Chefkritiker Uli Hoeneß sieht für FIFA-Präsident Joseph S. Blatter im Fußball-Weltverband keine Zukunft mehr. Das ISL-Urteil habe "unsere Vermutungen bestätigt. Die Luft wird sehr, sehr dünn für Herrn Blatter. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Amtszeit übersteht, geschweige denn, was er vorhat: nochmal zu kandidieren. Das wäre der Witz des Jahres", sagte der Präsident von Bayern München am Rande einer Veranstaltung in Unterschleißheim.
Blatter habe bei seinem Auftritt am Dienstag in Zürich im Anschluss an eine Sitzung der FIFA-Exekutive "nicht gut ausgeschaut". Der 76-Jährige sei "richtig angeschlagen" gewesen, meinte Hoeneß, der seit Jahren die Arbeit von Blatter kritisiert: "Endlich trauen sich ein paar Leute, ihn zu attackieren - auch von der internationalen Journaille."
Die neue Ethik-Kommission der FIFA sei "ja nicht mal das Papier wert, worauf es geschrieben ist. Ein Neuanfang in diesem Verband geht nur ohne ihn - und sonst gar nicht", betonte Hoeneß. Man könne aber nicht erwarten, "dass die, die jahrelang vom System Blatter profitiert haben, ihm jetzt das Messer reinstoßen. Ich könnte Ihnen fünf, sechs, acht Namen nennen, die da betroffen sind. Ich sehe für ihn keine große Chance zu überleben".
Hoeneß lobte in diesem Zusammenhang die Rolle von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: "Er hat sich klar positioniert. Das hat mir sehr gut gefallen. Die Haltung des DFB und der Liga in diesem Fall ist eindeutig, und die werden wir vonseiten des FC Bayern klar unterstützen."
Die Vorwürfe von Blatter, er hätte bei seiner Geburtstagsfeier im Januar darauf gewettet, dass der FIFA-Präsident das Jahr nicht überstehen würde, wies Hoeneß scharf zurück: "Ich habe auf meiner Geburtstagsfeier was anderes zu tun als über das Schicksal von Herrn Blatter zu wetten. Woher er diese Meinung hat, ist mir schleierhaft." Aber davon unabhängig, sei bis 31. Dezember "noch genug Zeit, das wahr werden zu lassen, was er angedeutet hat. Es sieht nicht gut aus für ihn", sagte der Bayern-Präsident.
Blatter hatte am Dienstag trotz der harschen Kritik an seiner Person und seiner dubiosen Rolle in Bezug auf Schmiergeldzahlungen einmal mehr einen Rücktritt abgelehnt: "Wenn ich jedesmal darauf reagieren würde, wenn irgendwo auf der Welt jemand meinen Rücktritt fordert, würde ich mich blau und grün ärgern. Damit muss man einfach leben. Wenn einer meinen Rücktritt will, muss es der Kongress machen."