Zwei Minuten vor Schluss hätte Amin Younes das Spiel auf den Kopf stellen können. Kurz zuvor war der Ex-Nationalspieler eingewechselt worden, um das unterirdisch schwache Offensivspiel des FC Schalke 04 zu beleben - doch zweimal vergab Younes freistehend im Strafraum, scheiterte an der Abwehr des SSV Ulm 1846. Es blieb im Zweitliga-Kellerduell beim 0:0, einem Punkt, den der tapfere Aufsteiger viel mehr verdient hatte als Schalke.
Das Spiel war nicht schön anzuschauen, im Offensivspiel ließen die Königsblauen mit Ausnahme der Younes-Doppelchance alles vermissen. Im vierten Spiel war es für den in die Kritik geratenen Trainer Kees van Wonderen der erste Punkt, weil die eigene Latte und Torwart Justin Heekeren mithalfen.
Durch die schwache Spielweise der Schalker dürften die Diskussionen um den 55-Jährigen nicht verstummen.
Im Vergleich zur 0:3-Niederlage im DFB-Pokal beim Bundesligisten FC Augsburg drei Tage zuvor standen van Wonderen Lino Tempelmann, Amin Younes und Ron Schallenberg wieder zur Verfügung - das Trio saß aber zunächst nur auf der Bank. Er veränderte seine Mannschaft lediglich auf einer Position: Paul Seguin, der in Augsburg geschont und deshalb nur eingewechselt wurde, begann für Anton Donkor im Mittelfeld.
Schalke setzt gegen Ulm auf Sicherheits-Taktik
Schalke: Heekeren - Bulut, Kalas, Kamiński, Murkin - Aydin (72. Younes), Grüger (72. Schallenberg), Seguin (83. Donkor) - Bachmann, Mohr - Karaman
Gelbe Karten: Stoll, Krattenmacher - Bachmann, Seguin, Kaminski
Schiedsrichter: Felix Prigan (Deizisau)
Zuschauer: 17.000
Die Schalker gingen auch ins Kellerduell mit derselben Sicherheit-zuerst-Taktik wie im DFB-Pokal. Die Ulmer wirkten zu Beginn ebenso respektvoll, ihr Trainer Thomas Wörle hatte es als „genial“ bezeichnet, dass der drittgrößte Verein Deutschlands zu einem Punktspiel in Ulm vorbeischaute. Es war der Ulmer Maurice Krattenmacher, der das Abtasten auf dem Platz beendete und den Ball in der 15. Minute an die Latte des Schalker Tores donnerte. Heekeren hatte in dieser Szene Glück.
Es war ein Schuss, der die Königsblauen weckte. Es folgten 15 ordentliche Offensiv-Minuten. Van Wonderens Offensiv-Plan sah vor, viele Flanken in den Strafraum zu schlagen - allein vor der Pause waren es 13. Die größte Chance hatte Mehmet Can Aydin, der nach einer Flanke von Derry John Murkin zu überrascht war und den Ball mit der Schulter am Tor vorbei beförderte. Weitere Torschüsse von Max Grüger (21.) und Taylan Bulut (24.) wurden zur Ecke geblockt. Ja, es war eine dominante Phase, wie es sie unter van Wonderen vorher nicht gab. Aber Schalke wirkte viel zu unbeholfen. Es stand nur ein Schalker auf dem Feld, der seine Stärken in und um den Strafraum herum hat. Doch Kapitän Kenan Karaman läuft seiner Form hinterher.
Aus der kurzen, aber torchancenarmen Schalker Drangphase konnten sich die Ulmer souverän befreien - der muntere Krattenmacher, der Schalkes Außenverteidiger-Talent Taylan Bulut vor einige Probleme stellte, hatte in der 38. Minute seine zweite große Chance: Diesmal scheiterte er mit einem satten Schuss an Heekeren. Drei Minuten später wäre Heekeren bei einem Schuss von Felix Higl geschlagen gewesen, doch Murkin blockte den Ball im letzten Moment. Es blieb zur Pause einer dem Tabellenstand entsprechend wenig hochklassigen Zweitliga-Partie beim 0:0. Dass die Abwehr gehalten hatte und die rund 2000 mitgereisten Fans unter den 17.400 Zuschauern den Ton angaben, waren aus Schalker Sicht die positivsten Erkenntnisse.
In Augsburg drei Tage zuvor drehten die Schalker in der zweiten Hälfte auf - vor allem, weil sie die leidenschaftlichen Fans gehört hatten. Die feuerten weiter unentwegt an, ihre Mannschaft hielt da aber nicht mehr mit. Die zweite Hälfte lief ein paar Sekunden, da wirkten die Schalker schon so, als seien sie durchaus zufrieden, wenn sie das 0:0 über die Zeit retten könnten. Entlastungsangriffe bekamen sie gar nicht mehr hin, die Fehlpassquote in der gegnerischen Hälfte war sehr hoch.
Die Ulmer witterten nur langsam ihre Chance, in ihrem Heimspiel gegen den großen FC Schalke nicht nur einen, sondern sogar drei Punkte zu holen. Und sie setzten immer wieder ihren Besten in Szene: Maurice Krattenmacher. Der hatte in der 59. Minute die beste Chance, um die Ulmer Mannschaft in Führung zu bringen. Wieder scheiterte er an Heekeren, der im Kampf um den Stammplatz im Schalke-Tor einen Pluspunkt nach dem anderen sammelte. Schalkes offensive Versuche waren aber am Tag nach Halloween Horror-Fußball - bis Younes zwei Minuten vor Schluss plötzlich den Sieg auf dem Fuß hatte.