Zwei Minuten mussten die Essener zittern. Gerade hatte Simon Engelmann mit seinem Treffer für Ekstase gesorgt. Jubelstürme auf Seiten der Essener. Da musste Schiedsrichter Daniel Schlager den Videobeweis bemühen. Erstmals übrigens bei einem Spiel von Rot-Weiss Essen. Felix Herzenbruch hatte am Trikot von Leverkusens Jeremie Frimpong gezupft. Doch dann fiel die Entscheidung: Das Tor zählt. Rot-Weiss Essen schafft die Mega-Sensation und zieht ins Viertelfinale des DFB-Pokal ein.
Aber der Reihe nach: Nach 1981 (4:1) ,1995 (5:8 n.E.) und 2002 (0:1) traf Rot-Weiss Essen am Dienstag bereits zum vierten Mal in der DFB-Pokal-Geschichte auf den Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen. Die Favoritenrolle war klar verteilt: Auch wenn RWE seit dem 01.02.2020 (0:2 gegen Rödinghausen) kein Spiel mehr verlor und mit Bielefeld und Düsseldorf bereits zwei höherklassige Vereine aus dem Wettbewerb kegelte, war der Regionalligist gegen das Bundesliga-Spitzenteam aus Leverkusen der Außenseiter. RWE-Trainer Christian Neidhart änderte seine Elf im Vergleich zum 2:0-Sieg gegen den Bonner SC auf zwei Positionen. Felix Herzenbruch und Amara Condé ersetzten Oguzhan Kefkir und Cedric Harenbrock.
Großer Kampf - Zur Pause steht es 0:0!
Die Leverkusener nahmen direkt zu Beginn das Zepter in die Hand. Nach drei Minuten hatte Innenverteidiger Edmond Tapsoba, der seinen 22. Geburtstag feierte, den ersten Torschuss, als er Daniel Davari aus über 30 Metern prüfte. Fünf Minuten später war Davari dann erneut gegen einen Abschluss von Lucas Alario zur Stelle und parierte stark. In den folgenden Minuten stand RWE in der Defensive sicher und schaffte es auch immer wieder für Entlastung zu sorgen, ohne das Gehäuse von Lukas Hradecky aber ernsthaft zu gefährden. Eine dicke Möglichkeit hatte Bayer 04 in der 24. Minuten, als Schick per Kopf den Pfosten traf. Glück für Rot-Weiss! Auch Charles Aranguiz konnte eine gute Chance nicht nutzen (28.) und scheiterte am glänzend aufgelegten Davari.
Zehn Minuten vor dem Halbzeitpfiff forderten die Essener dann Elfmeter, nachdem Kevin Grund zu Fall kam. Der Videoschiedsrichter beließ es aber bei der Entscheidung: Kein Strafstoß für den Regionalligisten.Da hatten die Essener Pech. Auch als Simon Engelmann bei einem Konter auf Höhe der Mitellinie festgehalten wurde, blieb die Pfeife von Daniel Schlager stumm. In der 38. Minute hatte die Neidhart-Elf dann eine gute Möglichkeit zur Pausenführung. Der Ball landete über Isaiah Young und Simon Engelmann bei Kapitän Marco Kehl-Gómez, der das Ziel nur knapp verfehlte. Was Bayer Leverkusen für eine Qualität besitzt, zeigte sich auch an der Reservebank. Für den verletzten Karim Bellarabi wechselte Peter Bosz mit Moussa Diaby einen der besten Flügelspieler der Bundesliga ein. Kurz vor dem Halbzeitpfiff hatte Diaby dann direkt seine erste Torchance.
Mit viel Leidenschaft und Kampf gelang RWE der erste Teilerfolg: Ein 0:0 zur Pause.
RWE kämpft sich in die Verlängerung
Unmittelbar nach der Pause war es erneut Diaby, der zum Schuss kam, aber nur den Pfosten traf. Zwei Minuten später scheiterte Tapsoba per Kopf an Davari. Auch RWE meldete sich offensiv an: Dennis Grote schoss aus 20 Metern aber deutlich drüber. Nach einer Stunde prüfte Bailey Davari, konnte den starken Essener Keeper aber nicht überwinden. Leverkusen hielt den Druck weiter hoch, spielte sehr offensiv, musste aber bis zur 89. Minute bis zur nächsten dicken Chancen warten, als erst Diaby und dann Aranguiz den Pfosten trafen. Im Gegenzug hatten dann Sandro Plechaty und Oguzhan Kefkir zwei Chancen zum Last-Minute-Sieg. Damit war klar: Die ungeschlagene Serie von RWE nach 90 Minuten hält auch gegen Bayer 04 Leverkusen. Bei einem Ligaspiel hätte Rot-Weiss dem übermächtigen Gegner ein Remis abgeknöpft.
In der 101. Minute hätte RWE in Führung gehen können. Der eingewechselte Jonas Hildebrandt war beim Konter frei durch, verstolperte aber den Ball und konnte nicht zum Abschluss kommen. Das rächte sich: Bailey erzielte fast mit dem Verlängerungs-Pausenpfiff aus kurzer Distanz das 1:0 für Bayer 04. Essens "Quarterback", wie ihn Ex-Trainer Christian Titz einst taufte, Dennis Grote hatte das Abseits aufgehoben.
Die Essener gaben nicht auf und das wurde belohnt: Marcel Platzek schoss aus der Distanz, Hradecky konnte nur abwehren und Oguzhan Kefkir stand goldrichtig und erzielte den 1:1-Ausgleich. (109.). RWE hatte Blut geleckt und durch Cedric Harenbrock (113.) die Möglichkeit zum 2:1. Der Goalgetter machte es dann besser: Simon Engelmann traf aus kurzer Distanz zum 2:1 für RWE. Das Tor wurde kontrolliert, zählte aber. Rot-Weiss Essen steht im Viertelfinale!
Eine Sache war nach dem Pokal-Fight klar: Die Spieler haben die Fans von Rot-Weiss Essen stolz gemacht. Wohl noch stolzer als 1995. Und mit diesem Erfolg geht es am Samstag ins Regionalliga-Top-Spiel gegen Borussia Dortmund II.
Viertelfinal-Paarungen werden am Sonntag ausgelost
Die Viertelfinal-Paarungen werden am Sonntag, den 7. Februar live in der ARD-Sportschau (ab 18.30 Uhr) ausgelost. Ausgetragen wird das Viertelfinale des DFB-Pokals am 2. und 3. März 2021
So spielten Rot-Weiss Essen und Bayer 04 Leverkusen:
RWE: Davari, Plechaty, Heber, Hahn, Grote, Herzenbruch, Kehl-Gómez, Condé, Young, Engelmann, Grund
Leverkusen: Hradecky, Fosu-Mensah, Tapsoba, Dragovic, Aranguiz, Palacios, Demirbay, Bailey, Bellarabi, Alario, Schick
Tore: 0:1 Bailey (105.). 1:1 Kefkir (109.), 2:1 Engelmann (117.).