Bei Juventus Turin kehrt weiter keine Ruhe ein. Die italienische Steuerfahndung hat am Donnerstag eine Razzia beim italienischen Meister und Rekordchampion durchgeführt. Es geht um die mögliche Verwicklung des Renommierklubs in den italienischen Fußball-Skandal, wobei vor allem die Juve-Transfers untersucht werden.
Auch Wohnungen von Ibrahimovic und Cannavaro durchsucht
Zu den Verdächtigen zählt auch der am Sonntag zurückgetretene Sportdirektor der "alten Dame", Luciano Moggi, der als Drahtzieher eines ausgedehnten Manipulationsskandals in Italien gilt. Neben den Wohnungen von Moggi des ebenfalls zurückgetretenen Juve-Geschäftsführers Antonio Giraudo wurden auch Domizile der "Juve"-Stars Zlatan Ibrahimovic (Schweden) und Fabio Cannavaro (Italien) unangemeldet durchsucht.
Die Steuerfahndung beschlagnahmte einige Dokumente. Mit Moggi wird Giraudo beschuldigt, bei Spielertransfers überhöhte Ausgaben in den Bilanzbücher angegeben zu haben, um Schwarzgeld zur Seite legen zu können. Die Ermittler schließen nicht aus, dass Moggi im Ausland auf geheime Bankkonten riesige Summen versteckt haben könnte. Der Ex-Juve-Sportdirektor galt als derart einflussreich, dass er von der Polizei sogar eine persönliche Eskorte für sich und seine Mitarbeiterinnen erhalten hatte.
Nach Juve-Aktie droht auch dem Klub der freie Fall
In den Sog der Affäre sind mehrere italienische Klubs geraten. Juventus Turin droht der Zwangsabstieg. Wegen der neuen Entwicklungen im Skandal verloren die Juve-Aktien an der Mailänder Börse am Donnerstag fast acht Prozent ihres Wertes. Diese Woche waren die Juve-Aktien wegen starker Kurseinbrüche häufiger vom Handel ausgesetzt worden.
Auch die Aktien des Juve-Hauptaktionärs, der Finanzholding Ifil unter Kontrolle der Unternehmerfamilie Agnelli, meldeten am Donnerstag schwere Verluste. Wegen des ausgedehnten Skandals könnte Ifil den seit Dezember 2001 notierten Klub von der Mailänder Börse streichen.
Untersuchungen wurden fortgesetzt
Inzwischen setzen die Ermittler in Neapel ihre ausgedehnte Untersuchung fort. Nachdem in den vergangenen Tagen Moggi, Liga-Chef Adriano Galliani und der Ex-Referee Pierluigi Collina vernommen wurden, wollten die Ermittler am Donnerstag auch den Nationaltrainer Marcello Lippi befragen.
Medienberichten zufolge habe der skandalumwitterte Moggi sogar auf Lippi, einst Juve-Trainer, Druck ausgeübt, Spieler zu nominieren, die bei der Vermittlungsagentur GEA unter Kontrolle seines Sohnes Alessandro unter Vertrag stehen. Damit sollte der Marktwert der Profis gehoben werden. Lippi bestreitet das. Der Name des Nationalcoaches steht nicht auf der Liste der 41 Verdächtigen, die die Staatsanwaltschaft von Neapel demnächst vernehmen will.
Liga-Chef Galliani soll seinen Posten räumen
Auch Liga-Chef Galliani zittert. Am kommenden Mittwoch ist in Mailand eine Liga-Versammlung geplant. Mehrere Mitglieder wollen den Rücktritt Gallianis verlangen, der in den Sog des Skandals geraten ist. Moggi soll 2001 Stimmen gekauft haben, um die Wahl des Mailänders zum Liga-Chef zu ermöglichen. Wegen seiner Interessenskonflikte als Liga-Chef und Vizepräsident von AC Mailand war Galliani bereits seit Monaten unter Beschuss.
Mehr Moral im Profi-Fußball forderte auch der designierte italienische Ministerpräsident Romano Prodi in seiner ersten Ansprache vor dem Parlament, nachdem er am Mittwoch seine Ministerliste vorgestellt hat. "Der Skandal im Fußball beweist, dass man jegliche Grenze überschritten hat. Eine ethische Wende ist in Italien dringend notwendig", sagte Prodi.
Tifosi-Vereinigung will Skandal-Klubs verklagen
Inzwischen wurde in Neapel von Tifosi eine Vereinigung gegründet, die von den im Skandal verwickelten Klubs eine Rekordentschädigung verlangen will. Die Gruppierung, die sich Castigateli ("Bestraft sie!") nennt, will eine Sammelklage gegen die Skandalklubs in die Wege leiten und einen Schadenersatz von einer Milliarde Euro verlangen.
Das Gremium wird als Zivilkläger an den Prozessen gegen die Klubs teilnehmen. "Wer Fußball liebt, ist von diesen Skandalen hart betroffen. Die Fans müssen für ihr Leiden entschädigt werden", so der Gründer der Vereinigung, der Wirtschaftsprofessor an der Universität Neapel, Antonio Coviello.