Es war schon ein ungewohntes Gefühl für die erfolgsverwöhnte U19 von Borussia Dortmund. Als Schiedsrichter Marcel Rühl die 90 Minuten im zweiten Halbfinalspiel abpfiff, hatte die Mannschaft von Trainer Mike Tullberg zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder ein Spiel gegen einen nationalen Gegner verloren. In dieser Saison gelang das überhaupt nur Ajax Amsterdam und Atletico Madrid in der UEFA Youth League.
Und so mussten sie sich einige Sekunden sammeln, ehe sie die üblichen Gesänge „Finale, oho“ und „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ auf dem Rasen des Parkstadions anstimmten. Denn obwohl die Schwarz-Gelben durch einen Treffer von Gideon Guzy (70.) mit 0:1 auf Schalke verloren haben, zogen sie durch das 5:1 sicher ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft der A-Junioren am 29. Mai gegen Hertha BSC in Berlin ein.
Nach dem Spiel hatte Dortmund Trainer Verständnis für seine Jungs. „Meine Jungs haben doppelt so viele Fußballspiele gehabt wie alle anderen. Wir haben zusätzlich zu den vier Wettbewerben noch neun weitere Spiele international, in denen wir uns auch hervorragend positioniert haben“, erklärte Tullberg. „Wir haben mit dieser Gruppe national kein Spiel verloren seit zwei Jahren. Und das war das 36. Spiel. Wir sind in vier Wettbewerben in vier Finalspielen. Ich muss vor meiner Mannschaft den Hut ziehen.“
Dass es der BVB ob des scheinbar sicheren Vorsprungs aus dem Hinspiel etwas langsamer hat angehen lassen, verneinte er. „Wir sind das sehr ernst angegangen. Jamie Bynoe-Gittens hat deshalb nicht vom Beginn an gespielt, weil er am Samstag bei den Profis zum Einsatz kam. Und Samuel Bamba war lange verletzt“, sagte Tullberg.
Norbert Elgert bekam die nach der Hinspiel-Pleite geforderte Reaktion zu sehen. „In Dortmund war ja nicht alles schlecht“, sagte Elgert. „Die erste Halbzeit dort war auch schon richtig gut. Heute ging es darum, das Unmögliche vielleicht doch noch möglich zu machen. Aber dazu darfst du dem BVB auch nicht ins offene Messer laufen. Wir haben da, glaube ich, alles richtig gemacht und sukzessive den Druck erhöht“.
Wir haben eine Mannschaft geschlagen, die vielleicht Deutscher Pokalsieger wird, die vielleicht Deutscher Meister wird
Norbert Elgert
Danach hatte der S04 noch zwei, drei gute Möglichkeiten. Es blieb aber beim Achtungserfolg. „Machen wir das zweite, fangen die an zu wackeln“, war sich Elgert sicher. Aber: „Dortmund ist aufgrund der beiden Spiele sicherlich verdient ins Finale gekommen. Glückwunsch dazu von unserer Seite. Aber Glückwunsch auch an meine Mannschaft für das richtig, richtig gute Spiel.“
Ob die Ehre nun wiederhergestellt sei? Das sei ihm zu pathetisch, meinte Elgert. Aber man habe sich rehabilitiert. Sein Fazit: „Mit dem 1:0 haben wir die Saison in der Liga ganz ordentlich beendet. Wir haben eine Mannschaft geschlagen, die vielleicht Deutscher Pokalsieger wird, die vielleicht Deutscher Meister wird.“
Und so wollten sich seine Spieler den Moment vom Ausscheiden nicht kaputt machen lassen und bildeten auch einen Kreis. „Derbysieger, Derbysieger“ riefen sie – allerdings etwas schüchtern. Allzu viel feiern wollen sie ihr Ausscheiden nicht. Aber immerhin: Sie hatten die Unbesiegbaren besiegt.