Die Vorgänge beim Zweitligisten VfL Bochum schildert er heute wie folgt: "Die Spieler haben angefangen, sich woanders auszuweinen. Plötzlich standen die Berater auf der Matte, alle wollten sie mitreden. Also bin ich gegangen."
Das "Haifischbecken Profifußball", sagte Dietz, damals beim VfL Trainer und Hoffnungsträger in einer Person, sei nichts mehr für ihn gewesen. Er sei "nachts nassgeschwitzt aufgewacht". Dietz übernahm nie wieder ein höherklassiges Team.
Er war kein Held der Massen, schon gar kein Weltmann Taktisches Kalkül, populistische Phrasen und höhere Diplomatie waren nie das Ding des Kapitäns der Europameistermannschaft von 1980. Den Glanz seiner Vorgänger Fritz Walter, Uwe Seeler und Franz Beckenbauer erreichte er nie. Er war kein Held der Massen, schon gar kein Weltmann. Dafür war er ehrlich, gradlinig und charakterfest, auch wenn es mal eng für ihn wurde.
Am Freitag feiert Dietz seinen 65. Geburtstag, in aller Bescheidenheit im engsten Familienkreis. Der gelernte Schmied, den sie überall nur "Enatz" nennen, seit ein Kind in der Nachbarschaft seinen Vornamen nur so aussprechen konnte, ist eher froh darüber, dass ihm diesmal die ganz große Sause erspart bleibt. Zum Sechzigsten war ihm zu Ehren ein Empfang in der MSV-Arena organisiert worden, mit knapp 500 Gästen.
Schon zu seiner Zeit als aktiver Profi war das Scheinwerferlicht nicht seine Sache. Ob beim MSV Duisburg (1970 bis 1982), Schalke 04 (1982 bis 1987) oder in der Nationalmannschaft (53 Einsätze): Das jüngste von sechs Kindern krempelte lieber die Ärmel hoch, als lange zu reden.
In 495 Bundesligaspielen (77 Tore) sah er nur elf Gelbe Karten Ob als Libero, Außenverteidiger, Staubsauger im Mittelfeld oder sogar als Aushilfsstürmer (im November 1977 schoss er beim legendären 6:3 des MSV gegen Bayern München vier Tore) - Dietz war auf dem Platz unerbittlich, aber nie unfair. In 495 Bundesligaspielen (77 Tore) sah er nur elf Gelbe Karten und wurde nie vom Platz gestellt. Niemand vereinte auf dem Rasen besser die viel zitierten "deutschen Tugenden" als er. Bundestrainer Jupp Derwall machte ihn deshalb im Dezember 1978 zum DFB-Kapitän. Er blieb es zweieinhalb Jahre lang.
"Als Spieler und auch später als Trainer wollte ich immer vermitteln, dass man mit einer gesunden Einstellung sehr weit kommen kann. Ich war nie der große Fußballer", sagt Dietz. Heute ist der fünffache Großvater so etwas wie das gute Gewissen "seines" MSV Duisburg.
"Heute ist zu viel Geld im Spiel"
Er könnte diese Rolle auch locker für ganz Fußball-Deutschland ausfüllen. "Heute ist zu viel Geld im Spiel", sagt er: "Alle wollen sie was abgreifen. Realitäten spielen viel zu oft keine Rolle mehr, sie werden einfach nicht mehr wahrgenommen."
In Duisburg will Dietz als gutes Beispiel vorangehen, damit der Klub wieder zu alter Blüte findet. Dafür tut er, was er kann, nur auf dem Trainingsplatz lässt er sich nicht mehr blicken. "Mir tun ein bisschen die Knie weh, ich muss mir Gedanken machen, mal ein Gelenk austauschen zu lassen", sagt Dietz. Er besteht - natürlich - auf einen Zusatz: "Ich will aber nicht meckern."