Erstes Thema war aber die aktuell positive Konstellation innerhalb der Liga aus Dortmunder Sicht… Brune: Die gesamte Situation im Landesliga-Fußball hat sich in Dortmund komplett verändert und stellt sich im Augenblick sehr positiv dar. Wir haben die ersten drei Tabellenplätze und Mengede noch im Mittelfeld, die als Mitfavorit gestartet waren. Da aktuell noch dazu kommt, dass guter Fußball gespielt wird, wird das fast zum Selbstläufer. Das spricht sich rum und so kommen auch die Zuschauer. Bitter: Das Phänomen ist, dass kein Wittener, Gelsenkirchener oder Bochumer Verein unter den ersten drei ist. Das ist eine Situation, die für uns von Vorteil ist, weil so der Anreiz sehr hoch ist, wenn die Mannschaften untereinander antreten, vor allem was den Zuschaueranspruch angeht. Ob der Fußball jetzt besser ist, will ich gar nicht bewerten, aber die höhere Brisanz bringt mehr Leute. Schuchmann: Ein Punkt ist auch, wie viele Hochkaräter vor der Saison verpflichtet worden sind. Die Zahl der Oberliga- oder Verbandsligaspieler, die mittlerweile beim TuS Eving und beim ASC spielen, ist bemerkenswert. Die Liga hat jetzt auch einige Typen, wie Andre Heitmeier, Dominik Behrend und in Aplerbeck nicht nur Hannes Wolf, sondern auch andere starke Spieler. Zudem höre ich die Leute auch sagen, dass sie jetzt ein paar schöne Spiele zu sehen bekommen haben.
Das war im Dortmunder Amateurfußball nicht immer so. Immerhin gibt es neben dem BVB „nur“ Landesligisten, anders als etwa in Bochum… Beste: Wo Licht ist, da sind auch Lücken, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht war die Konstellation in Bochum in der jüngeren Vergangenheit einfach besser. Wir haben hier auch weit über 100 Vereine und da tritt man sich auch immer wieder auf die Füße. Bitter: Genau. Und es gibt auch einen großen Schatten hier, der alles Licht wegnimmt. Das ist in Bochum beim VfL, der ja eine Fahrstuhlmannschaft war, etwas anders. In den 90er Jahren hat in Dortmund nur ein Verein interessiert und das war der BVB. Beste: Ich erinnere mich gerade an Langendreer, da war eine Riesenfirma mit involviert vor Jahren und es geht - da müssen wir uns ja nichts vormachen - immer um Mücken. Und was ist da nun? Natürlich gehört auch gute und solide Arbeit dazu. Und man sollte auf jeden Fall halten, was man verspricht. Wir haben jetzt wieder Karim Bouzerda verpflichtet, der aus Kornharpen weg wollte. Der weiß mittlerweile, was er am TuS hat. Brune: Richtig ist, dass man halten muss, was man verspricht. Aber je höher man kommt, desto schwieriger wird es, diese Klasse finanziell zu halten. Das kann man nicht nur durch gute Arbeit, sondern muss man über einen finanziellen Hintergrund absichern.
