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BL 3 NR: Interview mit Volker Knappheide (Trainer SuS Niederbonsfeld)
"Bei Kuranyi kriege ich das kalte Kotzen"

BL 3 NR: Interview mit Volker Knappheide (SuS Niederbonsfeld)
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Der Aufstieg hat sie selbst ein wenig überrascht in Niederbonsfeld. Doch was bleibt einem übrig - ohne Geld, ohne neue Spieler, dafür mit der Überraschungs-Truppe und jeder Menge Optimismus wagen die Hattinger derzeit das Abenteuer Bezirksliga. Bislang nur leider ohne allzu viel Erfolg, der Aufsteiger ist Schlusslicht und man fragt sich: Kam der Erfolg einfach zu früh? Trainer Volker Knappheide erläutert, was das alles mit weißen Ballerina-Schuhen, Kevin Kuranyi und den Altintop-Brüdern zu tun hat. Und natürlich, wie der Klub den Klassenerhalt doch noch packt.

Acht Spiele, drei Punkte, kein Sieg, Tabellenletzter. Die Zwischenbilanz fällt ziemlich freudlos aus...

Ja klar, die Tabelle spricht Bände. Dennoch haben wir eigentlich ordentlich gespielt, erst zwei Mal verdient verloren: Gleich das erste Match gegen Tönisheide und dann gegen Freisenbruch. Beim Rest war es eigentlich immer verdammt knapp. Obwohl natürlich nicht nur Fortune fehlt, sondern das auch eine Sache der Konzentration ist. Wenn man aber in der 93. Minute den Gnadenstoß bekommt wie beim 2:2-Ausgleich vom SV Kray am Wochenende, liegen die Jungs natürlich am Boden und glauben, Fußball sei vielleicht doch die verkehrte Sportart.

Also machen nur Kleinigkeiten den Unterschied, oder muss man generell die Qualität in Frage stellen?

Die Sache ist einfach, dass wir keinen Privatsponsor haben wie andere. Deshalb konnten wir uns im Sommer auch keine Verstärkungen leisten, haben nur Jungs aus dem eigenen Nachwuchs hochgeholt. Der Verein spielt komplett ohne Geld, mit Spielern, die Lust und Spaß daran haben, vielleicht auch zusammen groß geworden sind. Wenn man an die Leistungsgrenze geht, Lauf- und Kampfbereitschaft zeigt, dann kann man vieles kompensieren. Jetzt müssen wir eben etwas Lehrgeld zahlen und bei dem ein oder anderen auch einsehen, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Da fehlt auch einfach der Hintergrund einer richtigen Ausbildung.

Die Spieler haben aber schon die Jugendmannschaften durchlaufen?

Ja klar, aber alles auf dem unteren Leistungsniveau, wo der Vater oder Opa die mal trainiert hat. Zudem haben wir in der Vorsaison stark von Frank Krüger profitiert, der ja schon Oberliga-Erfahrung sammeln konnte. Da waren die Dinger oft so gut vorbereitet, dass im Fünf-Meter-Raum nur noch jemand die Innenseite reinhalten musste. Ich habe aber Verständnis dafür, dass jemand nach dem Aufstieg die Schuhe an den Nagel hängen will.

Kam der Aufstieg vielleicht einfach zu früh?

Das kann man so nicht sagen, schließlich sind Fußballer keine Maschinen. Die kannst Du nicht auf 'High' oder 'Low' stellen, bei Sportlern geht das eben nicht, da musst Du alles nehmen wie es kommt. Ich selber hatte ja das Glück, selbst in den Profi-Bereich reinzuschnuppern und arbeite auch in einem Nachwuchszentrum, wo ich versuche, junge Spieler an die Bundesliga ranzuführen. Das ist auch in der Bezirksliga nicht anders.

Ein interessanter Spagat. Gibt es denn Erkenntnisse, die sie aus ihrer Arbeit an ihre Jungs in Niederbonsfeld weitergeben können?

Es gibt im Profibereich ganz unterschiedliche Typen. Heutzutage ist es im A-Jugend-Bereich aber oft so, dass die Spieler mehr darauf achten, wie ihre Haare sitzen und in weiße Ballerina-Schuhe investieren, statt den Ball mal flach zu halten und mit schwarzen Schuhen aufzulaufen. Viele überschätzen sich einfach unheimlich schnell. Ich habe, auch gemeinsam mit Frank Kontny, in den letzten Jahren rund 20 Spieler in den Bundesliga-Bereich geführt. Wie zum Beispiel Baris Özbek, Sercan Calik, Moritz Stoppelkamp oder die Altintop-Brüder. Die haben sogar dem Platzwart bei seiner Arbeit geholfen und sind auf dem Boden geblieben. Andere meinen dann irgendwann, sie hätten den Fußball erfunden, im Endeffekt schafft es aber auch nur die Crème de la Crème dieser talentierten Jungs in den Profi-Bereich. Das gebe ich meinen Spielern dann mit auf den Weg. Wenn ich mir hingegen einen Kevin Kuranyi anschaue, der seine ganze Karriere wegwirft, nur weil er beleidigt ist, kriege ich das kalte Kotzen. Was soll ich denn da meinen Leuten erzählen, die auf der Bank sitzen oder gar nicht mit dabei sind?

Also Teamwork und harte Arbeit als Erfolgsrezept. Kann alleine mit diesen Mitteln der Klassenerhalt gelingen?

Es wäre ja fatal, wenn ich sagen würde: Wir schaffen das nicht. In jedem Fall werden wir bis zum Schluss alles in die Waagschale werfen. Als es noch gut lief und überall die Schulterklopfer standen, war es leicht, aber jetzt zeigt sich der wahre Charakter. Wir müssen ganz einfach zusehen, bis zum Winter 17, 18 Punkte einzufahren. Dann sind wir in der Liga angekommen und können uns auch noch mal nach der ein oder anderen Verstärkung umsehen. Obwohl 90 Prozent aller Mannschaften einen Privatsponsor haben und mehr Geld als wir zur Verfügung stehen haben, sind wir trotzdem noch nicht abgeschlachtet worden.

Schauen Sie manchmal etwas neidisch auf die anderen Klubs?

Ich denke, wenn jemand, der noch nicht einmal 50 Meter unfallfrei geradeaus laufen kann und in der Bezirksliga noch Geld verdienen möchte, im Fußball einfach falsch aufgehoben ist. Das sollte in diesen Ligen einfach ein Hobby und die schönste Nebensache sein, wo man sich voll auskotzen kann und als Mannschaft Erfolge feiert.

Wenn der Erfolg dauerhaft ausbleibt, macht es aber auch keinen Spaß. Streben Sie als Trainer nach Höherem?

Ich werde sicher nicht immer in Bonsfeld bleiben, das werden die Spieler aber auch nicht. Wobei es ja nicht heißen muss, dass ein guter Fußballer auch ein guter Trainer ist. Den Reformen, die Matthias Sammer auf den Weg gebracht hat, zufolge habe ich jetzt erstmal meine C-Lizenz erneuert und werde alles dafür tun, dass wir die Klasse halten. Wenn wir es am Ende aber doch nicht schaffen, wird auch niemandem der Kopf abgerissen.

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