Die Winterpause in der Frauenfußball-Bundesliga läutete die SGS Essen noch einmal mit einem Knall ein: Zum Abschluss schlug sie den 1. FFC Frankfurt unter Flutlicht mit 3:2. Und weil die Konkurrenz für Schönebeck spielte, ging es in der Tabelle rauf auf Rang vier. Nur drei Punkte fehlen bis zum Champions-League-Platz. Manager Willi Wißing spricht im Interview über die Königsklasse, das Erfolgsrezept der SGS und die Arbeit von Trainer Markus Högner.
Herr Wißing, in zwölf Jahren als Manager der SGS haben Sie viel erlebt. Wie fällt ihr Fazit zur bisherigen Saison aus? Wir haben sehr gute und weniger gute Spiele gemacht. Champions-League-Sieger Frankfurt haben wir geschlagen, gegen Freiburg war nichts zu machen. Schon die letzten beiden Spiele zeigen, wie eng es zuging. Platz vier ist eine schöne Momentaufnahme, aber es kann auch wieder ratz fatz ein paar Plätze tiefer gehen. Auf jeden Fall haben wir gesehen, dass eine Menge Potenzial in unserer Mannschaft steckt.
Es muss ja keine Momentaufnahme bleiben. Der Abstand bis zur Champions League beträgt nur drei Punkte. Was haben Sie sich für das gerade begonnene neue Jahr vorgenommen? (lacht) Träumen kann man immer. Aber wenn ich es realistisch betrachte, liegen zwischen Platz zwei und sieben nur sechs Punkte. Was ist das schon!? Alles ist möglich.
Wenn man nur auf die finanziellen Möglichkeiten der Erstligisten schaut, würde man die SGS vermutlich im Abstiegskampf erwarten. Warum ist dem nicht so? Bei uns steht ein Konzept dahinter. Und das verfolgen wir. Wir kaufen nicht auf Teufel komm raus neue Spielerinnen, sondern arbeiten mit jungen deutschen Talenten. Die meisten kommen aus der Region. Damit haben wir eine entwicklungsfähige Mannschaft. Und rein sportlich gibt es wenige Vereine, die mehr bieten können. Wir sind in der Vorsaison Fünfter geworden. Bayern, Wolfsburg, Frankfurt und Potsdam waren vor uns. Aber welche Möglichkeiten hat ein Talent, dort zu spielen!?
Trainer Markus Högner ist nun schon im sechsten Jahr bei der SGS. Als er kam, ging es um die Existenz in der Eliteliga. Welchen Anteil am aktuellen Erfolg schreiben Sie ihm zu? Markus hat bei uns die wichtigste Funktion im Verein. Er hat eigentlich alles umgekrempelt und den Begriff Talentschmiede geprägt. Jedes Mal, wenn ich am Trainingsplatz stehe, erkenne ich seine Handschrift: kurze, schnelle Pässe. Immer und immer wieder. Das ist unser Rüstzeug, oder wie er es selbst nennt: unsere Basics. Aber Markus hat auch unsere erfahreneren Spielerinnen wie Ina Lehmann, Vanessa Martini und Charline Hartmann weiterentwickelt.
Charline Hartmann ragt mit acht Treffern in zehn Partien sicherlich heraus. Damit führt sie schließlich die Torjäger-Liste an. Von ihren Toren mal abgesehen: Was macht Hartmann so wertvoll für die SGS? Charline ist Charline. Was ich sagen will: Sie ist eine eigenständige Persönlichkeit und macht damit das Herz unserer Mannschaft aus. Sie identifiziert sich absolut mit dem Verein. Charline ist durchsetzungsfähig, bauernschlau und kann auch mal dazwischen hauen. Diese Präsenz fehlt einigen der jüngeren Mitspielerinnen noch. Selbst die Gegenspielerinnen haben da reichlich Respekt. Aber auf ihre Tore möchte ich auch nicht verzichten müssen.