Der selbst ernannte Zweitliga-Meisterkandidat TSV 1860 steht kurz vor dem Abstieg in die Fußball-Drittklassigkeit, was zuletzt vor 23 Jahren passierte. Die Konsequenzen wirtschaftlicher Art wären nicht auszudenken für den finanziell gebeutelten und von Investor Hasan Ismaik abhängigen Club, dazu käme ein enormer Bedeutungsverlust in der Fußball-Hauptstadt München. "Jetzt stehen wir mit dem Arsch an der Wand", gestand Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner dieser Tage.
Über die potenziellen Folgen mag keiner der Verantwortlichen im Detail sprechen. Die "volle Konzentration" gelte den letzten drei Saisonspielen in Frankfurt, gegen Nürnberg und in Karlsruhe, sagte Poschner, dessen Löwen inzwischen auf einem direkten Abstiegsplatz stehen. "Was danach passiert, wird hintenan gestellt." Durchhalteparolen sind zurzeit von vielen Sechzigern zu hören. Sie befeuern die große Ungewissheit und zahllose Spekulationen. Wie viel Geld für einen Neuaufbau in Liga drei übrig wäre ist ebenso unklar wie die Frage, in welchem Stadion dann gespielt würde.
Die schon für Zweitligaverhältnisse viel zu große Allianz Arena, in der die Sechziger nur als Mieter des auf Jahrzehnte enteilten Stadtrivalen FC Bayern geduldet sind, ist bei den eingefleischten Fans längst unten durch. Einerseits fühlen sich die Weiß-Blauen zwangsläufig nicht wohl in der Heimstätte der Roten, andererseits ist der 75 000 Zuschauer fassende Koloss allein wegen seiner Größe ein ausschließlich für Bundesliga-Fußball geeignetes Stadion.
Gerade mal 19 000 Zuschauer lockten die Löwen diese Saison im Schnitt zu ihren Heimspielen. Und so kommt in der Arena nicht selten eine Atmosphäre auf, die verdächtig an Geisterspiele erinnert. Die allgemeine Unzufriedenheit führt dazu, dass seit längerem ein Umzug ins zuletzt für Drittligafußball sanierte Grünwalder Stadion im Raum steht; in München ist es aus besseren Zeit in der Vergangenheit noch immer als Sechzgerstadion bekannt. Ob eine Rückkehr aber wirklich machbar ist, bleibt fraglich - allein schon wegen des bis 2025 laufenden Mietvertrages mit den Bayern für die Allianz Arena.
Noch wird die Zukunft von der bedrückenden Gegenwart überschattet. Die Saison-Zwischenbilanz von 30 Punkten aus 31 Spielen ist alarmierend, die Leistungen der Mannschaft machen mit Blick auf die Schlussphase wenig Mut. Und nicht nur das. Viele oft öffentlich ausgetragene Zwists handelnder Personen haben seit langem das Bild eines "Chaosclubs" gezeichnet. Über allem thront in der Ferne Haupt-Geldgeber Ismaik, der für seinen gescheiterten PR-Coup, den früheren englischen Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson bei 1860 zu installieren, einst bundesweit Kopfschütteln auslöste.
All diese bitteren Momente sorgen dafür, dass manche Anhänger einen Abstieg inzwischen als Chance für einen kompletten Neustart in Kauf nehmen würden. Poschner und Trainer Torsten Fröhling stünden dann vor dem Aus - und nicht nur sie. "Dann gehen alle Spieler weg, du musst komplett neu anfangen", prognostizierte Kulttrainer Werner Lorant.