Womit das Thema „Aufstieg in die Verbandsliga“ zwangsläufig war… Brune: Die Landesliga ist für uns im Moment ein Selbstläufer, auch durch die Zuschauerzahlen. Ganz andere Probleme gibt es aber, wenn man in der Verbandsliga oder noch höher auftritt. Dem muss man sich gewiss sein. Ob wir das jetzt schaffen, oder Eving oder Hombruch, ist gar nicht die Frage. Nur wenn ich jetzt hochgehe, muss ich mir auch neue Ziele setzen. Ich kann ja nicht sagen, dass ich zehn Jahre in der Verbandsliga spielen will, sondern man will ja weiterkommen und das gibt neue Probleme. Schuchmann: Herbede, Rüdinghausen, Brambauer und ein Dortmunder Verein, der auf jeden Fall dazu kommt, lassen die Verbandsliga aber auch attraktiver werden und bieten eine Menge Spannung. Narmann: Man hört aber auch, dass in der Verbandsliga teilweise 80 Zuschauer sind, wenn mal nicht das Lokalderby stattfindet. Wenn man gegen die weiter weg liegenden Verein spielt, kommen da drei Pkw mit den Vereinsvertretern und das war es dann. Brambauer ist von den momentanen Zahlen nicht so angetan. Brune: Ich habe gelesen, dass bei Wattenscheid 600 Zuschauer sind, und die sind stolz darauf, solche Zahlen zu haben. Das ist ein Traditionsverein, der Spitzenreiter ist. Das erscheint mir auch sehr wenig. Zunehmend wichtig wird das Drumherum. Man muss den Leuten auch bieten, dass sie eine vernünftige Bratwurst essen und ein gepflegtes Bier trinken können. Das haben die anderen hier ja auch gemerkt. In Eving gibt es ein schönes Stadion, Hombruch hat jetzt ein Vereinsheim. Das ist für die Leute wichtig. Beste: Stimmt, die Leute wollen sich wohlfühlen. Man muss ein Paket anbieten. Schönen Fußball und die Möglichkeit, auch mit der ganzen Familie zum Fußball zu gehen. Bitter: Jetzt spielen wir mit Eving und Aplerbeck um den Aufstieg. Wenn man aber in der Verbandsliga im Mittelmaß spielt, kommen auch nicht mehr die Karawanen. Momentan haben wir viele Zuschauer, weil es spannend ist, wer aufsteigt. Aber wenn man Achter oder Neunter ist, sieht das ganz anders aus… Narmann: … und das dann noch im fünften Jahr, da gibt es gar keine Euphorie mehr. Das sehen wir ja jetzt gerade selbst. Verliert man zwei, drei Heimspiele, kommen auf einmal nur noch 100 Leute zu uns. Schuchmann: Man könnte jetzt meinen. Ist ja eine tolle Saison gewesen, aber schade, dass wir jetzt aufsteigen. Beste: Nein, das ist natürlich erst einmal nicht so, aber man muss sich doch Gedanken machen zu Dingen, die für viele auch völliges Neuland sind, und wo man keine Erfahrungen hat. Und zurecht wird ja gesagt, dass die Zuschauer im Falle des Mittelmaßes wegbleiben. Brune: Man muss seine Ziele haben und dann das Beste machen.
Ein Ziel sollte immer eine funktionierende Jugendarbeit sein… Beste: Für eine gute Jugendarbeit muss man den richtigen Trainer haben. Damit fängt es an, und eine nachhaltige Philosophie gehört auch dazu. Viele erzählen da im Vorfeld hinsichtlich der Arbeit mit jungen Leuten eine Menge und dann wollen sie schnell Verstärkungen. Brune: Neben den Trainern ist die Infrastruktur ein Problem. Wir haben 22 Jugend-Teams und nur einen Trainingsplatz. Das heißt, dass oft 4 Mannschaften gleichzeitig trainieren müssen. Da kann man auch nur bedingt gut arbeiten. Bitter: Nehmen wir das Beispiel vom TSC Eintracht Dortmund, deren Jugend für die Landesliga interessant ist, und aus der immer einige Spieler geholt werden. Das zeigt, dass man schon in dieser Klasse [Westfalenliga] spielen müsste. Und deren Jugendabteilung kostet eine große Menge Geld. Die haben dafür keine gute erste Mannschaft. Schuchmann: Bei Eintracht ist das schlicht eine Umverteilung der Gelder. Wenn die in der Landesliga spielen wollten, müsste da mehr investiert werden. Wir haben mittlerweile eine C-Jugend, die in der Landesliga spielt, aber danach fehlt es. Einen Aufstieg der A- oder B-Jugend kann man auch nicht eben mal planen. Also gehen die guten nach der C-Jugend weg. Die müssten wir aber halten, damit wir weiterkommen. Einzig über die Trainer kann man Jugendliche an den Verein binden. Narmann: Man muss auch gute Leute im Team haben. Wenn Du nur ein bis