Bei einem Remis würde Kurdistan Bochum II den Aufstieg feiern dürfen, abhängig von den Resultaten der anderen Aufstiegsspiele würde Blau-Weiß Weitmar unter Umständen noch ein weiteres Relegationsspiel bestreiten dürfen. Es folgte der purer Fußball-Wahnsinn, den Weitmar am Ende 6:5 für sich entschied. Aber der Reihe nach.
Von Beginn an übernahm Kurdistan Bochum das Zepter und gab deutlich den Ton. Die Bochumer spielten sich eine Vielzahl an Torchancen heraus, Weitmar schien sich zunächst auf die eigene Defensivarbeit konzentrieren zu wollen. Beiden Mannschaften war durchaus anzusehen, dass viel auf dem Spiel stand. Nach einer technisch herausragenden Hacken-Kombination mit dem agilen Akgün schloss der früh eingewechselte Hashemi zur verdienten 1:0-Führung ab (31.), die Antwort durch Marcel Notzon nach einer strittigen Handelfmeterentscheidung ließ allerdings nicht lange auf sich warten (39.). Mit einem aus Weitmarer Sicht schmeichelhaften Remis ging es in die Pause.
Die zweite Hälfte bot dann alles, was das Fußballherz begehrt: ein Spiel mit gleich drei Wendungen, neun Toren in nur einer Halbzeit und eine Schlussphase, die an Dramatik nicht mehr zu überbieten war. Durch die nicht immer klaren Auf- und Abstiegsregelungen gab es nach Abpfiff sogar die ungewöhnliche Situation, dass beide Mannschaften den Aufstieg bejubeln konnten.
Zu Beginn der zweiten Hälfte schienen die Bochumer all das nachzuholen, was sie in der ersten Halbzeit versäumt hatten. Ein direkt verwandelter Freistoß von Agid Akgün (51.) und ein kurioser Treffer von Ferit Turan (55.), dem ein schweren Patzer von Weitmar-Keeper Krawiec vorausging, ließen die Bochumer bereits wie die sicheren Aufsteiger aussehen. Dann brachte ein erneut zumindest kritischer Elfmeterpfiff die Blau-Weißen zurück ins Spiel, Niels Blümel ließ sich nicht zwei Mal bitten (60.). Der Anschlusstreffer setzte bei den Weitmarer Spielern neue Kräfte frei, es folgten innerhalb weniger Minuten der Ausgleich durch Philipp Dudde, der sehenswert aus der Distanz einnetzte (66.), sowie die erstmalige Führung durch Mike Röttger nach einem Eckball (69.). Nun war wieder Bochum gefordert und mache das zunächst auch gut. Menal Birhimeoglu besorgte den erneuten Ausgleich nach einer Ecke (76.), Khaled Obeidat erhöht auf 5:4 (81.).
Bis zur Nachspielzeit wähnte sich Kurdistan Bochum als Gewinner und sicherer Aufsteiger in die Kreisliga B, dann setzte Weitmar dem kuriosen Fußballspiel die Krone auf. Zunächst war es erneut Notzon, der den Ausgleich erzielte (90.+2) und Mitspielern und Fans die Hoffnung zurück brachte. Da der Schiedsrichter die Partie trotz extrem langer Nachspielzeit nicht beendete, gab es einen letzten Freistoß für Weitmar aus dem rechten Halbfeld, den der eingewechselte Malte Sperling direkt verwandelte (90.+7) und die Blau-Weißen in einen Zustand der Ekstase versetzte. „Normalerweise brauche ich pro Spiel zwei, drei Versuche, Gott sei Dank hat es heute beim ersten Mal geklappt“, zeigte sich der Siegtorschütze erleichtert, der von seinem Coach extra für solche Freistöße eingewechselt wurde.
Bei CF Kurdistan Bochum II herrschte nach Abpfiff hingegen die pure Tristesse, bis durchsickerte, dass auch der Verlierer des Spiels in die Kreisliga B aufsteigen wird. Die Gründe, die zu dieser Aufstiegskonstellation führen, sind noch etwas undurchsichtig. Der Kreisfußballausschuss Bochum wollte etwaige Gründe nicht kommentieren und verwies auf „sportliche Gründe“. Das Aufstiegsspiel zwischen Bochum und Weitmar fand hiermit zwar einen Gewinner, aber keinen Verlierer. So tanzten nach Abpfiff beide Mannschaften ausgelassen über den Rasen in Witten.
Geglaubt haben sie bei Blau-Weiß alle an das kleine Wunder, war der Tenor nach dem Abpfiff. „Bei uns ist erst Schluss, wenn der Schiri abgepfiffen hat“, erklärt Erfolgstrainer Volker Hubert. „Das haben wir die letzten Jahre häufiger erlebt“, bestätigt auch Mannschaftskapitän Stephan Schwarz. Nun gilt die volle Konzentration aber den Aufstiegsfeierlichkeiten. Ein eigener Bus soll Spieler und Fans zurück nach Weitmar bringen, „dort soll Vollgas gegeben und die Hütte abgerissen werden“, freut sich Schwarz. Eine Meisterschale gab es nach Abpfiff zwar nicht zu vergeben, aber die Blau-Weißen behalfen sich mit dem goldenen Schuh von Aufstiegsschütze Malte Sperling, der sich ein neues Paar Schuhe wird besorgen müssen: „Der Schuh geht hier rum wie ein Wanderpokal.“