Am Freitag war es mal wieder soweit. Im Heimspiel gegen Giresunspor kassierte Eskisehirspor eine 0:5-Klatsche. Nichts ungewöhnliches für die Fans des einstigen anatolischen Vorzeigeklubs. In den letzten 42 Spielen gab es schließlich nur einen einzigen Sieg. Doch wer ist dieser Verein eigentlich, der wegen seiner langen Misserfolgsserie auch in türkischen Medien bereits mit dem FC Schalke 04 verglichen wird?
Eskisehirspor ist der Fußballstolz Anatoliens. Als erster Verein aus dieser Region der Türkei gelang es den 1965 aus drei lokalen Vereinen gegründeten „Roten Blitzen“ Ende der 1960er Jahre in die Phalanx der Istanbuler Vereine Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray einzudringen. Zu Beginn der 1970er Jahre wurde der Verein dreimal türkischer Vizemeister und gewann 1971 den türkischen Pokal.
Bekannt und in der ganzen Türkei geachtet ist der Verein bis heute auch wegen seiner enthusiastischen Fans. Die Gruppe „Bando ESES“ ist Kennern des türkischen Fußballs auch von den Länderspielen der türkischen Nationalmannschaft bekannt. Sie wurde 2016 sogar vom Verband zur Europameisterschaft nach Frankreich eingeladen und sorgt mit Trompeten und Trommeln für ein einzigartiges Flair im Stadion von Eskisehir. Und doch wurde im Management in den letzten Jahren so viel falsch gemacht, was den Verein inzwischen an den Rand des Ruins gerieben hat.
Nach einer langen Durststrecke stieg der Verein 2008 wieder in die höchste türkische Spielklasse auf. Der damalige Präsident Halil Ünal träumte von Europa und verpflichtete Spieler wie Altnationalspieler Semih Sentürk und 2011 auch Dedé von Borussia Dortmund. Trainer war seinerzeit der Ex-BVB-Coach Michael Skibbe. Der sportliche Erfolg blieb aus, Gehälter von Trainern und Spielern wurden nicht oder nur teilweise bezahlt. 2016 folgte der erneute Abstieg. Mit dem Abstieg zog der Verein in seine am Stadtrand neu gebaute 35.000 Zuschauer fassende moderne Arena um.
Danach setzte der Verein für den sofortigen Wiederaufstieg alles auf eine Karte und gab erneut viel Geld aus, das er nicht hatte. Im alles entscheidenden Aufstiegsspiel führte man bis in die Nachspielzeit und fing sich dann den Ausgleich. Das Elfmeterschießen wurde verloren, stattdessen stieg der Klub Göztepe aus Izmir auf. Aufgrund fehlender Einnahmen und dem dramatischen Kursverlust der türkischen Lira konnten die ca. 30 Millionen Euro Schulden nicht mehr beglichen werden. Spieler und Offizielle klagten ihr Geld ein. Zuletzt durfte auch noch Ex-Nationalspieler David Odonkor als Co-Trainer und sportlicher Leiter für einige Wochen Arbeit 50.000 Euro einstreichen. Zugestanden hätten ihm sogar ca. 180.000 Euro für zwei Jahre. Das berichtet die Zeitung „Anadolu Gazetesi“. Sein Zweijahresvertrag wurde bereits nach wenigen Monaten wieder aufgelöst, als es wieder einmal einen Wechsel in der Führungsetage gab. Ständige Wechsel im Präsidentenamt standen in den letzten Jahren an der Tagesordnung.
Es hagelte aufgrund der nicht beglichenen Schulden Punktabzüge. Seit einigen Jahren darf der Verein zudem keine Spieler mehr verpflichten. Bereits im letzten Jahr wäre der Verein in die dritte Liga abgestürzt – aufgrund des Saisonabbruchs wegen der Corona-Pandemie durfte „Es-Es“ nochmal in der zweiten Liga antreten. Dort ist man mit einem immer mehr ausgedünnten Team aus Jugendspielern jedoch chancenlos. In den letzten 41 Spielen gelang genau ein Sieg. Anfang März beim 2:1 gegen Bandirmaspor. Die Schulden konnten zwar inzwischen – auch durch Transfererlöse - um wenige Millionen Euro reduziert werden, der Abstieg in die Drittklassigkeit ist aber längst besiegelt. Das aktuelle Management versucht, den wirtschaftlichen und sportlichen Schaden zu kitten. Doch das wird Jahre dauern. Das einzige, worauf sich der Verein weiterhin verlassen kann, sind seine Fans. Selbst zu den traurigsten Zweitligakicks kamen mehrere tausend Zuschauer. Und das, obwohl den Vereinen in der Türkei seit Jahren – außer bei den drei großen Istanbuler Klubs und Trabzonspor - die Fans weglaufen. Doch die konnten bekanntermaßen, wie in Deutschland auch, seit mehr als einem Jahr nicht mehr helfen.
Parallelen zum FC Schalke 04 sind also da, aber abseits der aktuellen gemeinsamen sportlichen Misserfolgsserien sind die Voraussetzungen der Vereine dann doch grundverschieden.