zwei hast, die besser sind als die anderen, gehen die von ganz alleine zu einem Verein, der höher spielt. Die müssen noch nicht mal gelockt werden. Wir haben da die Erfahrung gemacht, dass auch schnell die Eltern die Kinder beispielsweise bei Eintracht anmelden. Schuchmann: Noch mal. Wenn ich mich im Jugendbereich verbessern will, geht das nur über die Trainer. Ein guter Jugendtrainer braucht ein Buch mit vielen Telefonnummern. Der muss auch den ein oder anderen mitbringen. Du schaffst es nicht nur mit Eigengewächsen. Beste: Es ist aber nicht nur das Telefonbuch. Du brauchst einen Trainer mit Qualität. Die Jungen haben ja auch schon die Mentalität der Älteren. Da muss was los sein auf dem Platz, die Trainer müssen die Spieler erreichen. Das ist wie in manchen Schulen, wo die Lehrer ihre Schüler auch nicht erreichen. Nur haben dann hinterher die Ausbildungsbetriebe das Problem. Man muss ihnen was bieten. Brune: Wichtig ist aber auch, dass man die Jugendlichen trotzdem gut behandelt, damit sie dann wiederkommen. Denn in den oberen Ligen wird ja auch knallhart gesiebt, und wenn man dann nur 1,70m ist und man muss 1,75m sein, ist man draußen. Das ist ja manchmal auch das Erstaunliche, dass sich die Kinder und die Eltern das antun. Bitter: Das stimmt. Du musst als abgebender Verein eine Brücke bauen und sagen: Viel Erfolg und wenn es nicht klappt, kannst Du gerne wiederkommen.
Viele Jugendspieler werden auch vom BVB getestet und wieder aussortiert. Das Verhältnis zum Bundesligisten ist zwiegespalten…
Schuchmann: Borussia Dortmund ist für die Amateurvereine eine Katastrophe. Es ist zwar auf der einen Seite schön, dass die Jugendliche an den Verein binden und das Interesse am Fußballsport als solches wecken, aber was das Sponsorenumfeld betrifft, ist der BVB für uns eine Katastrophe. Egal wen man anspricht, die sind schon bei Borussia aktiv. Beste: Es ist extrem schwer, an Geld zu kommen, wenn Du nicht überregional präsent bist wie der BVB. Wir sind nur lokal tätig. Da kann ich schon verstehen, wenn Firmen da nicht aktiv werden. Brune: Also ich sehe das ein bisschen anders beim Thema „Borussia“ und denke nicht, dass die uns mögliche Sponsoren abgreifen. Wer dahin geht, kommt sowieso nicht zu uns.
Insofern müssen die Amateurvereine den nötigen Etat auf anderen Wegen garantieren… Schuchmann: Es ist ja auch gar kein Sponsoring bei uns, sondern ein Mäzenatentum, denn wir haben doch gar keine Gegenleistung zu bieten. Gott sei Dank gibt es diese Gönner, von denen immer noch was für einige Vereine abfällt. Viele Unternehmen kämpfen ja auch ums Überleben, aber selbst die, die was geben könnten, tun es nicht für kleinere Vereine. Narmann: IKEA tut gar nichts für den Sport, obwohl die bei uns ein Lager gebaut haben, wo beim Bau 500 Lkw abgeladen haben… Beste: …Die wissen genau, wenn sie das einmal anfangen, dann kommen alle anderen Vereine auch. Schuchmann: Eine Chance sehe ich aber. Als Sportvereine müssen wir uns in die gesellschaftspolitische Ebene begeben. Denn den Gönner interessiert weniger, wie Hombruch gegen Barop spielt, sondern ob wir uns in Sachen Jugendarbeit betätigen, Projekte gegen Drogen oder Aktionen wie „Sportler für Organspenden“ machen, um zu demonstrieren, dass wir mehr als Fußball zu bieten haben. Brune: Beim Etat muss man versuchen, irgendwelche anderen Konzepte zu finden und einen Pool aufzubauen, der die Last auf mehrere Schultern verteilt. Richtig finde ich aber, sich mit gesellschaftsrelevanten Sozialthemen zu beschäftigen. Letztlich geht es einfach nur um Leistung und Gegenleistung. Die Mäzene sterben irgendwann aus und dann muss man sich was einfallen lassen. Schuchmann: Oder wir müssen zu einem Dienstleistungsbetrieb werden und unsere Produkte anders vermarkten. Wir machen es einfach so wie unser Verband [der FLVW] und verdoppeln einfach mal die Beiträge. Brune: Man wird sich immer mehr zum Dienstleister entwickeln. Die Leute geben uns ja die Kinder, und die Eltern sind sie los und müssen vielleicht bald bereit dazu sein, die Gegenleistung zu zahlen, die diese Betreuung und die Zeit, etwas anderes zu tun, wert ist.
