten Trainer haben ihre Wurzeln im Nachwuchsbereich. So auch Domenico, von dem ich hier auf Schalke auch noch einiges lernen möchte.
Hatten Sie Einfluss auf die Kaderplanung bei der U23? Anfangs noch nicht. Das ist für mich aber kein Problem. Viele der Spieler sind auf Schalke ausgebildet worden - das heißt auf dem allerhöchsten Niveau. Die müssen jetzt im Seniorenbereich ankommen. Im Kader wird es sicher noch Bewegung geben, wir müssen ja abwarten, wer uns noch verlässt. Haji Wright stellt sich derzeit bei Union Berlin vor. Wir halten die Augen offen und ab jetzt bin ich natürlich auch in die Personalplanungen mit eingebunden.
Im Trainerteam haben Sie mit Co-Trainer Tomasz Waldoch, Scout Manni Dubski und Torwarttrainer Christian Wetklo erfahrene Assistenten. Ungewöhnlich, dass ein Cheftrainer keine eigenen Assistenten mitbringt? Der U23-Bereich ist ein anderer als der Profibereich. Ich stehe als U23-Trainer nicht so im Fokus wie ein Profitrainer. Für mich ist es super, einen so erfahrenen Ex-Profi wie Tomasz Waldoch an meiner Seite zu haben. Meine Spieler schauen doch zu ihm auf. Wenn er ihnen etwas sagt, ist das ja noch was anderes, als wenn ich denen etwas sage (lacht). Ich muss mich ganz schnell an das Umfeld auf Schalke gewöhnen, Tomasz, Manni und Wetti kennen es schon lange. Das ist doch ideal.
Wir haben gelesen, dass Sie zu Ihrer aktiven Zeit beim FC St. Pauli die Kiez-Grätsche genannt wurden. Was hat es damit auf sich? Ich bin in der DDR groß geworden, bin in Bützow in Mecklenburg aufgewachsen. Mit zwölf Jahren bin ich in die Sportschule nach Magdeburg gekommen, was mein großes Glück war. Ich hatte nie das Talent wie andere Spieler, die es letztlich nicht geschafft haben, Profi zu werden - mir ist das jedoch gelungen (schmunzelt). Denn ich habe einfach das gemacht, was der Trainer wollte. Wenn ich damit angefangen hätte, Fußball zu spielen, hätte ich wahrscheinlich kein einziges Spiel gemacht. Arbeiten am Limit – das war und ist meine Devise.