Mit einer Niederlage kann der Worst Case bereits heute Abend eintreten – doch selbst wenn Schalke 04 bei Arminia Bielefeld (20.30 Uhr/Sky) den vierten Bundesliga-Abstieg in seiner Vereinsgeschichte noch einmal hinauszögern kann, dürfte es an den danach verbleibenden vier Spieltagen noch dazu kommen. Für Norbert Nigbur ist der bevorstehende Sturz in die Zweitklassigkeit hausgemacht. „Schalke ist schon im Jahr der Vizemeisterschaft abgestiegen, nicht erst in dieser Saison“, sagt der Schalker Jahrhundert-Torwart im Gespräch mit der WAZ. Aus dem zweiten Platz in der Saison 2017/18 hätten die Verantwortlichen „die falschen Schlüsse“ gezogen.
Der 73 Jahre alte Nigbur, der 1981 den ersten Abstieg der Schalker aus der Bundesliga miterlebte, sieht für die desaströse Entwicklung der vergangenen Jahre vor allem einen Grund. Ihm fehlt: „Die sportliche Kompetenz.“ Nigbur erklärt: „Schalke hatte Huub Stevens, aber er allein konnte das ja auch nicht richten. Ein erfolgreicher Verein muss eine wirtschaftliche und eine sportliche Macht darstellen. Und in einen Sportvorstand, der über diese Geschicke entscheidet, gehören Leute, die davon Ahnung haben. Ich kann doch auch nicht Anwalt in einer Kanzlei werden, wenn ich aber einen Handwerksberuf erlernt habe.“
Der Verein habe in der Vergangenheit stets den Fehler gemacht, verdienstvolle Profis mit ausreichend Know-how links liegen gelassen zu haben. „Schalke hat so viel Potenzial an guten ehemaligen Spielern. Ich kenne Olaf Thon gut: Er hat jetzt wieder seine Hilfe angeboten, die hat man aber abgelehnt. Ein Weltmeister – da würden sich andere Klubs die Finger nach lecken.“ Nigbur belegt seine These, dass der Abstieg ein schleichender und vor Jahren bereits in Gang gesetzter Prozess war, so: „Das ist auch kein akutes Problem, das war schon vorher der Fall. Rudi Assauer duldete keinen neben sich. Dann kam Clemens Tönnies, der nicht mehr da ist, aber es sicher gut gemeint hat. Trotzdem: Es war nie ein Unterbau an Kompetenz da. Das ganze Gebilde musste irgendwann mal zusammenbrechen.“
Ein schwerwiegender Fehler sei es auch gewesen, sich zu Beginn der Spielzeit 2017/18 Benedikt Höwedes getrennt zu haben. Der Weltmeister von 2014 war von Trainer Domenico als Kapitän abgesetzt und auch in der Startelf nicht mehr berücksichtigt worden. Nigbur: „Höwedes, eine Kultfigur. Ein Trainer, der mit Stars nicht klarkommt, ist für mich kein guter Trainer. So viel Glück kann man eigentlich nicht haben, um dann noch Vizemeister zu werden.“
Nun steht also der Abstieg bevor. Und Nigbur macht sich Sorgen um seinen Klub, für den er 455 Mal spielte: „Schalke hat einen schweren Gang vor sich, wird der Schalter nicht umgelegt.“ Dem neuen Sportvorstand Peter Knäbel und Trainer Dimitrios Grammozis wünscht er ein glückliches Händchen: „Wichtig ist, dass Schalke sich Kompetenz verschafft. Die Strukturen haben lange nicht gestimmt, um dann die Mannschaft zu planen und die Fehler abzustellen. Sonst fängt der gleiche Mist wieder von vorne an. Ein Trainer ist dabei wichtig, aber nicht das Entscheidende. In der neuen Saison brauche ich eine Mannschaft, in der sich jeder den Hintern aufreißt. Denn: Keiner will Schalke in der Zweiten Liga haben.“