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Heiner Kördell wurde 1958 mit Schalke Deutscher Meister
"Ein Blumenstrauß vom BVB"

Heiner Kördell wurde 1958 mit Schalke Deutscher Meister

Er ist einer der ganz Großen der Vereinsgeschichte. Und einer der wenigen, die bereits erleben durften, wovon ganz Schalke seit nunmehr 49 Jahren träumt. Am 18. Mai 1958 schrieb sich Heinz Kördell, der von allen nur Heiner genannt wird, mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft in die Annalen der Königsblauen. Als Halbrechter stand der einmalige deutsche Nationalspieler auf dem Feld, als die Schalker in Hannover mit 3:0 gegen den haushohen Favoriten Hamburger SV den bis heute letzten Titel nach Gelsenkirchen holten.

Beinahe ein halbes Jahrhundert ging der heute 76-Jährige, der zum Ausklang seiner Karriere nach über 220 Spielen für die Knappen 1963 noch ein Jahr bei Schwarz-Weiß Essen spielte, danach mit seinen Schalkern durch dick und dünn. Wie sehr er mit seinem Verein lebt und leidet, belegt seine Stimme. Die zittert, als er im Gespräch mit RevierSport mehrmals das Bekenntnis aller Königsblauen ausspricht. "Ich bin stolz, ein Schalker zu sein", ist für den Bergmannssohn, den Ernst Kuzorra 1956 von der SpVgg Röhlinghausen an die Grenzstraße holte, weit mehr als ein Lippenbekenntnis.

Für ihn, der bis heute als Rentner in Gelsenkirchen lebt, würde sich für wie so viele "ein Lebenstraum erfüllen", sollten die Schalker die Schale endlich wieder in die Stadt der 1000 Feuer holen. "Viele von den Meisterspielern leben bereits nicht mehr. Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir der Herrgott noch lässt. Deshalb wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass wir es diesmal schaffen", blickt Kördell, der bis zum Alter von 71 Jahren noch in der Traditionself mitkickte und heute dem Ehrenpräsidium des Vereins angehört, in einem bewegenden Interview zurück. Und erklärt, warum er diesmal ganz fest an einen guten Ausgang glaubt.

Heiner Kördell, wird Schalke Deutscher Meister?

Ich bin ja sozusagen einer der wenigen Zeitzeugen, die als Spieler eine deutsche Meisterschaft miterleben durften. Und für mich wäre es das schönste Gefühl, endlich Nachfolger zu haben. Und ich bin guter Dinge. Ich fühle mich im Moment so, wie ein Familienvater, der seine Kinder und Enkelkinder heranwachsen sieht und weiß, dass sie in diesem Jahr etwas ganz besonderes leisten.

Was macht Sie so optimistisch, dass der Tabellenführer nicht wieder in letzter Sekunde abgefangen wird?

Der Sieg gegen Stuttgart nach vier Spielen ohne Erfolg könnte der Entscheidende gewesen sein. Das war ein Ausrufezeichen. Mirko Slomka hat diese Mannschaft stark gemacht. Er jammert nicht über die Ausfälle, sondern schaut nach vorne. Das gefällt mir.

Sie halten große Stücke auf ihn. Ist er mit 39 Jahren schon ein Meistertrainer?

Ich sehe in der Tat Parallelen zu unserem damaligen Coach Edi Frühwirth. Er hat mit ähnlichem psychologischen Geschick gearbeitet wie jetzt Slomka. Der hat uns Schritt für Schritt aufgebaut. Gute Spieler musst du natürlich haben, wenn du Meister werden willst. Aber der, der dich formt, der dir sagt, wie es gehen kann und der dich verfeinert, das ist der Trainer. Vor dem entscheidenden Spiel um die Meisterschaft hat uns Frühwirth gesagt: 'Wen interessiert es jetzt noch, ob Hamburg mehr Nationalspieler hat, als ihr. Ihr habt alles erreicht. Dort ist eine Tür. Geht durch diese Tür. Wenn ihr durchgeht, seid ihr Deutscher Meister. Bleibt ihr davor stehen, haben wir Pech gehabt'. Wir sind alle begeistert hindurchgestürmt. Und die aktuelle Mannschaft glaubt an Slomka.

Können Sie die Emotionalität vieler Anhänger nachvollziehen, mit der diese das Ziel Meisterschaft verfolgen?

