revierkick.de: Wer hoch fliegt, kann auch tief fallen. Leider ist ihr Name vor allem auch mit ihrem unglücklichen Bundesliga-Karriereende verbunden. Die Staatsanwaltschaft hat nun einen Freispruch für Robert Hoyzer gefordert. Was empfinden Sie, wenn Sie so etwas hören, was sind Ihre Empfindungen gegenüber diesem Mann?
Jansen: „Da habe ich gar keine Empfindung. Zu der Sache will ich mich auch nicht mehr äußern. Ich schaue überhaupt nicht mehr zurück oder verfolge das in der Presse. Von der Forderung wusste ich zum Beispiel gar nichts. Es interessiert mich eigentlich auch nicht. Obwohl die Sache natürlich sehr bitter für mich war.“
Auch die Bundesliga hält bittere Erfahrungen wie hier in Frankfurt bereit. Foto: firo
revierkick.de: Als Sie in Verdacht gerieten, in den Skandal verwickelt zu sein, gab es auch einige unglückliche Äußerungen von verschiedenen Seiten. Rudi Assauer äußerte damals, dass ihn der Tatverdacht gegen Sie nicht überrasche. Sie seien vom Typ her für so etwas anfällig. Hat da eine persönliche und in ihren Augen ausreichende Rehabilitierung stattgefunden?
Jansen: „Was die Berichterstattung in der Presse angeht, muss sich da sicherlich jeder selbst ein Bild machen. Das sind halt die Mechanismen, da sind 'Bad News' eben 'Good News' und 'Good News Bad News'. Ob da der Mensch am Ende auf der Strecke bleibt, interessiert keinen. Was Herrn Assauer angeht, muss man das sicherlich auch im Kontext betrachten. Wenn man ihn kennt, muss man sehen, dass er diese Äußerung im Rahmen einer Feierlichkeit, vielleicht dann auch schon zu späterer Stunde, getätigt hat - und so sollte man das auch einordnen. Vom DFB aus hat sicherlich eine Rehabilitierung stattgefunden. Darüber hinaus habe ich zahlreiche Zuschriften von Vereinen bekommen, die sich bei mir persönlich für die Zeit bedankt haben. Von Werner Altegoer, aus Bielefeld oder von Uli Hoeneß habe ich persönliche Briefe erhalten. Das entschädigt natürlich auch auf eine Weise. Ich versuche die schönen Dinge in Erinnerung zu behalten und nur nach vorne zu schauen.“
revierkick.de: Eigentlich hatten Sie ein Bundesliga-Comeback geplant. Warum ist es doch nicht dazu gekommen?
Jansen: „Man tut sich nach so langer Zeit natürlich schwer, zu erkennen, dass die Zeit reif ist. Dann habe ich mir aber im Sprinttraining einen Achillessehnen-Abriss zugezogen und kam einfach nicht mehr richtig in Gang. Da fragt man sich irgendwann: Will man sich das wirklich nochmal antun? Der ganze Medienrummel, beim Comeback wären alle Blicke auf mich gerichtet gewesen und es waren sowieso nur noch zwei Jahre, bis ich die Altersgrenze erreicht hätte. Außerdem macht mir das Pfeifen in der Bezirksliga genauso viel Spaß wie in der Bundesliga. Schließlich bin ich vor 30 Jahren Schiedsrichter geworden, um Schiedsrichter zu sein und nicht Bundesliga-Schiedsrichter. Ich mache das ja auch, um mich ein bisschen fit zu halten. Ob ich dann alleine durch den Wald laufe oder eine Bezirksliga-Partie pfeife. Da habe ich dann mehr Spaß als Schiedsrichter.“
revierkick.de: Wird Ihnen heute auf dem Platz noch ab und zu etwas in Zusammenhang mit der Hoyzer-Affäre an den Kopf geworfen?
