Die erfolgsverwöhnte deutsche Frauen-Nationalmannschaft ist mit der ersten Niederlage seit knapp zwölf Monaten ins neue Jahr gestartet. Der Welt- und Europameister verlor gegen Asienmeister China in Homburg/Saar mit 0:1 (0:0) und verpatzte damit seine Generalprobe für den Algarve-Cup in Portugal (9. bis 15. März).
Vor der Länderspiel-Rekordkulisse von 20.000 Zuschauern im Waldstadion besiegelte Bai Lili (56.) gut eine Woche vor dem Start der "Mini-WM" den insgesamt glücklichen Sieg der Chinesinnen. Die letzte Niederlage hatte das Team von Trainerin Silvia Neid am 15. März 2005 (0:1 gegen die USA) im Finale des Algarve-Cups kassiert.
Neid moniert Chancenverwertung
"So ein Fehler kann passieren", sagte Neid zum Patzer ihrer Torhüterin, die beim Gegentor einen Eckball unterlief. "Wir hatten genug Chancen, das Spiel auszugleichen und sogar zu gewinnen. Vor dem Tor müssen wir einfach konzentrierter sein. Mit dem Engagement und dem Abwehrverhalten bin ich aber zufrieden", erklärte die Trainerin weiter.
Die ersatzgeschwächten Gastgeberinnen dominierten die auf mäßigem Niveau stehende Partie von Anfang an, fanden aber mit der Wolfsburgerin Martina Müller als einziger Spitze kein probates Mittel gegen die kompakte chinesische Abwehr-Mauer. Besonders die zündenden Ideen der verletzten Frankfurter Spielmacherin Renate Lingor (Innenbandverletzung) sowie EM-Torschützenkönigin Inka Grings aus Duisburg (Wadenblessur) wurden vermisst.
Akzente konnte auf der linken Seite zunächst nur Anja Mittag aus Potsdam setzen. Doch ihre feine Flanke köpfte Weltfußballerin Birgit Prinz (FFC Frankfurt) nach fünf Minuten knapp über das Tor des Vize-Weltmeisters von 1999. Die DFB-Elf mühte sich, war aber oft nur bei Standards gefährlich. Bezeichnend war, dass Freistöße von Prinz (13.) und Sandra Minnert (23./Bad Neuenahr) zu den Highlights der ersten Hälfte gehörten.
Die deutsche Abwehr, in der Ariane Hingst (Potsdam) aus beruflichen Gründen fehlte, erwies sich nicht immer als sattelfest. Auch die für Stammtorfrau Silke Rottenberg (Duisburg) eingesetzte Potsdamer Torhüterin Nadine Angerer wirkte in ihrem 38. Länderspiel nicht so souverän wie gewohnt.
Neid reagierte in der Halbzeit auf die wenig durchschlagskräftigen Angriffsbemühungen des Weltmeisters und belebte mit der Einwechslung von Offensivkraft Sandra Smisek (Frankfurt) das deutsche Spiel. Ihre Vereinskollegin Kerstin Garefrekes hatte binnen fünf Minuten zweimal die Führung vor Augen, setzte ihre Kopfbälle (47./51.) aber knapp neben das Tor der Gäste. Doch mit einem direkt verwandelten Eckball hebelte Bai Lili die deutsche Abwehr erfolgreich aus. Auch ein folgender Angriffswirbel der Neid-Equipe mit Chancen von Prinz (66./75.) und Smisek (83., 84.) hatte keinen Erfolg mehr.
Ganze Arbeit hatten mehrere Stunden vor dem Anpfiff indes 70 Helfer geleistet, die den schneebedeckten Platz freigeschaufelt hatten und so den Anpfiff ermöglichten. Dass der Frauenfußball mittlerweile ein hohes Ansehen genießt, wurde nicht nur anhand der Rekordkulisse sichtbar. Die Stadt Homburg/Saar hatte wegen des Länderspiels ihr traditionelles Heringsessen am Aschermittwoch um eine Woche verlegt.
Beim hochkarätig besetzten Algarve-Cup trifft die DFB-Elf in der Vorrunde in Lagos auf Finnland (9. März) und Vize-Weltmeister Schweden (11. März) sowie in Albufeira auf den EM-Zweiten Norwegen (13. März). Das erste von fünf noch ausstehenden Qualifikationsspielen für die WM 2007 bestreitet der Titelverteidiger am 10. Mai in Cottbus gegen Irland. Mit der Maximalausbeute von neun Punkten aus bisher drei Partien führt das Neid-Team die Tabelle souverän an.