Das Team von Uli Reimann bestand zum größten Teil aus unerfahrenen, jungen Spielern, die gegen ihre Gegner teilweise eine ganze Menge Lehrgeld zahlen mussten und folgerichtig auf Platz 18 abschlossen.
Zwar konnte es keinen besseren Zeitpunkt geben, um den Kickern die Möglichkeit und Zeit zum Heranreifen zu geben, als die Spielzeit, in der kein Abstieg aus der Oberliga möglich war. Aber das interessiert Fans naturgemäß nur bedingt. Zu groß war bei den Schlossgängern mit zunehmender Dauer der Frust über die dürftigen Leistungen von Reimanns Truppe, die sich in 34 Spielen 28 mal geschlagen geben musste und dabei stattliche 109 Gegentreffer kassierte. Den Zuschauern verhagelten diese Erlebnisse den sonntäglichen Ausflug ins Schloss Strünkede und irgendwann begannen sie ihren Frust gnadenlos herauszulassen.
Der Kapitän wurde hinausbefördert
Ziel des Zorns war unter anderem Pascal Kurz. Der langjährige Keeper war einer der wenigen routinierteren Spieler des Westfalia-Kaders und „nicht umsonst Kapitän“, wie Reimann damals noch betonte. Dennoch hielt Kurz den andauernden Beleidigungen von Seiten der Fans im März nicht mehr Stand und warf gemeinsam mit Nicolas Stevanovic das Handtuch. Damals ließ der Schlussmann noch verlauten, dass seine Mitspieler und selbst Trainer Reimann ihm beigepflichtet hatten, dass ihm kein anderer Ausweg mehr blieb.
Doch all diese Querelen sollen der Vergangenheit angehören und die Westfalia will zurück zu mehr Stabilität. Weil dazu auch Harmonie mit der Anhängerschar unabdingbar ist, bietet der Herner Traditionsverein seinen treuen Seelen eine neue Möglichkeit der Kooperation – angestoßen von einem Fan selbst. Marcel Krott war es, der gemeinsam mit seinen Freunden eine Werbebande im Stadion für Grüße und Sprüche pachten wollte. Und daraus entstand die Aktion „Meterweise Liebesbeweise“, bei der es nun allen Fans, Sympathisanten, Privatleuten und Unternehmern möglich ist, es Krott und seinen Kumpels gleichzutun.
Zwei Fliegen mit einer Klappe: Finanzaufbesserung und Schulterschluss mit den Fans
Der 1. Vorsitzende, Sascha Loch, beschreibt die Umsetzung: „Wir bieten den Meter pauschal für 100 Euro an, auch wenn aus technischen Gründen ausschließlich 2,5-Meter-Pakete erworben werden können.“ Selbstverständlich könnten sich aber Fans zusammenschließen und gemeinsam Pakete kaufen, die sie dann untereinander wieder aufteilen dürfen. Für die Beschriftung kommt der Verein auf – sofern es nicht über einen blauen Schriftzug vor weißem Hintergrund hinausgehen sollte. „Alles weitere muss der ‚Werbepartner’ dann selbst finanzieren“, erklärt Loch. Schließlich müsse die Aktion auch wirtschaftlich tragbar bleiben.
Beim Stichwort der Wirtschaftlichkeit kommt der positive Nebeneffekt von „Meterweise Liebesbeweise“ ins Spiel. Denn der Klub hofft, die Hälfte der Werbebanden an die Fans vermitteln zu können. Was dabei finanziell für die Westfalia herumkommt, will sich Loch lieber nicht festlegen: „Wir spekulieren da selbstverständlich, aber mit Spekulationen kann man einen Fußballklub nicht führen, sondern nur mit Kalkulationen. Deswegen ist jeder Euro, den die Aktion in unsere Kassen spült, für uns eine zusätzliche Einnahme.“
Und wenn neben diesem für den Verein erfreulichen Effekt auch noch das Stadion mit Botschaften wie „Mama, du weißt, wo du mich finden kannst“ verschönert wird, dann steht auch Krott sicherlich mit seiner Meinung nicht mehr alleine da wenn er sagt: „Für mich fühlt sich die kommende Saison schon jetzt viel schöner an als die abgelaufene.“ Noch weniger schön kann sie auch kaum werden.