Ob Politiker, Sport-Star oder Royal - in England ist niemand unantastbar. Die Yellow Press nahm nun Sir Alex Ferguson aufs Korn, der sich nach dem 3:2 gegen Bayern München und dem Aus im Champions-League-Viertelfinale nicht nur als schlechter Verlierer entpuppte, sondern das Fußball-Mutterland mit dem überraschenden Einsatz von Stürmerstar Wayne Rooney beunruhigte.
"Alex Ferguson verliert seinen großen Poker mit Rooney an einem Abend, der die Nation spaltete", schrieb die "Sun". Rooney hatte sich im Hinspiel in München (1:2) am Knöchel verletzt und war trotzdem aufgeboten worden. In der 55. Minute musste der Angreifer, der im Kader von Englands Teammanager Fabio Capello für die WM in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) die zentrale Figur ist, angeschlagen das Feld im Stadion Old Trafford verlassen.
"Wir sind ein Risiko eingegangen mit Rooney. Aber ich glaube nicht, dass es ernsthaft ist", sagte Ferguson, der 1999 nach dem Husarenstück gegen die Bayern im Finale der "Königsklasse" von der Queen zum Ritter geschlagen worden war. Nicht viele waren auf der Insel Sir Alex' Meinung. "Der Roo-Poker geht nach hinten los", schrieb der "Independent". Rooney humpelte in der Anfangsphase und bekam von Daniel van Buyten je einmal eins auf Knöchel und Schienbein. "Das hatten wir erwartet", sagte Sir Alex lapidar.
Dass clevere Münchner Profis aber auch das Risiko bestraften, in Ryan Giggs, Paul Scholes und Gary Neville gleich drei erfahrene Haudegen auf die Bank zu setzen, erwischte den mit 25 Titeln in 24 Jahren erfolgreichen Teammanager offenbar völlig unverhofft. Den Preis bezahlte der 19-jährige Rafael, der die Gelb-Rote Karte nach einem Foul an Franck Ribery sah. "Sie haben den Schiedsrichter belagert und damit den Platzverweis erreicht - typisch deutsch", sagte der 68-Jährige.
Der knorrige Schotte, der in der Vergangenheit immer wieder durch Schiedsrichter-Schelten aufgefallen war, ergänzte, dass man mit elf Mann "nie Probleme" bekommen hätte. Die 3:1-Führung durch Tore von Darron Gibson und zweimal Nani hätte man verteidigen können. Uli Hoeneß, der den Alptraum von 1999 in Camp Nou noch schmerzhaft in Erinnerung hat, meinte dazu nur: "Wir haben in Barcelona mit Anstand verloren, das sollten sie jetzt auch tun." Doch nicht nur die Dominanz von Manchester United, das auch im Meisterschaftsrennen durch das 1:2 gegen den FC Chelsea nur noch Außenseiter ist, sondern auch die Vorherrschaft Englands in der europäischen Königsklasse ist vorerst gebrochen. Erstmals seit 2003 ist kein Klub aus England, das den Landesmeister-Cup zwischen 1977 und 1985 mit sieben Triumphen in neun Finals beherrscht hat, im Halbfinale der Champions League vertreten.
"Ich denke nicht, dass es ein Schatten auf unser Spiel wirft. Wir haben immer noch die beste Liga in Europa. Man bekommt im Leben nicht immer das, was man will", sagte Ferguson.