Positive Schlagzeilen über den VfL in überregionalen Zeitungen wie der „Süddeutschen“, der „FAZ“ oder der „Welt“ zu finden, ist ansonsten ungefähr so außergewöhnlich, wie Schnee zu Weihnachten auf Fuerteventura. Doch zur Wochenmitte ist alles ganz anders. Dabei steht Chong Tese erst am Anfang einer vielversprechenden Karriere.
Gerade einmal vier Wochen ist er in Deutschland, und während man zum Beispiel einem seiner Vorgänger, Theofanis Gekas, nachsagt, er könne sich bis heute keinen Kaffee auf deutsch bestellen, babbelt Tese vor laufenden Fernsehkameras schon so munter drauf los, dass man meinen könnte, er wäre im Kohlenpott aufgewachsen. Wenn er dann schon mal die Worte „lustig“ und „glücklich“ verwechselt, dann finden solche Sätze wie „Ich bin lustig, in Bochum zu spielen“ uneingeschränkte Sympathien. Wen wundert es da, dass der 26-Jährige schon nach seinem ersten Zweitligaspiel mit zwei herrlichen Kopfballtoren als der große Hoffnungsträger gilt. Der Nordkoreaner, der in Japan aufgewachsen ist, entspricht keinen Vorstellungen, die man hier von einem Asiaten hat.
Friedhelm Funkel: „Ich habe schon den ein oder anderen als Spieler gehabt, doch so einen offenen Typen habe ich darunter noch nie entdeckt.“ Und so mischt sich Tese gut eine Stunde nach Abpfiff in der rewirpower-Lounge unter die Anhänger, plaudert hier und da in einem unnachahmlichen Sprachgewirr und greift wie selbstverständlich am Buffet gleich zur Currywurst, um sie kurz darauf wieder abzustellen, weil der nächste Fan um ein Foto bittet. Doch Funkel ist routiniert genug, um zu wissen, wann man die Bremse ziehen muss. Nach dem Doppelpack des Nordkoreaners verordnete er seinem neuen Torjäger am Dienstag eine mediale Pause. Funkel erklärt: „Er muss die vielen Eindrücke erst einmal verarbeiten. Deshalb bekommt er von mir eine Pause.“ Doch diese beschränkt sich ausnahmslos auf seine Aktivitäten außerhalb des Rasens. Im Erzgebirge wird er wieder auf Torejagd gehen.
Mit Chong Tese ist den VfL-Verantwortlichen ein absoluter Glücksgriff gelungen (Foto: firo).
Thomas Ernst sieht die Entwicklung mit äußerster Genugtuung und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als Tese nach dem Sieg selbst kritisierte „Zwei Tore auf vier Chancen, das ist schwach.“ Der Sportvorstand war sehr zufrieden und versicherte ihm, „mit der Quote kann ich in Zukunft gut leben“.
Mit der Verpflichtung des Nordkoreaners Chong Tese, der für einen „Schnäppchenpreis“ von 250.000 Euro nach Bochum kam, ist den Verantwortlichen ganz offensichtlich ein Transfercoup gelungen, dessen wahren Ausmaße noch nicht einmal abzusehen sind. Fakt ist: zur Stunde hat sich der Marktwert von Tese schon mindestens verzehnfacht. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass die Verpflichtung des Nordkoreaners quasi schon vor der WM in trockenen Tüchern war. Spätestens jetzt wundert sich die Konkurrenz darüber, wie es dem VfL gelingen konnten, Tese mit einem Zweijahresvertrag plus Option auf ein weiteres Jahr zu geben.
Schade nur, dass der 26-Jährige nach vier Treffern in vier Testspielen und zwei Toren beim Ligastart ausgerechnet beim Pokalauftritt in Offenbach ohne Treffer blieb, dort scheiterte er mit einem Schuss am linken Pfosten. Ein paar Zentimeter nach rechts und alleine mit diesem Tor hätte Tese seine Ablösesumme im Pokal einspielen können. Doch auch so hat sich sein Transfer gelohnt.