Völlig aufgelöst verließ Jordi Osei-Tutu in der 41. Minute das Spielfeld. Er gestikulierte wild, zog sich immer wieder das Trikot über den Kopf und konnte nicht begreifen, was soeben passiert war. Sein Gegenspieler vom FC St. Gallen, Slimen Kchouk, soll die Leihgabe vom FC Arsenal rassistisch beleidigt haben. Das haben die Verantwortlichen des VfL in einer Medienrunde im Trainingslager in Weiler bestätigt.
Trainer Robin Dutt schilderte die Situation aus seiner Sicht: „Jordi hat das Spielfeld verlassen und mir dann mitgeteilt, dass er wegen seiner Hautfarbe beleidigt worden ist. Ich bin dann bewusst mit ihm hinter die Bande gegangen, Sebastian Schindzielorz ist auch direkt dazugekommen, um die Emotionen herunterzufahren.“ Daraufhin habe sich der Schiedsrichter, der die Situation laut Dutt gut gelöst habe, entschieden zur Halbzeit zu pfeifen. In der Kabine griff der VfL Bochum das Thema direkt auf.
Osei-Tutu wollte weiterspielen - VfL distanziert sich von Rassismus
Dutt: „Wir haben uns entschieden, so weiterzuspielen. Wir haben auch besprochen, dass wir die Größe von Jordi herausstellen müssen. Er hat sich nicht weggeduckt. Der gegnerische Spieler hat in diese unterste Schublade gegriffen, um Jordi zu verunsichern, weil er ihm wahrscheinlich zu schnell war. Wenn Jordi zur Halbzeit rausgegangen wäre, dann hätte dieser Spieler sein Ziel auch noch erreicht. Wir wollten gar nicht erst den Eindruck entstehen lassen, dass Jordi wegen der rassistischen Beleidigungen das Spiel beendet.“
Kchouk dagegen betrat das Spielfeld nicht mehr. Der 25-jährige Tunesier wurde von St. Gallen-Trainer Peter Zeidler ausgewechselt. Was genau er in Richtung Osei-Tutu gesagt haben soll, ist noch nicht bekannt. VfL-Geschäftsführer Sport Sebastian Schindzielorz: „Das spielt auch erst einmal keine Rolle. Die Beleidigung aufgrund der Hautfarbe ist der Hauptaspekt. Für uns als Verein ist es klar, dass wir hinter Jordi stehen und uns von solchen Dingen distanzieren.“
VfL-Spieler mit Empathie - Thema soll noch einmal in den Fokus rücken
Schon unmittelbar nach dem Vorfall reagierten die Spieler des VfL Bochum auf dem Platz. Anthony Losilla, Milos Pantovic und auch Tom Weilandt versuchten umgehend, Osei-Tutu zu beruhigen und auf ihn einzuwirken. Nach dem Abpfiff sind auch einige Spieler vom FC St. Gallen auf Osei-Tutu zugegangen. „Auf das Verhalten meiner Mannschaft bin ich stolz, da war unheimlich viel soziale Kompetenz und Empathie zu spüren. Das tut Jordi auch gut. Er hat da schon gemerkt, dass die Mehrheit der Menschen normal tickt und wir uns alle gemeinsam gegen solche Minderheiten wehren. Am Morgen nach dem Spiel hat er schon einen aufgeräumten Eindruck gemacht.“
In den nächsten Stunden und Tagen wollen die Verantwortlichen die Thematik gemeinsam mit dem FC St. Gallen aufarbeiten. Eine Stellungnahme der Schweizer zum Vorfall hat es bislang noch nicht gegeben. Ilja Kaenzig, VfL-Sprecher der Geschäftsführung, kündigte zudem an, dass man als Verein überlege, wie man auch in Zukunft auf das Thema aufmerksam machen kann: „Wir wollen die Menschen sensibilisieren und diese unangenehme Situation nutzen, um noch einmal alle wachzurütteln. Rechtliche Schritte behalten wir uns vor.“ Eine Aktion ist entweder zum letzten Testspiel gegen Hertha BSC oder zum Saisonauftakt der zweiten Bundesliga geplant. CH / GP