Rot-Weiss Essen spielt keine gute Saison. Das ist Fakt. Nur aufgrund eines mehr geschossenen Tores gegenüber dem VfB Stuttgart II rangiert RWE nach 14 Spielen auf dem ersten Nicht-Abstiegsplatz der 3. Liga.
Zu diesem Zeitpunkt der Saison lügt die Tabelle bekanntlich nicht. Kein Wunder also, dass am Dienstagabend (12. November 2024) auf der turnusmäßigen monatlichen Aufsichtsratssitzung der Rot-Weissen auch das Winter-Transferfenster, inklusive der finanziellen Möglichkeiten, diskutiert wurde. Darüber berichtete bereits die WAZ.
Vorweg: RWE benötigt mehrere Verstärkungen, aktuell scheint es noch so, dass keine großen finanziellen Sprünge drin sind. Aber: Mit dem aktuellen Kader wird es für Trainer Christoph Dabrowski sehr schwer werden, nach drei Drittliga-Jahren den Gang zurück in die Viertklassigkeit zu vermeiden.
Eine rot-weisse Kaderanalyse von RevierSport:
Tor
Jakob Golz gehört zu den besten Torhütern der 3. Liga. Dass RWE mit 25 Gegentreffern zu den Schießbuden der Liga gehört, liegt nicht an Golz. Im Gegenteil: Ohne die zum Teil Wahnsinns-Paraden des 25-Jährigen hätte RWE mehr als 30 Gegentore kassiert. Mit Felix Wienand hat Coach Dabrowski auch einen ordentlichen Ersatzmann in der Hinterhand. Ole Springer stellt als Nummer drei keine Ansprüche und ist wichtig für das Kabinen-Klima.
RS-Meinung: Hier besteht kein Handlungsbedarf. Aber: Richtung Saison 2025/2026 sollte sich RWE schon einmal nach einem Golz-Ersatz umschauen. Denn es gilt als unwahrscheinlich, dass der Schlussmann seinen bis zum 30. Juni 2025 gültigen Vertrag an der Hafenstraße verlängert. Zu stark sind seine Leistungen, zu groß ist das Interesse an dem Sohn des ehemaligen Bundesliga-Keepers Richard Golz.
RechtsverteidigerWie schon oft betont: Julian Eitschberger ist eine absolute Verstärkung. Zum Problem wird nur, wenn dieser verletzt oder gesperrt ausfällt. Weder Nils Kaiser oder Eric Voufack sind ein adäquater Ersatz.
RS-Meinung: der finanzielle RWE-Spielraum für den Winter ist begrenzt und ein adäquater Eitschberger-Ersatz genießt sicherlich keine Priorität.
Innenverteidigung
Michael Schultz und Tobias Kraulich erledigen ihre Aufgaben solide - mehr aber auch nicht. Das gilt auch für José-Enrique Rios Alonso. Dieser ist aber von seiner Topform aus der Saison 2023/2024, als er mit Nebenmann Felix Götze eine Top-Drittliga-Innenverteidigung bildete, noch ein ganzes Stück entfernt. In der Hinterhand hat Trainer Dabrowski noch Eigengewächs Mustafa Kourouma, dem er aber nicht zu Vertrauen scheint. Das 21-jährige Eigengewächs stand in dieser Saison gerade einmal 29 Spielminuten auf dem Rasen.
RS-Meinung: Wie auf der Rechtsverteidiger-Position: Auch die Abwehrzentrale genießt im kommenden Transferfenster keine Priorität, auf anderen Positionen sind die Probleme gravierender.
Linksverteidiger
Ähnlich wie auf der rechten Abwehrseite: Lucas Brumme ist ein echter Leistungsträger im rot-weissen Team. Aber auch hier: Fehlt Brumme, hat RWE ein Problem. Ekin Celebi machte es zu Beginn der Saison vernünftig, fällt aber wieder lange aus. Er ist mittlerweile ein Dauerpatient und erinnert stark an die Personalie Michel Niemeyer, der bei RWE auch nie richtig fit wurde. Andere Optionen auf der linken Abwehrseite sind nicht mehr als Notlösungen.
