Brüderpaare gibt es im Sport viele. Neben den Boxern Vitali und Wladimir Klitschko sind im Fußballbereich die Holländer Rene und Willy van de Kerckhoff oder Niko und Robert Kovac die bekanntesten. Zwillingsbrüder, die sich im deutschen Fußball einen Namen machten, gibt es eher wenige. Die Ersten überhaupt, die in der Bundesliga Fuß fassen konnten, waren die Kremers-Zwillinge: Helmut und Erwin. Der eine Weltmeister 1974, der andere Europameister 1972. Zusammen spielten beide beim FC Schalke 04 und sind noch heute in aller Munde. Zu dieser K-und-K-Dynastie gesellten sich in der Zeit der Wiedervereinigung die Brüder Kessen: Ralf, der in der Saison 1991/92 in der zweiten Bundesliga-Nord für den FC Remscheid kickte, und Jörg, der 1989/90 seine Schuhe für den Zweitligisten MSV Duisburg schnürte. Nachdem es beiden nicht vergönnt war in der zweiten Bundesliga gegeneinander zu spielen, wartet nun in der sechsten Klasse, der Landesliga, ein ganz besonderes Bruder-Duell auf die beiden. Wenn sich am zwölften Spieltag die Mannschaften vom Duisburger SV 1900 und TuRa 88 Duisburg gegenüberstehen, dann wird es auch zum Aufeinandertreffen der beiden Kessen-Zwillinge kommen. Ralf wird dann als Linienchef der TuRa gegen Bruder Jörg, seines Zeichens Trainer des Duisburger SV, antreten müssen. Für die beiden aber eher kein Problem, weil sie sich nicht nur wegen der Zwillingsverbindung sehr gut verstehen. Die Mannschaften kennen sich auch sehr gut, nicht nur weil wir Brüder sind. Wir haben zweimal in der Vorbereitung gegeneinander gespielt. Bei gemeinsamen Turnieren sitzen die Jungs oft zusammen. Da kann man oft gar nicht mehr auseinanderhalten, wer zu wem gehört, erklärt Jörg Kessen. Und man kennt auch die anderen Trainerkollegen: Gegen Günter Schlipper, den Trainer von Adler Osterfeld, habe ich in den Duellen des MSV mit dem FC Schalke 04 gespielt. Unter den Brüdern herrscht ebenfalls eitle Zweisamkeit. Es wird alles zwischen uns angesprochen, natürlich nicht nur familiär, sondern auch über die aktuellen Gegner in der Liga, gibt Jörg zu Protokoll und Ralf fügt an: Wenn er sich schlecht fühlt, dann geht es mir auch schlecht. So ist das eben unter Zwillingsbrüdern. Aber wir sind auch gute Freunde, telefonieren täglich, das ist schon alles okay so auch wenn sich unsere Frauen schon mal beschweren. Die beiden sehen sich sogar fast täglich und haben gemeinsame Hobbys, wie Jörg beichtet: Wir haben die gleichen Interessen, gehen gerne zum MSV Duisburg und besuchen die Spiele des EVD in der Scania-Arena. Das einzige, was nicht gleich ist: Er hat eine Tochter und ich habe einen Sohn. So groß die Gemeinsamkeiten auch sind, die Vereine unterscheiden sich schon. Unser Saison-Ziel ist auch der Kunstrasen-Platz auf der TuRa-Anlage. Anfang nächsten Jahres wird alles fertig sein. Das sind Gesamtkosten von knapp 450.000 Euro, der Eigenanteil unseres Vereins dabei beträgt rund 180.000 Euro, berichtet Bruder Ralf und fügt an: Da haben wir richtig für gepowert, sogar eine Agentur für die PR engagiert. Dazu musste ich jede Menge Fotos machen und mich richtig positionieren. Ich bin kein Beckham, das war gar nicht so einfach. Ralf Kessen blickt zurück: Als wir damals aufgestiegen sind, haben alle blauäugig gedacht, dass wir oben mitspielen können. In dieser Liga schlägst du aber nicht mal eben im Vorbeigehen einen Gegner. Die sind fußballerisch auf einem Niveau. Die Aufsteiger in dieser Saison sind alle besser als die Absteiger der letzten Saison. Der ehemalige Mittelfeld-Akteur des FC Remscheid geht ins Landesliga-Detail: Die Unterschiede zur Verbandsliga sind nicht allzu groß, lediglich die ersten Fünf, die Richtung Oberliga blicken, stechen hervor. Er nennt weitere Gründe: In der Landesliga fängt der Fußball an. Hier wird mit Linienrichtern gespielt, dazu rennt da nicht irgendein Schiedsrichter mit dickem Bauch über den Platz, der oft viel zu weit vom Geschehen weg steht. Hinzu kommt, dass die Referees viel ambitionierten sind, besser pfeifen, weil sie in höherklassige Ligen möchten. Das will auch TuRa 88, der Duisburger SV lediglich die Klasse halten. Trotz alledem warten auf die beiden Teams und Trainer zwei ganz besondere Spiele die Bruderduelle. Hier gehen beide mit gemischten Gefühlen in die Partien. Ehrlich gesagt, habe ich schon etwas Angst davor, bremst Ralf etwas die Vorfreude und fügt augenzwinkernd an: Aber wenn wir alle Spiele gewinnen, verliere ich gerne die beiden Matches gegen meinen Bruder Jörg. Der sieht das Ganze etwas anders: So richtig freue ich mich erst eine Woche vorher, dann kribbelt es. Und er nennt auch das Wunschergebnis: Ein Unentschieden wäre in Ordnung, dann ist der Familienfrieden auf jeden Fall gerettet.
Kessen: In der Landesliga fängt der Fußball an
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