Sportlich läuft es beim BV 1919 Osterfeld II absolut rund. Aus 14 Partien wurde die Maximalausbeute von 42 Zählern eingefahren. Auch das Torverhältnis von 115:8 stellt derzeit alles in den Schatten. Der Aufstieg in die Kreisliga B scheint dem Team von Tuncay Aksoy wohl kaum noch jemand zu nehmen. Seit Beginn dieser Saison steht der Ex-Profi von Essen und Oberhausen für den C-Ligisten an der Seitenlinie.
"Natürlich bin ich zufrieden. Ich hätte niemals gedacht, dass wir mit dieser runderneuerten Mannschaft derart souverän sind. Wir haben ohne jegliches Training direkt Erfolge gehabt", freut sich der Coach. Doch nicht nur eine Mannschaft musste der ehemalige türkische Jugendnationalspieler quasi komplett aus dem Boden stampfen, auch das berühmte Drumherum musste sich erst finden: "Auch der Vorstand ist neu. Die Verantwortlichen die jetzt da sind, haben den Verein frisch übernommen und wollen hier etwas neues aufbauen. Da müssen natürlich alle mit anpacken: Freunde, Familie, Bekannte. Die Jungs sind alle mit Herzblut dabei. Das imponiert mir sehr."
Blütezeit in den 60er Jahren
Der Oberhausener Traditionsklub kann dabei auf eine lange und erfolgreiche Vergangenheit zurückblicken. Der in der Siedlung Stemmersberg beheimatete Verein erlebte seine Blütezeit in den 60er Jahren mit dem Erreichen der zweithöchsten Spielklasse und der Qualifikation für das Finale der deutschen Amateurmeisterschaft, das erst im Entscheidungsspiel gegen Hannover 96 verloren ging. Doch der Niedergang erfolgte schleichend. Nachdem der Verein im Jahre 1974 bis in die Bezirksliga abstieg und seine Vormachtstellung im Osterfelder Fußball an den Lokalrivalen SV Adler verlor, ist der BVO seit 2014 in der untersten Spielklasse angekommen. Die Realität der beiden Herrenmannschaften heißt mittlerweile Kreisliga C, Staffel 2 und 4.
Heute ist der Trainer der Star. Wenn trotzdem einmal wieder Not am Mann ist, muss der 37-Jährige auch noch selbst die Fußballschuhe schnüren: "Ich stelle mich nicht so gerne auf, denn eigentlich will ich gar nicht mehr spielen. Aber ab und an juckt es dann doch wieder im Fuß." Dass er dabei nichts verlernt hat, zeigt die Statistik: In vier Spielen, die der ehemalige Stürmer auf dem Platz stand, gelangen ihm stolze zwölf Treffer.
Zu der Arbeit als Kreisliga-C-Coach kam Aksoy indes wie die Jungfrau zum Kinde: "Das war ein kleiner Zufall. Ich war nicht wirklich auf der Suche und hatte auch keinen Zugzwang. Aber mein Neffe spielte bereits hier und hat dann gefragt: Onkel, kannst du nicht den Trainer für uns machen? Dann habe ich angefangen, hier und da mal ein bisschen auszuhelfen", lacht Aksoy. Am Ende kam dann auch die offizielle Anfrage des Vereins, den Trainerposten der 2. Mannschaft fest zu übernehmen.
Weiterhin Kontakt zu alten RWO-Weggefährten
Natürlich lässt sich die neue Aufgabe nicht mit seiner eigenen Karriere bei RWE oder RWO vergleichen. Das (Halb-)Profitum sucht man im Arnold-Germar-Stadion vergebens. "Ich vermisse das schon etwas. Leider musste ich meine Profikarriere früh verletzungsbedingt beenden." Der Kontakt zu alten Weggefährten ist für den in Deutschland aufgewachsenen Türken aber nie abgebrochen: "Ich treffe mich immer noch regelmäßig mit meinen alten Mannschaftskollegen aus RWO-Zeiten. Wir haben auch eine Whatsapp-Gruppe oder gehen zu Weihnachten gemeinsam Essen. Das ist mir sehr wichtig."
Der Zug ganz nach oben ist für mich abgefahren
Tuncay Aksoy
Sollte es dieses Jahr mit dem Aufstieg klappen und der unglaubliche Lauf des BV Osterfeld auch in den nächsten Jahren so weitergehen, könnte sicherlich die Personalie Tuncay Aksoy wieder in den Vordergrund größerer Vereine rücken. Doch der zweifache Familienvater lehnt dies dankend ab: "Nein, nein. Der Zug ganz nach oben ist für mich abgefahren. Ich habe jetzt einen Job und eine Familie, die mir beide ein ganz neues Leben ermöglichen. Ich bin nicht der Typ, der sagt, dass er noch einmal durchstarten möchte. Ich freue mich total auf meine schwierige, aber auch spannende Aufgabe eine Kreisliga-C-Truppe zu führen."
Laufbahn Tuncay Aksoy: Tuncay Aksoy wurde am 1. Juni 1979 in Duisburg geboren und begann seine Karriere bei der SpVgg Sterkrade 06/07. Seine ersten Schritte in der Regionalliga West-Südwest machte der Stürmer in der Saison 99/00 im Trikot von Rot-Weiss Essen. Nach einem zweijährigen Türkei-Intermezzo bei Erzurumspor und Diyarbakirspor kehrte er zur Rückrunde 02/03 wieder zu RWE zurück. Über den 1. FC Kleve, Adler Osterfeld und den 1. FC Bocholt fand Aksoy 06/07 den Weg in die Oberliga Nordrhein zu Rot-Weiß Oberhausen. Hier erlebte er seine sportlich erfolgreichste Zeit und schaffte u.a. an der Seite von Mike Terranova den Durchmarsch bis in die 2. Bundesliga. Seine Karriere ließ Tuncay anschließend bei der SSVg Velbert, TV Jahn-Hiesfeld und Adler Osterfeld ausklingen, ehe er aktuell beim BV Osterfeld II in der Kreisliga C wieder auf dem Platz steht.