Während ab der Oberliga deutschlandweit nichts mehr geht, darf die Regionalliga West, die von den Statuten her immer noch eine Amateurliga ist, ihre Saison fortsetzen. Trotz des Lockdowns. RevierSport fragte bei einigen Amateur-Vertretern aus dem Ruhrgebiet nach, wie sie denn zu der Entscheidung pro Regionalliga West stehen.
Christian Pozo y Tamayo, Sportlicher Leiter der SG Wattenscheid 09 (Oberliga):
"Wenn man die Spielergehälter in der Regionalliga zugrunde legt, dann reden wir ganz klar über Profifußball. Viele, wenn nicht die meisten Spieler, verdienen entweder ihren Lebensunterhalt oder bestreiten zumindest einen großen Teil davon mit Fußball. Das war in der Vergangenheit in Wattenscheid nicht anders. Das Hilfspaket vom Land sollte für die Klubs hilfreich sein. Ich hoffe, dass aber auch die anderen Klubs unterhalb der 4. Liga nicht in Vergessenheit geraten. Bedenklich finde ich, dass keine regelmäßigen Testungen vorgeschrieben sind. Wir haben selbst erlebt, wie schnell sich das Virus in einer Mannschaft ausbreiten kann. Hier sehe ich ein großes Risiko für die Beteiligten und deren Familien. Da muss nachgebessert werden."
Christian Knappmann, Trainer des SC Westfalia Herne (Oberliga):
"Ich freue mich sehr für die Regionalligisten der West-Staffel, dass sie weiter spielen können. Diese Entscheidung ist für meine Begriffe absolut richtig. Trotzdem stellen sich nun Fragen in Bezug auf den angeblichen Gesundheitsschutz, der ja durch Hygienekonzepte, mit Schwerpunkt auf regelmäßigem Testen, in den ersten drei Profiligen gesichert werden sollte. Das Testen war der Grund dafür, warum Vereine wie der MSV Duisburg, der FC Bayern München oder der VfL Osnabrück spielen durften und wir, also Westfalia Herne, nicht. Dieses Testen scheint nun obsolet zu sein, was allerdings die Frage aufwirft: welche Parameter Vereine wie der VfB Homberg, RW Essen, Bergisch Gladbach usw. in Bezug auf den Gesundheitsschutz und zur Eindämmung der Pandemie von uns unterscheiden? Diese Frage muss man stellen dürfen und diese bedarf einer Erklärung, welche in Bezug auf die Gesundheit einen kausalen Zusammenhang besitzt. Wenn man der aktuellen Argumentation des Verbandes folgt, können Spieler, Trainer und Funktionäre der Regionalliga West nicht infektiös werden. Wir aus der Oberliga Westfalen und der ganze Rest schon. Der Unterschied in Bezug auf die Gesundheit darf sich nicht ausschließlich auf die Ligazugehörigkeit beziehen, denn diese biete ja keinen Infektionsschutz."
Ahmet Inal, Trainer YEG Hassel (Westfalenliga):
"Ich verstehe es generell nicht, wieso Kinder in Kitas dürfen, Schüler in die Schule gehen, Fußball nun bis zur Regionalliga gespielt werden darf, aber der Amateursport stillgelegt wird. Was sind die Gründe für so ein Handeln? Wieso muss der Amateurfußball so konsequent drunter leiden. Nach welchen Gründen wird hier gemessen? Ist deren Gesundheit weniger wichtig als unsere oder ist die Ansteckungsgefahr bei uns höher? Man sagt doch, dass die Gefahr draußen an der frischen Luft sehr, sehr gering ist. Ich habe es Woche für Woche selbst gesehen, dass die Amateurvereine sich sehr strikt an die Hygienevorschriften gehalten haben. Der Lockdown ist für alle Amateursportler ein Schlag ins Gesicht. Wenn ich sehe, dass die Oberliga acht Spiele im Monat Oktober bestritt und die Vereine vor so eine Herausforderung - körperlich wie auch finanziell - gestellt werden und das Ganze mitmachen und plötzlich wieder diejenigen sind auf denen alles lastet, das kann ich bei allem Respekt nicht nachvollziehen. Ich verstehe, dass es für die Landesregierung, die Verbände schwer ist. Aber durch so ein Handeln wird alles noch viel komplizierter."
