RevierSport hat im großen Interview mit Marcus Uhlig, Vorsitzender von Rot-Weiss Essen, verschiedene Themen behandelt. Nach Teil eins des Interviews folgt nun der zweite Teil.
Vorweg: RWE plant kein Winter-Trainingslager, dafür aber als "Weihnachtsgeschenk" ein Vorbereitungsspiel gegen einen Top-Gegner.
Marcus Uhlig, Stichwort Fans: Welche Maßnahmen hat der Verein mittlerweile nach dem Bayreuth-Parkplatz-Skandal getroffen, hat es überhaupt Konsequenzen oder Gespräche gegeben?
Wir haben uns bereits in mehreren Statements zu den Vorkommnissen nach Bayreuth geäußert. All jenen, die der Meinung sind, dass der Verein nicht nur Betroffenheits-Statements abgeben, sondern auch mal durchgreifen sollte, sei gesagt, dass wir aktuell sehr wohl mit der Aufarbeitung befasst sind. Übrigens nicht nur wir, auch die Polizei beschäftigt sich mit dem Vorfall.
Wir stehen Gewehr bei Fuß, wenn es darum geht, aktiv und konstruktiv die Planungen zu begleiten, gerne auch möglichst eng.
Marcus Uhlig über einen möglichen Stadionausbau
15.000 bis 16.000 Zuschauer kommen eigentlich mittlerweile zu jedem Heimspiel. Es ist nicht mehr viel Platz im Stadion. Wie ist der Stand der Dinge bezüglich eines Stadionausbaus? Wann könnten frühestens die Bagger an der Hafenstraße rollen?
Eins nach dem anderen. Und sicherlich sollte ich bei der Frage nach einer Wasserstandsmeldung zu den Ausbaugedanken des Stadions nicht der erste Ansprechpartner ein. Uns freut aber sehr, dass die Diskussionen in der Essener Politik und Verwaltung – nicht zuletzt durch Oberbürgermeister Thomas Kufen - Fahrt aufgenommen haben. Wir stehen Gewehr bei Fuß, wenn es darum geht, aktiv und konstruktiv die Planungen zu begleiten, gerne auch möglichst eng. Aber auch das ist mittlerweile angestoßen und das stimmt mich positiv und hoffnungsvoll.
Und die Bagger, die die Trainingsanlage hinter dem Stadion errichten, werden bald wieder verschwinden, oder?
Ja. Der Um- und Ausbau der Trainingsfläche für unsere erste Mannschaft liegt in den letzten Zügen. Der Rasen auf dem großen Trainingsplatz wird in den nächsten Tagen verlegt, dann fehlt noch das Tribünendach und einige kleinere Arbeiten. Bislang ist dieser Umbau bemerkenswert gut und pünktlich gelaufen. In einigen Wochen werden wir die Anlage einweihen.
Stichwort verschwinden: Könnte es sein, dass auch Harfid in naher Zukunft von der RWE-Brust verschwindet? Dass der Vertrag bis zum 30. Juni 2025 erfüllt wird, dürfte aufgrund der Insolvenz unrealistisch sein...
Ich denke, es macht keinen Sinn, jetzt öffentlich über dieses oder jenes Szenario zu spekulieren. Harfid ist seit über drei Jahren ein hervorragender Partner an unserer Seite. Wir sind aktuell im Austausch und hoffen natürlich, dass Harfid eine Unternehmens-Fortführung gelingt. Gleichwohl sollte man in einer solchen Situation immer auch einen Plan B in der Tasche haben.
Der Winter rückt näher, somit auch die WM und die lange Pause. Was plant RWE zwischen Mitte November und Anfang Januar? Eventuell auch ein Trainingslager, wenn ja, in welchem Zeitraum?
Ein Trainingslager ist nicht vorgesehen. Eine Woche nach dem letzten Ligaspiel Mitte November steht noch das Viertelfinale im Niederrheinpokal an, für das wir uns natürlich qualifizieren möchten. Danach erhalten die Spieler ein paar Tage frei, bevor dann die Vorbereitung auf den Rückrundenstart losgeht. Eine Woche vor Weihnachten soll ein interessantes Testspiel im Stadion an der Hafenstraße stattfinden, nähere Infos dazu erfolgen in Kürze.
Sie sind im März 2018 als Vorsitzender von Rot-Weiss Essen angetreten. Nennen Sie bitte die drei wichtigsten Dinge, die sich in diesen rund viereinhalb Jahren zum Positiven verändert haben und vielleicht auch eine Sache, die Sie bisher nicht realisieren konnten?
Ich finde es schwierig, hier drei Dinge explizit zu benennen. Sicherlich ist es gelungen, den Verein in allen wesentlichen Bereichen weiterzuentwickeln und zu professionalisieren. Dieser Prozess ist im Übrigen noch nicht abgeschlossen. Das absolute Highlight war natürlich der Aufstieg in die 3. Liga im Mai diesen Jahres 2022 nach so vielen Jahren in der Regionalliga. Und wenn Sie mich danach fragen, was bislang noch nicht realisiert werden konnte, dann fällt mir dazu die besorgniserregende Entwicklung in Sachen Gewaltbereitschaft- und Eskalation in einem Teilbereich der Fanszenen in Deutschland und Europa ein. Davon werden wir in Essen leider Gottes nicht verschont: wir sprechen über einen kleinen Teil der Fanszene – Tendenzen, die in eine Richtung gehen, die nicht hinnehmbar ist. Das wird eine der zentralen Aufgaben in der nahen Zukunft, der wir uns stellen müssen. Wo wir als Verein Haltung zeigen müssen und gute Verbündete benötigen.
Wenn wir diesen Weg genauso weitergehen, gemeinsam mit unserem Faustpfand, unseren Zuschauern, dann denke ich, dass wir es schaffen werden, uns in dieser Saison in der Liga zu etablieren. Und wenn wir das geschafft haben, dann können wir uns nochmal über Träume unterhalten.
Marcus Uhlig über Ziele, die über den Klassenerhalt hinaus gehen
In der vergangenen Saison stand der 1. FC Kaiserslautern nach neun Spielen auch bei neun Punkten - wie RWE aktuell. Wo Lautern jetzt spielt, wissen wir. Darf an der Hafenstraße in dieser Saison eigentlich geträumt werden oder geht es ausschließlich darum, vier Mannschaften hinter sich zu lassen?
Jetzt möchten Sie mich am Ende dieses Interviews mit der letzten Frage doch noch mal locken (lacht). An der Hafenstraße darf natürlich geträumt werden. Aber solche Träume sollten niemals falscher Taktgeber für unsere Ziele sein. Ich denke, dass wir mit den letzten Spielen einen guten Schritt in die richtige Richtung gemacht haben. Wir haben uns stabilisiert und fangen an, uns an diese schwierige und tückische Liga zu gewöhnen. Wenn wir diesen Weg genauso weitergehen, gemeinsam mit unserem Faustpfand, unseren Zuschauern, dann denke ich, dass wir es schaffen werden, uns in dieser Saison in der Liga zu etablieren. Und wenn wir das geschafft haben, dann können wir uns nochmal über Träume unterhalten.