Doch seit 33 Jahren sorgt Georg „Schorsch“ Mewes auf und abseits des Platzes für Stimmung. Ehrlich, echt und nie um einen Spruch verlegen, hat sich Mewes einen Namen gemacht.
Am Dienstag feierte der Coach sein 65. Wiegenfest. Im RS-Interview erklärt der „Opa“, warum ein guter Amateurtrainer bei einem Bundesligisten erfolgreich wäre, es andersherum aber nicht funktioniert. Außerdem blickt Mewes auf die Entwicklung von der Trommel bis zum Smartphone zurück.
Georg Mewes, hätten Sie zu Beginn Ihrer Laufbahn gedacht, dass Sie so lange an der Seitenlinie stehen würden? Nein. Besonders freut mich, dass ich ununterbrochen dabei bin. Und ich kann allen versprechen, dass es mich noch einige Zeit geben wird. Ich bin noch fit wie eine Sau und so lange ich gesund bin, mache ich den Job.
Warum? Ich gehe gerne zum Training, genieße die Unterhaltungen in der Kabine oder die Pöbeleien mit den Schiedsrichtern. Auch bei der Mannschaftsfahrt nach Mallorca bin ich dabei. Ich habe dann aber ein Einzelzimmer, damit ich früher ins Bett gehen kann. Solange ich mit den jungen Leuten klarkomme, höre ich nicht auf.
Viele Ihrer Kollegen sehen Unterschiede zwischen den Generationen. Was hat sich verändert? Ich sehe nicht, dass die heutige Jugend großartig anders ist. Die Jungs sind wie wir früher, nur dass sie jetzt Smartphones haben und wir noch trommeln mussten. Die heutige Jugend quält sich genauso wie wir und hat die nötige Einstellung, wenn sie im Elternhaus gelegt wird. Der einzige Unterschied zu früher ist, dass ich heute viel mehr mit den Jungs sprechen muss. Uns hat damals eine klare Ansage gereicht, heute müssen die Spieler überzeugt werden.
Wenn wir gerade beim Blick zurück sind: Was war Ihr schönstes Erlebnis? Ganz klar das Niederrheinpokalfinale gegen Rot-Weiss Essen im altehrwürdigen Georg-Melches-Stadion. Das war das absolut Beste und daran werde ich mich immer erinnern. Bevor jetzt aber die Frage nach dem Negativen kommt: Das Schlechte vergesse ich immer ganz schnell.
Okay, anders formuliert: Würden Sie rückblickend etwas anders machen? Nein.
Sie haben hauptsächlich in der Verbandsliga trainiert. Hätten Sie auch mal gerne weiter oben gearbeitet? Das wollte ich nie. Ich hatte eine gute Arbeitsstelle beim RWE, wollte immer Zeit für meine Familie haben, hatte tolle Vereine und keine Skandalklubs. Es passt alles hervorragend. Dass ich in meinem hohen Alter jetzt noch in der Oberliga bin, ist klasse. Außerdem wohne ich in Oberhausen auf dem Tackenberg – der ist mit 1.000 Metern hoch genug für mich.
Sie sind immer für einen Spruch gut. Was sagen Ihre Frau Roswitha und Tochter Jessica (32 Jahre) dazu? Sie lieben mich genauso wie ich bin, auch wenn sie mir für die ein oder andere Aussage den Vogel zeigen. Sie haben zwar keine Ahnung vom Fußball, leiden und fiebern aber mit mir. Das ist ja auch das Schöne an Hö.-Nie.: Wir sind ebenfalls eine Familie, nur mit mehr Leuten.
