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42 Stunden ohne Schlaf...

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SV Laar: 42 Stunden ohne Schlaf
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„Laar ist stolz!“ Die Aussage sitzt. Und bekräftigt jedes Argument, das Dirk Riedel aus der Tasche zieht, um neue Helfer zu mobilisieren.

Er hat hier das Sagen, seit er Mitte Oktober beim Heimspiel gegen Gelb-Weiß Hamborn II nach zweieinhalb Jahren Abstinenz seinem alten Verein einen Besuch abstattete. Da reifte eine Idee. Nämlich die, den SV Laar 21 wieder zu einer Adresse im Fußball zu machen. Für Jung und Alt. Wie es früher einmal war. Lange konnte er die Anlage gar nicht betreten. Aus gutem Grund: „Mein Vater ist hier gestorben“, erzählt Riedel. Beim Besuch des Kreisliga B-Spiels habe er dann innerlich auf den Tisch gehauen und den Entschluss gefasst. Seither erlebt er seinen „zweiten Frühling“.

An diesem Samstagmorgen steht er in der Küche des Vereinsheims und schenkt Kaffee aus. Im Minutentakt brummt und piepst sein Handy. Sponsoren, Unterstützer und Freiwillige zum Anpacken melden sich bei ihm. Viele versprechen ihre direkte Hilfe, einige sprechen ihm einfach Mut zu.


Wie zum Beispiel Radio-Talkmaster Jürgen Domian oder Schlager-Star Andrea Berg. Der 40-Jährige hat alle Register gezogen und macht keinen Halt vor größeren Namen, wenn es darum geht, die Idee mit Leben zu füllen. „Viermal am Tag muss ich das Ding aufladen“, lacht Riedel. Er sieht das positiv: „Was wir hier losgetreten haben, hätte ich so nie gedacht.“

Der baumlange Duisburger spricht nur ungern über die Gründe, warum es mit dem Verein einst immer weiter bergab ging. „Es sind Dinge passiert, die nicht die beste Außenwerbung waren“, gibt er sich vorsichtig bedeckt und lässt dann doch einen kleinen Einblick zu: „Spielabbrüche wegen Schlägereien hatten wir schon eine ganze Weile nicht mehr. Wir haben uns von einigen Leuten getrennt und jetzt spielt hier eine Mannschaft, die wirklich nur noch für den Fußball hierhin kommt.“ Wie es früher war. Als noch die alte Garde das Sagen hatte.

Im alten Wohnzimmer von Heinzi Krämer

Am Tresen steht Fridtjof Heyse und zeigt auf die kleine Sitzgruppe im hinteren Bereich des Vereinsheims. „Das hier war früher das Wohnzimmer von Heinzi Krämer.“ Und Riedel ergänzt: „Er war, genau wie mein Vater, die gute Seele des Vereins. Ich weiß gar nicht, welche Ämter er innehatte. Es waren etliche.“ Auch Krämer ist verstorben. Auf den Tag genau fünf Jahre vor Riedels Vater. Völlig klar: Der Wiederaufbau des Vereins ist für alle Beteiligten eine emotionale Angelegenheit.

Da bleiben viele (wichtige) Dinge zwangweise einfach auf der Strecke. Und natürlich muss - bei aller Besessenheit, mit der sich Riedel und Co. hinter ihre neuen Aufgaben klemmen - die Familie mitspielen. Dirk Riedel weiß, dass er Ehefrau Fatma in der letzten Zeit viel Freiraum zu verdanken hat. An Urlaub ist nicht zu denken. „Den habe ich mir genommen, um hier am Platz zu arbeiten“, entgegnet er auf die Frage, ob er schon eine Idee hat, wie er sich von dem Stress irgendwann einmal erholen will. „In der Spitze“, berichtet er, „habe ich es geschafft, 42 Stunden am Stück nicht zu schlafen.“ Für ihn und seine „Mannschaft“ ist das Projekt ein 24/7-Job. „Alle, die in dem Verein mitgearbeitet haben, wären stolz auf uns“, weiß Emil Bicic. Der Spieler und Co-Trainer der ersten Mannschaft hat sich zu der kleinen Runde gesellt, der Riedel unermüdlich zu Protokoll gibt, was er jetzt schon geschafft hat. Und vor allem, was im ersten Schritt noch folgen soll.

Richtig anfangen soll alles am 6. Dezember mit einem Benefizspiel gegen Landesligist FSV Duisburg. „Die haben sofort zugesagt“, freut sich Riedel, „dass die Jungs sich mitten in der Saison dazu bereiterklären, auf Asche zu spielen. Das ist ja auch nicht üblich.“ Und das Rahmenprogramm? Rolf Stahlhofen, Sänger der Gruppe „Söhne Mannheims“, hat einen Auftritt auf der Bühne zugesagt. „Das ist ein Freundschaftsdienst für mich“, erklärt Riedel seinen Coup.

Und gleichzeitig hofft er auf die Reisefreude der Anhängerschaft des Landesligisten. „Die waren vor kurzem noch mit einem Mob von 350 Leuten unterwegs. Ich gehe davon aus, dass die Jungs einige Leute mitbringen werden.“

Mit einem riesigen Aufwand hat er ein buntes Programm auf die Beine gestellt. „Es gibt Live-Musik, in der Halbzeit kommt der Nikolaus für die Kinder, natürlich gibt es was zu Essen und zu Trinken.“ Alle Einnahmen fließen ohne Umwege in die Vereinskasse. Dort wird das Geld gebraucht, um die mittel- und langfristigen Ziele des Vereins zu erreichen.

