Es bedurfte keiner allzu großen Vorstellungskraft, um die Gedankengänge von Pavel Dotchev am vergangenen Samstagnachmittag nachvollziehen zu können. „Ich rauche eine dicke Zigarre“, ließ der Bulgare nach dem knappen 2:1-Erfolg gegen den KSC vielsagend verlauten. Nicht nur, dass diese Aussage eine ungewohnte Gefühlsregung des sonst so gefassten Münsteraner Erfolgstrainers offenbarte, auch der Stimmungswechsel im Lager der Preußen wurde in diesem einen kurzen Satz deutlich.
Aus Fragezeichen werden Ausrufezeichen
Preußen Münster will aufsteigen und bekennt sich nun endlich auch vollmundig dazu. „Das Ziel ist ja kein Geheimnis mehr, wir wollen aufsteigen! Wir wollen in die zweite Liga und euch hier eine geile Feier präsentieren“, sprach Abwehrchef Dominik Schmidt in der Mixed Zone der gesamten Mannschaft aus der Seele. Nicht erst seit gestern kratzt das Bundesligagründungsmitglied an der Schwelle zur zweiten Liga, doch mittlerweile präsentiert sich der SCP aus Sicht der Konkurrenz geradezu beängstigend konstant.
Während die Adlerträger zu Beginn der Rückrunde in Vergleichen mit merklich schwächeren Gegnern unnötig Punkte liegen ließen, hat Münster in den letzten Wochen insbesondere in den entscheidenden Spitzenspielen seine Nerven im Griff. Die Preußen schlugen die Erzrivalen aus Bielefeld und Osnabrück in drei von vier Derbys in dieser Saison in teilweise überragender Manier und setzten nun mit dem Dreier gegen den Spitzenreiter aus dem Badener Land erneut ein dickes Ausrufezeichen.
Spielt Aachen das Zünglein an der Waage?
Die lange Zeit rund um die Hammer Straße kreisenden Fragezeichen um wichtige Eckpfeiler in der Mannschaft sind zudem nach und nach verschwunden. Stürmer Matthew Taylor, dessen monatelange Torflaute die Preußen stark verunsicherte, hat sich zurückgemeldet und präsentierte gegen den KSC seine Treffsicherheit aus der Hinserie. Innenverteidiger Dominik Schmidt spielt sein Wochen in Topform – und das, obwohl ihm nach seinen sieben Monaten Verletzungspause kaum jemand eine so starke Rückkehr noch in dieser Saison zugetraut hätte. Zu guter letzt schlugen fast alle Einkäufe ein, auch die im Winter gekommenen Mehmet Kara und Cüneyt Köz, der mit seinen erst 20 Jahren als Ersatzrechtsverteidiger einen souveränen Part spielt.
Natürlich, zu früh will niemand in Münster feiern, noch hat der SCP auch nichts erreicht. Sportlich muss Münster weiter auf der Hut sein und mit seinen restlichen vier Spielen gegen Erfurt, Stuttgart, Haching und Babelsberg den Vorsprung auf die Konkurrenz verteidigen. Aktuell scheint aber allenfalls der drohende vorzeitige Insolvenzbeginn der Alemannia aus Aachen die größte Gefahr für den Aufstieg der Münsteraner zu sein (RS berichtete). „Ich finde, dass sowohl Alemannia als auch der DFB eine Lösung finden müssen. Das kann man doch sonst niemandem erklären“, echauffierte sich Münsters Sportvorstand Carsten Gockel bereits. Gleichwohl sind die eher zurückhaltenden Menschen im Münsterland in Aufstiegslaune – gegen Karlsruhe war das Preußenstadion zum wiederholten Male in dieser Saison ausverkauft. Ganz ehrlich, wer denkt da schon an Alemannia?