Während man am Main schon jetzt europäischen Festtagen entgegenfiebert, herrscht am Neckar Fassungslosigkeit. "Wir liegen jetzt richtig unten. Irgendwas haben wir verbrochen, dass alles so zusammenkommt", sagte VfB-Sportvorstand Fredi Bobic mit gequältem Lächeln nach dem schmerzlichen Last-Minute-Aus gegen HNK Rijeka aus Kroatien.
Mit dem Trainerwechsel von Bruno Labbadia zu Thomas Schneider hatte Bobic gehofft, den entscheidenden Impuls für den Einzug in die Gruppenphase setzen und auch den Negativlauf stoppen zu können. Doch Rijekas Goran Mujanovic sorgte beim 41-Jährigen mit dem 2:2 in der vierten Minute der Nachspielzeit für die bittere Erkenntnis: "Es ist schwierig, da wieder rauszukommen."
Trauriges Sinnbild dafür waren auch die VfB-Spieler, die nach tapferem, aber vergeblichem Kampf wie Dominosteine umfielen und auf dem Rasen liegend konsterniert in den Stuttgarter Nachthimmel starrten oder ihre Gesichter in den Händen vergruben. "Es ist nicht zu begreifen", sagte Christian Gentner, der das zwischenzeitliche 1:1 (34.) erzielt hatte.
Coach Schneider, der seine Spieler sofort aufmunterte, bescheinigte seiner Elf nach seiner missglückten Premiere einen Auftritt mit "Herz und Leidenschaft", aber er sagte auch klar und deutlich: "Fakt ist, dass wir zu leichte Fehler machen. Wenn wir das nicht schleunigst abstellen, gewinnen wir keine Spiele."
Immerhin: Auf die Unterstützung der Fans dürfen die Schwaben trotz des unglücklichen Scheiterns (noch) hoffen. Der VfB-Anhang betrieb sofort nach Spielende erste Aufbauarbeit und feierte die Mannschaft minutenlang.
So richtig gefeiert wurde aber 150 Kilometer nördlich. "Ich bin richtig happy. In der vergangenen Saison haben wir alles gegeben, um in der Bundesliga unter die ersten Sechs zu kommen. Jetzt sind wir in Europa", sagte ein sichtlich entspannter Eintracht-Trainer Armin Veh: "Vor allem freut es mich für die Stadt und diese unglaublichen Fans. Diese Stimmung - das hatte meiner Meinung nach schon Champions-League-Niveau."
Durch das glanzlose 2:1 (1:0) im Play-off-Rückspiel gegen FK Karabach Agdam öffnete sich den Hessen endgültig das Tor auf die internationale Bühne. Die Hessen bekommen es in der Gruppe F mit Girondins Bordeaux, Apoel Nikosia und Maccabi Tel Aviv zu tun. Das Bundesligaduell am Sonntag gegen Vize-Meister Borussia Dortmund geriet vorübergehend zur Nebensache.
Die grenzenlose Euphorie rund um die Mainmetropole schien sich spätestens nach dem Schlusspfiff auch in letzter Entschiedenheit auf Vorstandsboss Heribert Bruchhagen übertragen zu haben. "Sechs Jahre ohne Europacup waren nicht leicht. Natürlich haben wir jetzt einen großen Nachholbedarf", sagte der 64-Jährige, der am Freitag mit Finanzvorstand Axel Hellmann zur Gruppenauslosung nach Monaco reiste. Chefsache eben.
Fünf bis sechs Millionen Euro wird der Einzug in die Gruppenphase in die Kassen der Hessen spülen. "Wir haben vor der Saison viel Geld in die Hand genommen", sagte Bruchhagen nach dem Spiel bei kabel eins. Dass sein Trainer auch aufgrund der Mehreinnahmen noch Wünsche äußern werde, kann sich Bruchhagen durchaus vorstellen. Hauruck-Aktionen werde es in dieser Transferperiode, die bereits am kommenden Montag endet, aber nicht mehr geben. "Wir befinden uns sportlich in einer guten Lage. In der Bundesliga wollen wir uns im Mittelfeld etablieren, das ist realistisch", sagte Bruchhagen. Dort bekommt es Frankfurt am Sonntag mit Vizemeister Borussia Dortmund zu tun, die Stuttgarter empfangen 1899 Hoffenheim.