Für die mit ehemaligen Landes- und Bezirksliga-Recken bestückte Mannschaft sollte das zweite Jahr in der A-Liga gleichzeitig das vorerst letzte werden - soviel zum Konjunktiv. Die Realität nach sechs Spieltagen wies den Blau-Weißen eine auffallend mittelmäßige Bilanz aus. Rang zehn war jedenfalls nicht das, was sich die Verantwortlichen des Klubs vorgestellt hatten.
Zudem hakte es intern gewaltig. "There is no 'I' in team", weiß der Brite, der Frohnhauser zankte sich stattdessen, gerne auch in aller Öffentlichkeit. Statt als Integrationsfiguren und Bindeglied für die Nachwuchs-Akteure erwiesen sich die Altgedienten als Störenfriede. "Die selbsternannten Stars haben die Jungs bei jedem Fehlpass mehr oder weniger zusammengestaucht", erinnert sich der Trainer, ohne Namen nennen zu wollen.
Gepaart mit dem andauernden Misserfolg sah sich Becker schließlich gezwungen, zu handeln. "Ich wusste: Entweder ich baue auf die alten Strategen oder gebe der Jugend eine Chance" - die Frage beantwortete sich eigentlich von selbst. Schließlich ist Beckers Faible für Nachwuchskicker ein offenes Geheimnis. "Der VfB ist meine erste Senioren-Station, ich habe also eine Schwäche für Jugendliche."
Die sich jedoch durchaus positiv auf die Stärke der Mannschaft auswirkte. "Ich habe den Leuten dann quasi gekündigt, auch wenn es tolle Fußballer sind, von daher hätte ich sie gerne behalten." Dennoch erwies sich die Entscheidung als goldrichtig. "Es ist ein richtiges Aufatmen durch die Mannschaft gegangen", bemerkt Becker, der rückblickend sogar eingesteht: "Der einzige Fehler, den ich mir vorwerfen lassen muss, ist, dass ich nicht schon viel früher gehandelt habe."
Seither steigt die VfB-Aktie nämlich fast stetig: Sechs Siege stehen aus den letzten sieben Partien zu Buche. Lediglich gegen die Sportfreunde Katernberg konnte die Truppe von der Raumerstraße nicht punkten und ist damit plötzlich die Mannschaft der Stunde. "Wichtig ist mir aber vor allem, dass seitdem wieder Ruhe auf dem Platz und ein freundlicher Umgang miteinander und auch mit den Schiedsrichtern herrscht", betont der Übungsleiter.
Doch auch sportlich hängt Becker nicht der Vergangenheit hinterher: "Spielerisch sind wir durch den Umbruch sicher nicht schlechter geworden, lediglich die Abgezocktheit fehlt den Jungs noch ein wenig", findet Becker. Geht bei neun Zählern auf die Aufstiegsränge also vielleicht sogar noch etwas in Richtung Bezirksliga? "Wir sprechen da überhaupt nicht drüber. Wir sprechen einfach nach jedem Training darüber, was wir besser machen müssen, gehen am Wochenende auf den Platz, holen drei Punkte und gehen wieder runter", zwinkert Becker. Fußball ist eben manchmal doch ein einfaches Spiel.
Dennoch kann der Coach die Ambitionen nicht völlig verhehlen: "Wenn es sich nicht in dieser Saison auszahlt, dann spätestens in der nächsten." In jedem Fall hat man die Weichen an der Raumerstraße frühzeitig in Richtung Zukunft gestellt.