Letztlich ist die Abgabenerhöhung durch den FLVW und die Sportpolitik zum Thema geworden…
Schuchmann: Man muss sich ja schon was Besonderes einfallen lassen, wenn man ein Vereinsheim oder neue Umkleidekabinen bauen will. Oder nehmen wir das Bochumer Modell für Kunstrasenplätze, das eine Beteiligung der Vereine von 20% erfordert. In Dortmund gibt es da eine schöne Prioritätenliste. Ich bin gespannt, wer das überhaupt bezahlen kann. Die reden da von Investoren. Als Investor verlange ich einen Rücklauf des Kapitals mit einer guten Verzinsung. Wer ist denn so bescheuert und investiert da in einen Sportplatz? Brune: Wir diskutieren aber nur darüber, dass wir solche Sachen finanzieren müssen. Aber wir wehren uns nicht dagegen. Wir haben 144 Vereine in Dortmund und lassen uns alles gefallen. Warum gehen wir nicht mit 100000 Leuten auf die Straße und demonstrieren gegen überteuerte Kulturprojekte, wo Millionen reinfließen anstatt in den Sport oder dass Abgaben für die Sportplätze gemacht werden? Genau das gleiche wie mit den Verbandsabgaben. Wenn wir uns nicht dagegen wehren, dann passiert da auch nichts. Schuchmann: Das sind mal eben 100% mehr. Das große Problem damit finde ich, dass nicht kommuniziert wird, warum die Erhöhungen kommen. Da kommt ein Presseartikel und da steht noch nicht mal ein Grund drin. Die drehen einfach an der Einnahmeschraube und gucken nicht auf die Kostenspirale. Das Dienstleistungsangebot hat sich übrigens nicht verdoppelt. Brune: Das sind ja Leute, die wir gewählt haben, also müssen wir sie demnächst wieder abwählen, damit die bestraft werden. Nur passiert das meistens nicht. Wir wehren uns nicht. Es kommen ja noch zwei Dinge dazu. Herr Korfmann [FLVW-Präsident] war beim Kreistag und wusste, dass sie die Beiträge erhöhen müssen. Gesagt hat er nichts. Zudem sitzt genau der gleiche Korfmann in der Findungskommission des DFB, die beschließt, dass demnächst sonntags um 13 und um 15.30 Uhr ein Bundesliga-Spiel stattfinden soll. Dann können wir zumachen, weil wir nicht mehr 1000, sondern 300 Zuschauer haben und nicht wissen, wovon wir die Verbandsabgaben bezahlen sollen. Beste: Lasst uns doch mal den eigenen Leuten zu diesem Thema auf die Füße treten und einen Stein dazu ins Rollen bringen. Wir müssen eine Idee entwickeln, uns abstimmen und tragen dann diese Idee weiter in die unteren Ligen. Narmann: Das macht sicher Sinn, denn Gefallen hat an der Erhöhung der Abgaben wohl niemand.
Um ein versöhnliches Thema zum Abschluss zu haben, warfen die Redaktionsgäste einen Ausblick auf die Dortmunder Hallen-Fußballstadtmeisterschaften. Stellvertretend für alle ist die Einschätzung von Hombruchs Sportlichem Leiter…
Bitter: Das Ziel für die Landesligisten ist sicher die Endrunde. Da kann dann alles passieren. Und es macht ja auch einfach Spaß dieses Turnier. Das ganze Drumherum, man merkt das Kribbeln, die Enge in den Hallen, viele Zuschauer und geballt attraktiver Fußball. Da sollte sich jeder drauf freuen.