Thomas Falkowski, Trainer des SV Sodingen (Westfalenliga):
"Das wichtigste ist die Gesundheit und wenn die Bundesregierung und der Verband entscheiden, dass die Saison unterbrochen wird aufgrund der Gefahrenlage, dann muss man das akzeptieren und respektieren. Sicherlich kann ich es verstehen, dass die Regionalliga zur Hälfte auch eine Profiliga ist und dass es da um Jobs geht. Aber auch in unteren Ligen gibt es z.B. viele Studenten, die auch auf Aufwandsentschädigungen angewiesen sind. Von daher kann ich es auf der einen Seite verstehen, aber auf der anderen Seite nicht, weil es ja am Ende des Tages um die Gesundheit geht und in der Regionalliga West, wie ich gelesen habe, nicht getestet wird. Da fragt man sich ja dann auch, wieso dürfen die spielen und die anderen nicht? Aber uns bleibt nichts anderes übrig als die Entscheidung zu akzeptieren und zu hoffen, dass die Infektionszahlen geringer werden und wir bald dann auch wieder spielen dürfen."
Sven Schützek, Trainer des SV Hönnepel-Niedermörmter (Landesliga):
"Mit dieser Entscheidung ist jetzt völlig klar, dass die Regionalliga eine Profi-Liga ist. Leider haben hier nicht alle die gleichen Voraussetzungen. Aber das macht auch den Reiz des Ganzen aus. Man kann nur hoffen, dass alle gesund bleiben. Wie das ohne Testungen klappen soll, bleibt mit ein Rätsel."
Issam Said, Trainer des VfB Frohnhausen (Landesliga):
"Ich finde es schade, dass es überhaupt zum Lockdown kommen musste. Ich denke, dass hier der Ansatz völlig verkehrt war. Warum fängt man wieder bei uns kleinen Leuten an und sperrt uns ein? Mittlerweile ist der Sport in Deutschland, wenn du damit nicht deine Brötchen verdienst, Mord in den Augen der Politiker. Den Politikern würde auch mal gut tun, an der frischen Luft Sport zu treiben, um zu sehen wie wichtig Bewegung für den menschlichen Körper und deren Geist ist. Dass die Regionalliga West weiter spielen darf, ist eigentlich nur eine Reaktion auf das, was die Politiker gerade verbockt haben. Ich glaube, wenn die die Liga beendet hätten, dann wäre das Geschrei wieder zu groß für sie gewesen. Uns kleine Vereine können sie schikanieren, wie sie wollen. Uns hört ja sowieso niemand. Auf der einen Seite finde ich es in Ordnung, wenn die Regionalliga weiterspielt. Viele Verein arbeiten dort unter Profi-Verhältnissen und es geht auch in der 4. Liga schon um viel Geld. Auf der anderen Seite ärgere ich mich sehr. Denn es ist eine Bankrotterklärung der Politik an uns malochendem Volk, das tagtäglich und ehrenamtlich Kinder und Jugendliche in Vereinen dazu bewegt, Sport zu treiben. Wir holen die Jungs und Mädels ja auch von der Straße oder der Playstation weg, damit die Jugendlichen nicht verblöden. Was sollen Sie jetzt machen? In die Schule gehen und danach wahrscheinlich stundenlang Playstation spielen."
Dietmar Krause, Trainer der DJK Dellwig 1910 (Kreisliga A):
"Wenn die Hygieneregeln eingehalten werden können, ist das für mich akzeptabel. Es gibt aber in dieser Zeit wichtigeres als ein Fußballspiel. Es kämpfen beispielsweise viele Gastronomen um ihre Existenz, obwohl sie die Hygieneregeln pflichtbewusst umgesetzt und nachgebessert haben. Da muss von der Politik eine Lösung her."
Oliver Kuhn, Vorsitzender der SSVg Velbert (Oberliga):
"Es ist eine schwierige Konstellation. Dem Grunde nach ist die Regionalliga eine Amateurliga. Einige Vereine pflegen aber professionelle Strukturen. Nun wird diese Liga als Profiliga eingestuft. Dann sollte fortan der Solidaritätsgedanke der DFL bzw. des DFB aber auch soweit gehen, dass die TV-Gelder auch bis in die unterste Profiliga, die Regionalliga, verteilt werden."