Der frühere Fußballmanager Reiner Calmund kämpft seit fast 50 Jahren mit den Kilos. In „Hirschhausens Sprechstunde“ zum Thema Übergewicht erzählt er am 11. Januar 2021 (20.15 bis 21 Uhr im WDR Fernsehen und danach jederzeit in der ARD-Mediathek) unter anderem von seiner Magenbypass-Operation: Wir sprachen vor der Ausstrahlung mit dem ehemaligen Manager von Bayer Leverkusen - auch über den FC Schalke.
Reiner Calmund, Ihr Ex-Klub Bayer Leverkusen kämpft um den Titel. Glauben Sie, dass Bayer in diesem Jahr die Bayern ärgern kann? Die Aussage zum Jahresende von Bayers Vereins-Chef Fernando Carro, die Fußballgeschichte schulde Bayer Leverkusen noch einen Meistertitel, ging mir runter wie Öl. Ich kann mich noch sehr gut an die vielen verpassten Titel erinnern. Es war oft knapp, dabei haben wir uns nie über Verletzungspech, unglückliche Schiri-Entscheidungen etc. beschwert. Dass man bei Bayer 04 nach einer sehr guten Hinrunde mit einem Punkt Rückstand auf die Bayern optimistisch war, fand ich absolut nachvollziehbar. Doch die Realität zeigt, wie schwer das ist. Leverkusen ging ja nicht nur ohne Kai Havertz und Kevin Volland in die Saison, die im vergangenen Jahr gemeinsam 30 Bundesliga-Tore erzielten. Hinzu kam, dass mit Santiago Arias (Kolumbien), Palacios (Argentinien), Paulinho (Brasilien) und Kapitän Charles Aranguiz (Chile) vier südamerikanische Nationalspieler wegen schwerer Verletzungen nicht zur Verfügung standen und auch noch lange nicht zur Verfügung stehen werden. Die Aussage der beiden Zwillingsbrüder Lars und Sven Bender, ihre Karriere als Leistungsträger wegen den vielen schmerzhaften Verletzungen im Sommer zu beenden, ist auch nicht so einfach wegzustecken. Aufgrund dieser Situation wäre ich mit einer Champions-League-Qualifikation zufrieden. Am Tabellenende steht der FC Schalke. Glauben Sie, dass Schalke sich noch retten kann? Obwohl es sich nach einem lauten Pfeifen im Walde anhört, sehe ich als langjähriger Schalke-Fan nach wie vor noch eine Chance auf den Klassenerhalt. Natürlich nagt die Bilanz von bisher 14 sieglosen Bundesligaspielen in dieser Saison am Selbstvertrauen der Spieler, Trainer, Manager und vielen Beteiligten im Umfeld. Wenn ich aber die personelle Besetzung der Schalker analysiere, sehe ich bei mehr als zehn Spielern und auch im Management Bundesliga-Niveau. Wichtig ist, dass es bei den restlichen 20 Bundesliga-Partien konzentriert mit Teamgeist und ohne negative Nebengeräusche zur Sache geht. Unklar ist mir, warum man das Hilfsangebot von Clemens Tönnies nicht angenommen hat. Die beiden Tönnies-Brüder, Bernd bis zu seinem frühen Tod und dann Clemens, unterstützen den Verein seit knapp 30 Jahren. Clemens Tönnies erklärte mir in den letzten Tagen, dass ihm ein "Zweizeiler" der Vereinsführung mit der Bitte um Unterstützung gereicht hätte, damit sich sein Klub noch auf 2-3 Positionen gezielt hätte verstärken können.
Wie erleben Sie derzeit die Corona-Pandemie und glauben Sie, dass sie den Fußball nachhaltig verändern wird? Zunächst einmal steht auch für mich als absolut Fußballbekloppter die Gesundheit aller an erster Stelle. Ich hoffe, dass wir durch einen disziplinierteren Lockdown, flächendeckende Impfungen und den dann folgenden Sommer-Monaten wieder zur mehr Normalität kommen. Der Fußball wird sich dann auch wieder erholen.
Apropos Gesundheit: Sie haben sehr viel Gewinnt verloren nach ihrer Magenbypass-Operation. Wie geht es Ihnen heute?
Früher war nach zehn Metern Schnappatmung angesagt, heute kann ich mich wieder bewegen. Und ich kann das Essen genießen. Ohne zu hungern, ohne zu leiden. Das ist ein fantastisches Gefühl.“
Haben Sie eine neue Sicht der Dinge beim Thema Essen bekommen?
Es ist absurd, dass ungefähr zwei Milliarden Menschen auf diesem Planeten mit Übergewicht zu tun haben und eine knappe Milliarde hungert. Das passt nicht zusammen. Das Essen auf einer endlichen Erde ist nur endlich verteilbar. Aber wir könnten es fairer verteilen, zum Wohle aller.“
TV-Hinweis: Reiner Calmund spricht in „Hirschhausens Sprechstunde“ auch über seine zahlreichen erfolglosen Diätversuche: Ob Schrotkur, Fastenkur, Trennkost oder Nulldiät, nichts führte bei ihm zu einem langfristigen Erfolg. Bei 172 kg zog er die Reißleine: „Bei einer Reise vor der Corona-Pandemie haben sie mich am Flughafen in San Diego in den Rollstuhl gesetzt. Da wusste ich: Du musst jetzt endlich was tun!“