Der akut abstiegsbedrohte Fußball-Zweitligist Hansa Rostock gleicht derzeit einem Pulverfass, das bei einer weiteren Niederlage am Freitag beim Erzrivalen FC St. Pauli explodieren könnte. Der neue Manager Rene Rydlewicz muss sich gleich als "Feuerwehrmann" beweisen und mehrere Brandherde löschen. "Das ist ein Endspiel für den ganzen Verein", sagte der 35-Jährige mit Blick auf die Partie in Hamburg.
Auf die Nachfrage, ob dies auch für den glücklosen Trainer Dieter Eilts gelte, erklärte der ehemalige Profi: "Es gilt für alle Beteiligten." Rydlewicz stellt Eilts also als eine der ersten Amtshandlungen indirekt ein Ultimatum aus, auch wenn er sagt: "Ich bin überzeugt, dass wir gewinnen werden." Doch der ehemalige Hansa-Profi nimmt auch die Spieler in die Pflicht: "Ich habe ihnen gesagt, dass jetzt kein Jammern oder Heulen hilft. Die Wende muss her", sagte der jüngste Spieler aller Zeiten in der ehemaligen DDR-Oberliga, der am Samstag überraschend als Nachfolger von Herbert Maronn die sportliche Leitung des Tabellenvorletzten übernommen hat.
Kritiker bezweifeln jedoch, dass ausgerechnet ein Manager-Novize Hansa aus der größten Krise der Klubgeschichte führen kann. Rydlewicz kontert: "Ich war 17 Jahre Fußballprofi und habe mit Leuten wie Calmund und Bruchhagen zusammengearbeitet. An Erfahrung und einem Netzwerk mangelt es mir nicht."
Während Rydlewicz bei den Anhängern einen Vertrauensvorschuss erhält, stehen die Vereinsbosse derzeit gewaltig unter Beschuss. So forderten Fans in einem offenen Brief Aufsichtsratschef Adalbert Skambracks, Vorstandschef Dirk Grabow und Vorstandsmitglied Ralf Gawlack zum Rücktritt auf. Auch der ehemalige Kapitän Stefan Beinlich lässt in diesen Tagen kein Interview ungenutzt, um Stimmung gegen die Führungsetage zu machen, mit der er sich komplett überworfen hat. "Der Vorstand müsste nach seiner gezeigten Inkompetenz der vergangenen Monate geschlossen zurücktreten", sagte der frühere Nationalspieler: "Hier kleben viele an ihrem Stuhl, der Verein ist ihnen nicht wichtig."
Aus Beinlich spricht auch Frust, denn es ist ein offenes Geheimnis, dass er gerne den Job von Rydlewicz bekommen hätte. Dieser will keinen Nebenkriegsschauplatz mit seinem ehemaligen Teamkollegen eröffnen, denn auch so herrscht derzeit genug Chaos in Rostock. "Es geht nur darum, Hansa vor dem Abstieg zu retten", sagte Rydlewicz, dessen Vertrag bis 2011 auf eigenen Wunsch nur für die 1. und 2. Liga gilt.