Amaury Bischoff, nomineller Regisseur des Offensivspiels der Preußen auf dem Rasen, wirkte wie sein eigener Inszenator und Hauptdarsteller in einer Person vereint. Der gebürtige Franzose, der nur zwei Wochen nach seinem Bänderriss sensationell wieder in der Startelf der Münsteraner stand, legte sich die Kugel für einen Freistoß zurecht und jagte das Leder direkt in die Maschen. Münster gelangte damit auf die Siegerstraße, wieder einmal, und wie schon so oft in dieser überaus erfolgreichen Saison zuvor. "Ich dachte, dass ich in diesem Jahr mit der Verletzung gar nicht mehr spiele. Wir haben aber ganz viel gearbeitet und es hat tatsächlich geklappt. Wir dürfen zu Hause keine Punkte liegen lassen und so bleiben wir dann auch oben dran", freute sich Bischoff.
Dotchev zaubert kräftig aus dem Hut
Der 2:0-Heimerfolg der Mannschaft von Pavel Dotchev war bereits der elfte Saisonsieg der Preußen, die sich im Klassement wieder bis auf zwei Zähler an Spitzenreiter Osnabrück heranpirschten. Erneut überraschte der bulgarische Chefcoach vor dem Anpfiff, als er den eigentlich auf dem Abstellgleis befindlichen Philip Heise aus dem Hut zauberte und in die erste Elf beorderte. Auch Robin Neupert macht sich aktuell unter Dotchev einen Namen und verdrängt den nominellen Kapitän Stefan Kühne im Moment auf die Ersatzbank.
Der Erfolg dieser Spielzeit hat auch seinen Preis, doch das obligatorische Murren der Ersatzspieler hält sich bislang in Grenzen. Dotchev geht fair mit den Akteuren um und behält sich zudem ungeahnte Überraschungen vor. Nachdem er zuvor seltenst überhaupt im 18er-Spieltagskader gestanden hatte, durfte Youngster Julian Büscher als Joker gegen Burghausen dann sogar erste Minuten Erfahrungen in der Dritten Liga sammeln. Anhäufen ist auch das neue Hobby von Torhüter Daniel Masuch und zwar im Bereich Zu-Null-Spiele. Das 2:0 gegen Wacker markierte das schon elfte Spiel der Preußen in dieser Drittligaspielzeit, in dem man ohne Gegentreffer blieb.
de Angelis verkündet das Ende der Verbindlichkeiten
Der sportliche Mehrwert der im Sommer in diesem Ausmaß nicht erwartbaren Leistungssteigerung der Münsteraner ist der finanzielle Ist-Zustand. Auf der Jahreshauptversammlung am vergangenen Montag erntete Präsident Dr. Marco de Angelis großen Applaus, als er die Zahl Null in der Zwischenbilanz anpries: "Ich bin stolz für das Vertrauen auch in schlechten Zeiten und darauf dass der SCP jetzt schuldenfrei ist. Wir werden unserer Linie treu bleiben und nur das Geld ausgeben, das wir auch wirklich einnehmen." Durch vermehrte Fernsehgelder, Sponsoren- und Zuschauereinnahmen hat es der Verein geschafft, seine langfristigen Verbindlichkeiten vollständig zu tilgen - im finanziellen Haifischbecken Dritte Liga sicherlich keine ganz einfache Aufgabe für die Münsteraner Macher.
Dass nach den Querelen aus der Vorsaison, in der der Vorstand im Allgemeinen und Aufsichtsratschef Thomas Bäumer im Speziellen heftige Konflikte mit den eigenen Ultras auszufechten hatten (RS berichtete), nun Bäumer auf der JHV erneut zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt wurde, rundet die positive Gemengelage, die derzeit beim SCP herrscht, ab. Dass es in dieser Form - insbesondere angesichts zu erwartender sportlicher Rückschläge - nicht kontinuierlich nach oben weitergehen wird, ist zu erwarten. Und dennoch: Eine Grenze scheint derzeit nicht erkennbar, der Aufstieg des Traditionsvereins ins Bundesligaunterhaus tatsächlich im Bereich des Möglichen.