Das ist eine eher ungewöhnliche Gefühlsregung, schließlich liegen zwischen seinem Arbeitgeber Fürth und dem Pokalgegner Dortmund über 400 Kilometer. Doch bei Büskens ist ohnehin wenig gewöhnlich.
Er stammt aus Düsseldorf. Er arbeitet in Fürth. Und doch sehnt er sich nach Gelsenkirchen zurück. Das ist die ungewöhnliche Geschichte des Mike Büskens, die deshalb so besonders ist, weil sie im modernen Fußball eine Seltenheit darstellt. Denn sie bietet die großen Gefühle, die dem heutigen Geschäft eigentlich abgesprochen werden: viel Liebe, ein bisschen Verrat und eine große Hoffnung.
Liebe, Verrat und Hoffnung
Dabei fing es so furchtbar unspektakulär an. Nach dem Bundesliga-Abstieg mit Fortuna Düsseldorf wechselt Michael Büskens 1992 zu Schalke. Der 24-jährige Linksverteidiger ergattert sich auf Anhieb einen Stammplatz. Er gibt ihn nicht mehr her und hat in den folgenden Jahren maßgeblichen Anteil am sportlichen Aufstieg des Vereins, der bei seiner Ankunft noch nicht einmal mehr Geld für das Waschpulver hat. UEFA-Cup-Sieger, Meister der Herzen, zweifacher DFB-Pokalsieger – aus Michael ist da längst Mike Büskens geworden. Und irgendwie kann man kaum glauben, dass er nicht aus Gelsenkirchen, sondern aus dem feinen Düsseldorf stammt. Nach zehn Spielzeiten ist Büskens längst eine Identifikationsfigur, die den Wandel des Traditionsvereins hin zum Wirtschaftsunternehmen erlebt hat. Kein Wunder, dass er den klassischen Weg verdienter Haudegen durchläuft: spielender Co-Trainer der Reserve, später Chefcoach der Zweiten. Fünf Jahre lang macht er das, im unsteten Trainergeschäft hat er einen krisensicheren Posten inne. Die Arbeit mit jungen Leuten scheint wie für ihn gemacht zu sein, er hat einen Traumjob.
Nicht von Dauer: Büskens 2009 mit Youri Mulder und Oliver Reck auf der Schalker Trainerbank.
Doch dann wird Mirko Slomka entlassen. Büskens übernimmt die Profis im April 2008 interimsmäßig bis zum Saisonende, gemeinsam mit seinem alten „Eurofighter“-Kollegen Youri Mulder. Aus den letzten sechs Spielen holen sie 16 Punkte und sind statistisch gesehen die erfolgreichsten S04-Trainer aller Zeiten. Während die Verantwortlichen insgeheim bereuen, sich frühzeitig auf Fred Rutten als neuen Chefcoach festgelegt zu haben, wird Büskens bereitwillig dessen Assistent. Er hatte sich schließlich nie um die Rolle als Chef gerissen.
Schalke traute ihm die dauerhafte Rolle als Chef nicht zu
In seiner Lebensplanung ist der Sprung in die Bundesliga ohnehin nicht als ultimatives Ziel vorgesehen. Er ist froh, überhaupt am Leben zu sein. In Folge einer Darminfektion erleidet Büskens 2005 eine Sepsis und muss eine Woche lang ins künstliche Koma versetzt werden. Seine Überlebenschance liegt bei fünf Prozent. Die Erfahrung lässt ihn demütig werden. Er ist glücklich, zumal er neben Schalke mit Ehefrau Simone und den Töchtern Laura und Kiara eine echte Familie hat.
Bei Greuther Fürth findet Büskens die benötigte Zeit und Ruhe um ein Team aufzubauen.
Büskens hat sich so eine gewisse Distanz zum Profi-Zirkus aufgebaut. Als Rutten neun Monate nach seinem Amtsantritt entlassen wird, übernimmt Büskens, nun klar als Chef erkennbar, nur widerstrebend erneut den Job als Interimstrainer. Er ist wieder erfolgreich. Doch ein dauerhaftes Engagement als Boss traut man ihm nicht zu. Stattdessen kommt Felix Magath, der zwei Tage vor dem Beginn der Vorbereitung Mulder freistellt und Büskens die Betreuung der Reserve anbietet. Doch der lehnt ab, gekränkt von der Hinhaltetaktik der Verantwortlichen. Plötzlich ist die Schalker Ikone, der S04-Boss Clemens Tönnies kurz zuvor noch eine Anstellung auf Lebenszeit in Aussicht stellte, weg vom Fenster.
Ein halbes Jahr später heuert Büskens bei der SpVgg Greuther Fürth an. In Franken lässt man ihn in Ruhe arbeiten, langsam tastet er sich an die Aufstiegsplätze heran und ist auch im DFB-Pokal erfolgreich. Dass er aber einmal nach Schalke zurückkehren wird, steht für den Fußball-Romantiker fest. Wobei, genau genommen tut er das ja ständig: Seine Familie lebt weiterhin in Gelsenkirchen.