Geisterspiele also. So soll die Saison auch in der 2. Bundesliga zu Ende gebracht werden. Für die Vereine ist dies eine ganz neue Situation, der Spielbetrieb ruht seit Wochen. Sebastian Schindzielorz, Sportvorstand beim VfL Bochum, erklärt gegenüber RevierSport seine Sicht auf die Geisterspiele. Und erläutert, wie sich der VfL auf den nächsten Gegner und die kommenden Aufgaben vorbereitet.
In wenigen Tagen stehen die ersten Geisterspiele an, Bochum trifft auf den 1. FC Heidenheim. Ist es für Sie die richtige Entscheidung, dass die Saison fortgesetzt wird?
Sebastian Schindzielorz: Spiele ohne Zuschauer sind nicht das, was Fußballliebhaber wollen. Allerdings stehen wir vor einer noch nie da gewesenen globalen Herausforderung, die massive Folgen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene hat. Wir haben eine Dynamik in der Entwicklung erlebt, die wir in dieser Form kaum erwartet haben. Nun gilt es, angemessen damit umzugehen. Es wird derzeit von allen einerseits sehr viel Disziplin verlangt, gleichbedeutend mit Verzicht. Andererseits muss auch die Bereitschaft zu einer gewissen Flexibilität da sein, man muss die Dinge teilweise so annehmen, wie sie sind. Und unter ganz vielen Gesichtspunkten ist die Bereitschaft zur Fortsetzung der Bundesliga und 2. Bundesliga eine gute Entscheidung. Die DFL und ihre Clubs möchten das in sie gesetzte Vertrauen bestmöglich rechtfertigen.
Ein Sieg wäre wichtig. Immerhin kämpft der VfL um den Klassenerhalt. Wie bewerten Sie die aktuelle Saison? Sebastian Schindzielorz: Wir haben uns den Verlauf natürlich ganz anders vorgestellt. Aber auch in diesem Fall galt und gilt es, die Situation, so wie sie ist, anzunehmen. Weshalb wir uns schon sehr frühzeitig mit dem Thema "Abstiegskampf" auseinandergesetzt und diesen Kampf auch angenommen haben. Dennoch bleibt natürlich zu beobachten, wie die Mannschaft die Zwangspause überstanden hat. Allerdings gilt das für nahezu alle Teams.
Zum Scouting: Wie bereiten Sie sich während der Corona-Pandemie auf den ersten Gegner vor? Sebastian Schindzielorz: Da dürften auch alle in etwa auf dem gleichen Informationsstand sein. Wir können nur auf das Material zurückgreifen, was uns vor der corona-bedingten Unterbrechung zur Verfügung stand. Umgekehrt ist es allerdings auch so, Heidenheim wird in der Zwischenzeit über uns auch nicht viel mehr in Erfahrung gebracht haben. Wir haben aber einen Plan, wie wir Heidenheim schlagen wollen. Und wir haben die Absicht, dies zu tun.
Der Transfermarkt öffnet in wenigen Monaten. Sichten Sie potenzielle Zugänge derzeit über Videos und Datenbanken oder gibt es noch andere Kanäle? Sebastian Schindzielorz: Die schönste und beste Sichtung nutzt herzlich wenig, wenn nicht grundlegende Fragen geklärt sind, von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bis hin zu Fragen, ob und bis wann die Saison zu Ende gespielt werden kann oder wie man sportlich abschneidet. Natürlich sind wir vom Klassenerhalt überzeugt. Nur aufgrund dieser Überzeugung die kommende Saison zu planen, ist aber schwierig.
Wie hat sich der Beruf des Scouts in den vergangenen Jahren gewandelt? Sebastian Schindzielorz: Das Digitale hat im vergangenen Jahrzehnt natürlich zugenommen, auch die Abrufbarkeit und der Zugriff von bzw. auf Videomaterial ist durch Scouting-Plattformen deutlich einfacher geworden. Das erleichtert die Arbeit in puncto Vorauswahl. Aber am Ende sind die persönlichen Eindrücke immer noch sehr wichtig, mitunter sogar entscheidend.
Hat Corona auch finanzielle Auswirkungen auf die Scouting-Abteilung des VfL? Sebastian Schindzielorz: Die wirtschaftlichen Folgen lassen sich immer noch nicht konkret bemessen, insofern kommt die Frage zu früh.
Glauben Sie, dass sich der Fußball und besonders der Transfermarkt in den kommenden Jahren stark verändern wird? Sebastian Schindzielorz: Dass sich der Transfermarkt zunächst verändern wird, davon gegen die meisten Experten aus. Die Finanzlage wird sich global wohl nicht verbessern, weshalb der Markt diesbezüglich reagieren wird.
Schauen Sie während Corona auch auf andere Vereine? Klubs der 3. Liga trifft Corona ebenfalls hart. Sebastian Schindzielorz: Natürlich schaut man sich an, was der DFB hinsichtlich der 3. Liga plant und wie die Clubs dort mit der Situation umgehen. Es ist für alle nicht einfach und in einer Liga ohne üppige TV-Gelder sicher noch ein Stück schwieriger.