"Bravo, Lothar! Unser großer Held war der neue Trainer", schrieb die Tageszeitung 7din Sport nach dem erlösenden 1:0 (0:0)-Sieg in der EM-Qualifikation in Wales. Das Blatt Dnes ließ gleich noch eine Lobeshymne folgen: "Er hat uns aus dem Dreck gezogen und allen bewiesen, dass er den Fußball großartig versteht. Wir sind wieder da!"
Lothar Matthäus hatte des Spiel vorab zum "Finale" erklärt. Man könnte angesichts der Jubelarien im Land meinen, er habe bei seinem Debüt tatsächlich ein Endspiel gewonnen. Am Ende stand aber nicht mehr als ein Pflichtsieg, es war der erste Erfolg für Bulgarien im dritten Spiel. In der Gruppe G mit England gibt es damit wieder eine Chance auf den zweiten Platz. "Es war nur ein Hinweis darauf, wie gut wir eigentlich spielen können", sagte Matthäus, der 16 Monate lang ohne Job gewesen war, und fügte an: "Unser Sieg war verdient."
Die "Löwen" hätten "die walisischen Drachen gerissen"
Das war - zumindest, was die zweite Halbzeit betrifft - eine realistische Einschätzung. Die heimische Presse hatte allerdings die Bulgarien-Brille auf. Die "Löwen" hätten "die walisischen Drachen gerissen", war dort zu lesen, und Matthäus habe das Team gelehrt, "wieder kühn zu spielen". Davon war aber lange nichts zu sehen.
Matthäus dachte deshalb auch gar nicht daran, das Lob an seine Spieler weiterzugeben. "Die Spieler schienen vergessen zu haben, dass sie gegen Wales spielen - eine Mannschaft, die um jeden Preis bis zur letzten Sekunde den Sieg erzwingen will", sagte der 49-Jährige. Immerhin eine kleine Anerkennung erhielt die Mannschaft doch noch: "Nach der Halbzeit war es eine andere Geschichte. Da haben wir gezeigt, dass wir die bessere Mannschaft sind."
Viel wichtiger aber war für Matthäus wohl die Erkenntnis, dass er wieder sportliche Schlagzeilen produziert. Seine privaten Probleme waren - auch dank Matthäus' altbekannter Nähe zur Boulevardpresse - zuvor wieder mal über Wochen in sämtlichen Hochglanzmagazinen breitgetreten worden.
"Endlich. Wir können wieder lächeln"
Das interessiert in Bulgarien allerdings niemanden. "Endlich. Wir können wieder lächeln", sagte Offensivspieler Martin Petrow selig: "Matthäus kann ein Team in fünf Tagen verändern. Sie sehen, dass die gleichen Spieler spielen, wir haben die gleiche Taktik wie in den vergangenen Spielen. Aber jetzt kommt zudem etwas Glück dazu."
Auf Fortunas Gunst wird Matthäus auch angewiesen sein. Denn um Bulgarien tatsächlich zur EM in Polen und der Ukraine zu führen, wären übermenschliche Drachentöterkräfte zumindest nicht das Schlechteste. England ist in der Gruppe G übermächtig, hat die Bulgaren außerdem schon besiegt. Ebenso Montenegro, das nach einem überraschenden 1:0 gegen die Schweiz neun Punkte auf dem Konto hat. Dagegen schwächeln die Schweizer - es könnte Matthäus die große Chance auf den zweiten Platz eröffnen.
Ein Anfang jedenfalls ist dank des Tores von Iwelin Popow (48.) gemacht. "Kampf, Pressing, gute Zweikämpfe, ein mobiles Mittelfeld, schnelle Konter - Bulgarien hat lange nicht mehr so brillant ausgesehen", jubilierte Dnes: "Ein großes Dankeschön an Matthäus."
Ein Lothar Matthäus gewinnt eben auch Endspiele, die gar keine sind.