Sie sagen immer ehrlich Ihre Meinung. Das ist nicht immer leicht, oder? Weil ich aber immer anständig und ehrlich bin, muss ich nichts bereuen. Natürlich habe ich mir nach einigen Aussagen gegenüber Spielern auch mal gedacht, ‚Bist du bescheuert‘, aber es musste einfach raus. Dann gehe ich halt drei Tage wie ein Dackel durch die Gegend, vertrage mich anschließend aber stets mit allen. Allerdings gibt es hier einen Unterschied zu früher: Da kamen die Sprüche nicht so schnell raus wie heute. Jetzt sind die Medien aber selbst im Amateurbereich überall und hauen alles raus.
Mussten Sie den Umgang mit der Presse lernen? Bestimmt nicht, ich bin immer der Gleiche und verstelle mich für niemanden. Ich lege mir auch nie etwas zurecht, denn wenn ich überlege, kommt meist nur Scheiße dabei raus.
Also sind Sie auch beim Team spontan? Ja, aber es verwundert mich. Als Vorstopper war ich war nur ein Grobtechniker. Deshalb ist unbegreiflich, dass meine Jungs Fußball spielen können. Ich habe den Ball schließlich weiter gestoppt als andere schießen konnten. Aber irgendwie klappt es trotzdem.
Verraten Sie Ihr Erfolgsrezept. Spieler wollen ehrlich behandelt werden – egal ob oben oder unten. Mit den Menschen in einem Team klarzukommen, ist die Hauptaufgabe eines jeden Trainers. Die Einheiten können ruhig andere leiten, die Kommunikation ist alles. Leider bleibt die, je höher man kommt, aber oft auf der Strecke. Die Bundesligisten züchten sich die Akteure wie Roboter fit, erreichen aber manchmal nicht den Kopf der Jungs. Dabei ist doch klar, dass ich mit Menschen arbeite und ich Menschen beeinflussen kann, selbst wenn es um Millionen geht. Deshalb kann auch ein guter Amateurtrainer einen Bundesligisten trainieren, umgekehrt geht es aber nicht so leicht.
Markige Worte. Stimmt, jetzt werden auch wieder einige über mich schimpfen, aber das ist meine Meinung.
Kommen wir zum SV. Nach dem Auftaktsieg in Baumberg scheint es Ihnen mit dem Aufstieg ernst zu sein. Reicht der Verein die Lizenzunterlagen ein? Erst einmal vielen Dank an RevierSport. In eurer Prognose werden wir ja nur Vierter. Das hat uns gegen Baumberg die nötige Motivation geliefert. Nun zur Frage: Ja, wir werden alle Unterlagen fristgerecht einreichen. Aber wir werden auch alles so wie bisher beibehalten. Wir haben schon mit 14 Mann verlängert und schicken sie im Aufstiegsfall sicherlich nicht weg. Ich bestimme das Team und die Mannschaft bestimmt dann die Liga.
Also sind Sie mit Platz vier nicht einverstanden? Ich schon, der Vorstand sicherlich auch, aber die Spieler nicht.
Folglich muss sich der WSV am Sonntag warm anziehen. Natürlich, die treffen schließlich auf den Spitzenreiter. Mein Wuppertaler Kollege, Peter Radojewski, war auch in Baumberg und hat uns unter die Lupe genommen. Aber das bringt ihnen nicht viel. Sie haben uns auch vor dem Hinspiel beobachtet und wir haben ein Remis geholt. Für uns ist das Spiel am Zoo ein Highlight, auf das wir uns alle freuen, bei dem wir aber nicht vor Ehrfurcht erstarren.
Warum ist es so besonders? Wann spielen wir mal vor 2000 Zuschauern? Die haben wir nicht einmal in der gesamten Saison zu Hause. Ich bin zudem ein Nostalgiker und fiebere dem Spiel gegen einen ehemaligen Bundesligisten entgegen. Wir können jedenfalls ganz locker sein, denn egal wie das Match ausgeht: Wir bleiben Erster. Auch wenn Wuppertal auf der Geschäftsstelle mehr Angestellte als wir im ganzen Verein haben, gilt für den WSV: Deren Ball hat auch nicht mehr Luft als unserer.