Fünf Spiele in der 2. Fußball-Bundesliga ohne Sieg und neun Punkte Rückstand auf Tabellenführer Karlsruher SC: Aufstiegsfavorit 1. FC Köln steckt nach der 1:3-Pleite beim Aufsteiger TuS Koblenz trotz des Erfolgs im DFB-Pokalspiel gegen Schalke 04 tief in der Krise. Bei einer neuerlichen Pleite am Mittwoch gegen Erzgebirge Aue muss Trainer Hanspeter Latour mit Konsequenzen rechnen. `Wir müssen den Dingen ins Auge schauen. Es wird sicher nicht ruhiger durch diesen Abend´, meinte Kölns Manager Michael Meier. Präsident Wolfgang Overath wollte die desolate Vorstellung der Geißböcke am Freitagabend im Stadion Oberwerth nicht kommentieren. Inzwischen wird in der Domstadt aber sogar über eine so genannte `große Lösung´ diskutiert.
Angeblich soll Ex-Meistertrainer und Fast-Bundestrainer Christoph Daum, der zurzeit ohne Beschäftigung ist, zum FC zurückkehren. Als neuer Manager wird zudem der langjährige Macher von Bayer Leverkusen, Reiner Calmund, gehandelt. Mehrere große Kölner Unternehmen, die als Sponsor fungieren, sollen offenbar an einer solchen `großen Lösung´ interessiert sein, um den ersten Bundesliga-Champion ins Fußball-Oberhaus zurückzuführen. Daum, der durchaus wieder in Deutschland arbeiten möchte, liegt allerdings auch eine lukrative Offerte aus der Ukraine vor. Ex-Bayer-Geschäftsführer Calmund und der Fußball-Lehrer hatten bis zur Kokain-Affäre Daums über vier Jahre ein Erfolgsgespann bei Bayer gebildet. In Koblenz, das vor drei Jahren in der vierten Liga noch am Rande des wirtschaftlichen Kollapses standen, wurden die hochgelobten Schalke-Bezwinger im rauen Zweitliga-Alltag mit den Tugenden geschlagen, die sie selbst in der Fremde wieder einmal vermissen ließen.
Die Gastgeber überzeugten durch Kampf, Begeisterung, Willen und Einsatzbereitschaft. Den Toren von Goran Sukalo (57.), Rüdiger Ziehl (70.) und Anel Dzaka (88.) hatten die Kölner lediglich den Anschlusstreffer durch den eingewechselten Matthias Scherz (86.) entgegenzusetzen. Zudem scheiterte der enttäuschende Regisseur Thomas Broich in der 78. Minute noch mit einem von TuS-Torwart Michael Gurski an Scherz verschuldeten Strafstoß. `Wir bringen uns immer selbst um den Lohn unserer Arbeit, ich weiß auch nicht, woran es liegt´, meinte Latour kopfschüttelnd. In Koblenz, nur 90 Kilometer vom heimischen Geißbockheim entfernt, hatte man den Kölnern sogar 4500 der insgesamt 15.000 verkauften Karten - mehr wurden aus Sicherheitsgründen nicht ausgegeben - überlassen, Doch in der Partie lief es wie bei den vorangegangenen Pleiten in der `Provinz´. Egal ob in Jena, Paderborn, Unterhaching oder jetzt Koblenz: Die spielerisch scheinbar unterlegenen Gastgeber rannten sich die Seele aus dem Leib, grätschten, rackerten und schufteten was das Zeug hält und ließen ihren Gegenspielern keinen Meter Platz.
`Wir haben ihnen einfach die Lust am Fußball spielen genommen. Der Rest ging dann von ganz allein´, kommentierte TuS-Mittelfeldakteur Evangelos Nessos, einst selbst fünf Jahre in Diensten der Kölner. Trotz des Gala-Auftritts gegen Schalke und des Erreichens des Achtelfinales im DFB-Pokalwettbewerb wächst im Umfeld des dreimaligen deutschen Meisters und viermaligen Pokalsiegers der Unmut. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft schließlich eine große Lücke. `Ich weiß, es wird eine Diskussion über mich geben. Dieser muss ich mich stellen´, so Latour. Für Meier steht der Schweizer aber nicht zur Debatte: `Ich glaube nicht, dass Overath das Thema Trainer anpacken wird.´