Denn Riedel hat eine Vision. „Zuerst wollen wir erreichen, dass die Leute, die zu dem Benefizspiel kommen, merken, dass hier etwas passiert. Danach ist es wichtig, dass wir mittel- bis langfristig denken. Hier soll wieder ein richtiges Vereinsleben stattfinden. Denn wir haben bisher nur wenig Zulauf von Kindern“, weiß auch Dirk Riedel um die größte Problematik.

Riedel und sein Team denken langfristig

Der nächste Weg - und das war ihm ebenso wichtig wie das bunte Programm rund um den Nikolaustag - führte darum zur „Nikolausburg“ Duisburg-Ruhrort - eine Einrichtung der Diakonie. „Wir wollen den Kindern die Möglichkeit geben, bei uns zu spielen.“ Riedel weiß, dass sich die Bemühungen nicht ausschließlich auf den 6. Dezember konzentrieren dürfen.

„In unseren Seniorenmannschaften spielen momentan nur Spieler, die aus der eigenen Jugend kommen“, erklärt Emil Bicic. Seine Rückkehr zum Verein war Ehrensache. Er könnte durchaus noch einige Ligen höher spielen. „Wir sind Laarer Jungs“, macht er unmissverständlich klar. Ihn habe ebenso der Enthusiasmus seines Freundes begeistert.

Eine offizielle Funktion im Verein hat Riedel übrigens (noch) nicht. Er ist auch nicht der Typ, vor dem der ganze Klub unisono die Hacken knallen lässt. Doch der Respekt vor ihm und seinem Vorhaben ist über die Grenzen des Vereins hinaus trotzdem riesengroß.

Mittlerweile steht Riedel draußen und schaut sich das Treiben an. Ein kleiner Trupp von freiwilligen Helfern arbeitet seither unermüdlich auf dem verwitterten Platz. Dessen Zustand führt das Frage-Antwort-Spiel („Wo ist der Fußball am Schönsten? Beim SV Laar 21“) auf dem Eingangsschild ad absurdum. Die Barriere rostet vor sich hin, hinter dem Vereinsheim steht über Eck eine überdachte Anordung kleiner Verkaufsstände. „Was wir hier für Möglichkeiten hätten“, träumt Riedel und lässt die Phantasie spielen. „Da vorne kommt ein Grill hin, da kannst du Getränke verkaufen. In der Ecke ist sogar Platz für eine kleine Küche, in der für die Besucher gekocht werden kann.“ Noch hindern nur die Schäden der letzten Stürme die Laarer daran, dass sich Riedels Träume verwirklichen: „Hier wurde nie richtig aufgeräumt. Damit fangen wir jetzt an.“

Nachbarverein VfvB Ruhrort-Laar hat einen Hexler zur Verfügung gestellt. Unermüdlich steht Patrick Mertens an dem Gerät. „Ich komme nach der Arbeit oft hierhin und schaffe noch ein wenig was weg“, berichtet er. Auf die Frage, was er denn beruflich mache, muss er grinsen: „Ich arbeite im Garten- und Landschaftsbau.“ Also fleißig Überstunden kloppen? „Nein, ich weiß ja, für wen ich das mache“, kommt es ohne Zögern. Dann gibt er seinem Kollegen Ralf Kretschmer ein Zeichen. Die nächste Ladung Äste wird zerhackt.

Kooperation kommt (vorerst) nicht in Frage

Thema Nachbarschaft! Den VfvB trennt nur ein kleines Metalltor vom SV Laar. Direkt nebenan liegt nämlich die Platzanlage. Riedel denkt laut: „Natürlich war der ein oder andere Ansatz schon dabei, eine Kooperation einzugehen.“ Das ist - vor allem im Jugendbereich - durchaus üblich. „Mir war aber der Name des Vereins so wichtig. Der soll erhalten bleiben“, stellt der 40-Jährige klar. Da ist er wieder, der Laarer Stolz.

Sein Weg ist klar. Dafür tut er alles. Wenn es sein muss, auch mehr als 40 Stunden ohne ein Auge zuzumachen. „Leben war hier immer“, deutet er an, dass die Laarer „Löwen“, wie sie sich nennen, nicht kleinzukriegen sind. „Wir sind ja auch immer noch an einem Punkt, an dem es nicht mehr weiter nach unten geht“, gewinnt Riedel der Situation seines Heimatvereins immer noch etwas Positives ab. Und mit der Einstellung arbeitet die Helferschar draußen munter weiter.

Inzwischen ist es Mittag. Dirk Riedel sitzt wieder im alten Wohnzimmer von Heinzi Krämer, das jetzt so etwas wie die Schaltzentrale des SV Laar 21 ist. Eigentlich macht er gerade Pause. Zumindest das, was er seit Mitte Oktober darunter versteht. Das Handy liegt auf dem Tisch und brummt weiter im Minutentakt. Dirk Riedel schaut kurz drauf. „Das hat Zeit.“ Ralf Kretschmer kommt herein, zieht seine Arbeitshandschuhe aus. „Ich muss weg, hab noch nen anderen Termin.“ Ein verbindliches Lächeln, ein fester Händedruck: „Danke dir!“ Und Kretschmer erwidert: „Nächsten Samstag bin ich wieder hier.“ Ganz bestimmt.

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