RS-Meinung: Wenn RWE auf den Außenverteidiger-Positionen aktiv werden sollte, dann würde ein starker defensiver Linksfuß dem Kader gut zu Gesicht stehen, der zur Not auch die rechte Abwehrseite beackern könnte. Ein Allrounder, der einen Ausfall von Eitschberger oder Brumme kompensieren könnte.
Zentrales Mittelfeld
Zuletzt setzte Dabrowski auf Torben Müsel und Ahmet Arslan im Zentrum. Das Problem: Beide denken sehr offensiv, sind keine Sechser wie Ex-Kapitän Vino Sapina. Thomas Eisfeld ist auch ein Mann für die zentrale Offensive. Spieler wie Jimmy Kaparos, Gianluca Swajkowski oder Tom Moustier sind nominelle Sechser, aber sie haben nicht oder noch nicht die Qualität, um einen "Boss" wie Sapina adäquat zu ersetzen. Er war Denker und Lenker im Essener Zentrum, er verschleppte das Tempo und zog es wieder an, lief Bälle ab, schloss die Lücke zwischen Abwehr-Zentrale und der Abteilung hinter den Spitzen.
RS-Meinung: So ein Spielertyp wie Sapina, inklusive seiner sportlichen Qualitäten, aber auch menschlichen Stärken, die in der Kabine sehr wichtig waren, fehlt Rot-Weiss Essen. Und: Einen guten und erfahrenen Sechser im Winter zu verpflichten, dürfte um einiges einfacher sein als einen Stürmer zu holen, der RWE ab Januar eine zweistellige Torquote garantiert.
Offensive Flügel
Ramien Safi, Kelsey Meisel, Joseph Boyamba, Robbie D'Haese und Dion Berisha: RWE hat fünf Spieler für zwei offensive Flügel-Positionen. Das geht beinahe schon in die Kategorie "Überbesetzung". Ein Quartett würde wohl auch langen. So spielen auch Berisha und der Belgier D'Haese kaum bis gar keine Rolle. Safi ist eine Verstärkung und sein großes Potential lässt der Ex-Rödinghauser immer wieder aufblitzen - wie bei seiner Gala gegen Cottbus mit zwei Toren und Vorlagen. Meisel, wenn er topfit ist, ist auch eine Bereicherung für die Essener Offensive. Enttäuscht dürfen die Verantwortlichen und Fans bis dato von Boyamba sein. Aus der 2. Bundesliga gekommen, ist er noch keine Verstärkung und Dabrowski setzte den Ex-Elversberger zuletzt auch auf die Bank.
RS-Meinung: Hier ist RWE gut besetzt und hat auch noch im eigenen Kader Luft nach oben. Boyamba könnte oder müsste gar noch irgendwann explodieren. Berisha und D'Haese sind derweil kaum einzuschätzen. Aber klar ist: Hier könnte RWE eher ein Spieler im Winter verlassen.
Angriff
Leonardo Vonic, Manuel Wintzheimer, Moussa Doumbouya: Das liest sich dünn. Doumbouya ist verletzt und spielt auch keine sportliche Rolle mehr. Vonic und Wintzheimer blieben bis dato hinter den Erwartungen zurück.
RS-Meinung: RWE vertraute zu Saisonbeginn Vonic als Stürmer Nummer eins. Zur Wahrheit gehört aber auch: Ein in der Not geborenes Vertrauen. Denn Essen konnte weder einen Stürmer wie Kaan Caliskaner noch Julian Kania von der Hafenstraße überzeugen. Im Winter geht die Suche nach einem torgefährlichen Stürmer weiter und genießt bei der sportlichen Führung auch die höchste Priorität.
Fazit: RWE benötigt im Winter nach RS-Meinung einen defensiven Außenbahnspieler, der beide Seiten beackern kann, eine Sechser, im Bestfall mit Vinko-Sapina-Qualitäten, zudem einen Tor-Garanten in der Spitze. Viel Arbeit für die Essener Sportdirektoren Christian Flüthmann und Marcus Steegmann. Wobei es unwahrscheinlich ist, dass es grünes Licht für drei Zugänge geben wird. Daher wird aktuell nach einem Angreifer gesucht.