Jansen: „Nein, absolut nicht. Wenn das vorkommen würde, würde ich denjenigen Spieler natürlich auch sofort des Feldes verweisen.“
revierkick.de: Sie sind ja auch als Schiedsrichter-Beobachter tätig. Merken Sie, dass sich die Spieler Ihnen gegenüber anders verhalten, als das bei ihren Kollegen zum Teil der Fall ist?
Jansen: „Ja klar. Das liegt aber auch daran, dass ich eine andere Ansprache habe. Ich übertreibe jetzt mal, aber im Extremfall sieht das dann so aus, dass ich völlig daneben liege, doch die Spieler akzeptieren das, weil sie sich denken: Der Jansen pfeift, also wird er schon richtig liegen.“
Jürgen Jansen als vierter Schiedsrichter im Gespann von Lutz Wagner (2. von rechts). Foto: firo
revierkick.de: Wo sehen Sie als Schiedsrichter die größten Unterschiede zwischen Profi- und Amateurfußball. Ist es leichter, ein A-Liga Spiel oder ein Bundesliga-Spiel zu leiten? Jansen: „Die größten Unterschiede liegen sicherlich im Spieltempo und dem technischen Niveau. Die Spielweise in der Bundesliga ist viel dynamischer, die Taktik-Schulung viel weiter. Ich würde sagen für ein Bundesliga-Spiel muss man aufgrund des Spieltempos fitter im Kopf sein. In den unteren Klassen treten dafür oft Probleme mit Stockfehlern auf. Gerade das technische Niveau ist manchmal schon ziemlich schwach. Da weiß man manchmal nicht: War das ein Foulspiel oder ein technischer Fehler. In der Bundesliga ist der Druck natürlich auch ein ganz anderer. Wenn da 80.000 Leute im Stadion zusehen, ist das schon was anderes.“
revierkick.de: Was ist für Sie denn das persönliche Highlight ihrer Karriere gewesen?
Jansen: „Ich möchte keinen Tag meiner Karriere missen. Für mich bedeutet Schiedsrichterei ein Stück Lebensqualität, auch wenn der private Bereich da oft hinten anstehen musste. Ich habe fast die ganze Welt gesehen: Moskau, Kiew, Barcelona, Liverpool, Chelsea, Arsenal. Und dann mit Menschen zusammenzutreffen wie Beckenbauer, Matthäus, Augenthaler, all diesen Leuten. Dann waren da besondere Spiele, wie das Münchener Derby oder Hamburg gegen Bremen, das legendäre Spiel Eintracht Frankfurt gegen Kaiserslautern, wo sich Frankfurt mit 5:1 noch den Klassenerhalt gesichert hat. Oder das Spiel, in dem der FCK mit Rehagel Meister geworden ist. International mit Sicherheit auch, einmal Liverpool live zu erleben. Quasi "back to the roots", wo Fußball historisch gesehen wirklich herkommt. Aber unter die letzten 20 von 80 000 Schiedsrichtern zu kommen - allein das ist schon toll. Jeder Aufstieg war immer etwas Besonderes. Es waren einfach zu viele wichtige Dinge. Unterm Strich natürlich auch, so lange dabei zu sein, keine schweren Verletzungen zu erleiden. Auch wenn ich mir einen schöneren Abschied gewünscht hätte.“
revierkick.de: Wie lange möchten Sie noch im Amateurbereich pfeifen?
Jansen: Solange ich fit bin. Es gibt da ja keine Altersbeschränkung mehr. Sicherlich habe ich aber auch nicht vor, auf dem Platz zu ergrauen.
revierkick.de: Welche Ziele kann man sich da noch setzen?
Jansen: „Ich habe viele Ziele, die haben auch nicht nur mit Fußball zu tun. Ich habe mich selbstständig gemacht, bin als Vermögensberater tätig. Da bin ich genauso engagiert bei der Sache, wie ich es in meiner Schiedsrichter-Laufbahn auch immer war. Ich will noch vieles sehen und erleben. Mir vor allem etwas mehr Zeit fürs Privatleben nehmen.“