Ich denke, wir Ehemaligen fiebern eher noch mehr mit. Weil wir wissen, wie schön es ist, einmal dieses ganz große Ziel zu erreichen. Für unseren geliebten Club, für das gesamte Umfeld, für das Ruhrgebiet. Und natürlich auch für sich selber. Ich gönne das dieser Mannschaft von Herzen. Und uns nimmt man das ja nicht weg, was wir vor vielen Jahren geschaffen haben. Genau wie unsere Vorgänger Fritz Szepan und Ernst Kuzorra, die uns sechsmal die Meisterschaft vorgemacht haben und die mit uns glücklich waren, wäre ich stolz, wenn wir das wieder erreichen. Ich habe das große Glück, als Mitglied im Ehrenpräsidium in meinem biblischen Alter noch mittendrin dabei zu sein. Diese Mannschaft würde mir das schönste Geschenk machen, das ich mir für mein Leben noch vorstellen könnte.

Erinnern Sie sich noch? Wie war das damals, als Sie 1958 als Deutscher Meister nach Hause fuhren?

Es war wie in einem Traum. Wir hatten ja noch das Endspiel. Wir sind als Westdeutscher Meister in die Endrunde eingezogen, aber wir waren kein Favorit. Bis auf Berni Klodt hatten wir keinen Spieler, der über die westdeutschen Grenzen bekannt war. Der HSV hatte sieben Nationalspieler in seinen Reihen. Und dann hauen wir die im Endspiel mit 3:0 weg. Dieses Gefühl hat sich bis heute nicht verflüchtigt. Als wir mit dem Zug aus Hannover nach Hause fuhren, hat man uns auf alles vorbereitet. 'Jungs, an jedem Bahnhof stehen Abordnungen, die Euch zur deutschen Meisterschaft gratulieren wollen'. Und je weiter wir nach Gelsenkirchen kamen, desto voller wurde es. Das begann in Hamm. Dann ging es weiter über Recklinghausen, Haltern, Herne. Aber einen der emotionalsten Momente hatte ich ausgerechnet in Dortmund.

Der Zug hat in Dortmund gehalten?

Für einen ganz kleinen Moment. Das war nicht geplant. Der BVB war 1956 und 1957 vor uns Meister geworden. Und als wir dort anhielten, stand dort vollständig versammelt die Dortmunder Mannschaft und hat uns gratuliert. Mein direkter Gegenspieler aus den Oberligaduellen Erich Schanko, auch Nationalspieler, hat mir einen Blumenstrauß in den Zug gereicht. Den habe ich später wochenlang zu Hause gehütet wie meinen Augapfel. Das war für mich persönlich einer der Höhepunkte der ganzen Feierlichkeiten. Dass mir dieser großartige Fußballer dieses Erfolgserlebnis von Herzen gegönnt hat. Deswegen kann ich es bis heute nicht verstehen, was da mittlerweile für eine Gegnerschaft herrscht. Und das es wichtig sein soll, die Schale in Dortmund zu bekommen.

Können Sie das Gefühl noch umschreiben, mit dem Sie nach Gelsenkirchen zurückkehrten?

Ich war wie in Trance, wie im Trauma. Man wusste, man war Meister. Aber man hat es nicht registriert. Das kam dann erst zwei, drei Tage später. Der Gedanke, da ist etwas ganz Großes passiert und du warst dabei. Im gesamten Bahnhofsbereich und der Stadtmitte haben uns über 100.000 Leute einen triumphalen Empfang bereitet. Dass wir bis heute die letzten Schalker sein würden, die so etwas erleben durften, daran hätte damals keiner gedacht. Auch deshalb muss es in diesem Jahr einfach gelingen.

Wer kann Schalke jetzt noch gefährlich werden?

Wir sollten auf dem Teppich bleiben. Aber die Basis ist so gut wie lange nicht mehr. Die Stuttgarter haben wir bereits distanziert. Und was die Münchener machen, soll uns ja eigentlich gar nicht mehr interessieren. Neun Punkte, da brauchen wir, ohne überheblich zu sein, keine Angst zu haben, nach Bayern zu reisen. Die haben mehr Sorge die Champions League-Plätze zu verpassen, als alles andere. Wenn wir da einen Punkt mitnehmen, können wir zufrieden sein. Und mit ein bisschen Glück kann man uns diesen Vorsprung dann nicht mehr nehmen. Denn Bremen wird auch nicht alles gewinnen. Und dann brechen in Gelsenkirchen alle Dämme.

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