Von den aktuellen Spielern der Fußball-Bundesliga können nicht viele Akteure behaupten, dass sie noch mit Welt- und Europameister Jürgen Kohler zusammengespielt haben. Einer, der Einzige beim MSV, ist Carsten Wolters, der mit dem „Kokser“ in der Saison 1995/96 die Schuhe schnürte und gleich den Titel des Deutschen Meisters einheimsen konnte.
Von der gemeinsamen Fußballvergangenheit ist bis auf die Erinnerung nicht viel übrig: „Nach so langer Zeit ist da kaum noch was geblieben, das war 1995, das ist jetzt schon mehr als zehn Jahre her. Damals war Ottmar Hitzfeld unser Trainer und wir waren einfach Teamkollegen“, erinnert sich „Erle“.
Bekanntlich kehren ja neue Besen gut, beim MSV in Person des neuen Linienchefs. Eine Entwicklung, die der fast 37-Jährige begrüßt, was ihm allerdings nicht absolut fremd ist: „Seit dem ersten Tag mit dem neuen Trainer ist eine gewisse Aufbruchstimmung zu erkennen. Aber das ist bei jedem Trainerwechsel so, das ist völlig normal.“ Ein positiver Schwung, der durch das „Zebralager“ fegt: „Das bringt auch uns weiter, der Trott wird unterbrochen, die Trainingsabläufe sind anders und es kommt frischer Elan in die Truppe.“ Der MSV-Routinier lässt die erste Halbserie noch einmal Revue passieren: „In der Hinrunde hatten wir auch viel Pech, viele Verletzte und konnten fast nie mit der gleichen Mannschaft auflaufen. Letztendlich fehlen uns vier oder fünf Punkte. Mit ein bisschen Glück und mehr Cleverness wäre mehr drin gewesen.“ Aber auf verlorenem Posten kämpft die „Zebraherde“ noch lange nicht: „Mit den zwölf Zählern stehen wir natürlich nicht gut da, aber wir sind nicht alleine. Der Kontakt nach oben ist vorhanden, abgeschlagen sind wir noch lange nicht, es ist noch alles drin.“
Der Mann mit der Rückennummer „11“ hat auch gleich die Taktik parat: „Wir müssen weiter unser Augenmerk auf unsere Heimspiele setzen und gegen alle direkten Mitabstiegs-Konkurrenten punkten. So leichtfertig wie wir die Punkte gegen Bielefeld oder Köln abgegeben haben, dürfen wir in der Rückrunde nicht mehr agieren.“ Durchaus positiv sieht der rechte Außenbahnspieler die Entwicklung der „jungen Wilden“: „Die Einbindung der jungen Spieler aus der Amateurmannschaft oder von den A-Jugendlichen ist sehr gut gelungen. Die Jungs haben sich bewährt und ordentlich gearbeitet. Wenn wir aus der A-Jugend Spieler wie Oliver Rademacher oder Niklas Stegmann hochbringen und in den Profikader integrieren, kann unsere Nachwuchsarbeit nicht so schlecht sein. Es hat zwar lange gedauert, aber das sollten wir hier in Duisburg kontinuierlich ausbauen.“
Einer hat ihm besonders imponiert: „Wenn man jetzt Adam Bodzek sieht, der in Mainz ein hervorragendes Match bestritten hat, dann haben wir einen guten Mann für die Abwehr dazu gewonnen, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann. Er trainiert schon ziemlich routiniert bei uns mit und ist absolut eingebunden.“ Da ist auch mal die passende Streicheleinheit von Seiten der Arrivierten angebracht: „Wir sprechen viel mit den jungen Spielern und nach solchen klasse Spielen bekommen die auch ein Extra-Lob von uns oder wir klopfen ihnen auf die Schulter. Die brauchen das, das baut sie unheimlich auf.“ Der Knackpunkt für den langfristigen Erfolg vieler Vereine ist die schlechte Arbeit an der Basis und die Ausbildung der Jugend. Auch Jürgen Kohler möchte verstärkt in Duisburg daran arbeiten, weil nur so ein kontinuierlicher Erfolg möglich ist. Für „Erle“ sind diese Bemühungen gar überlebenswichtig, auch um konkurrenzfähig zu sein: „Der Verein braucht die Jugendarbeit. Für den MSV Duisburg, der ja finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, ist es unheimlich wichtig, mit den Jugend- und Amateurmannschaften in der obersten Klasse zu spielen.“
Über seine eigene Situation macht sich der ehemalige Wattenscheider aber auch so seine Gedanken: „Insgesamt komme ich auf 13 Einsätze über die volle Distanz. In der Hinrunde habe ich fünf oder sechs Spiele in der Dreierkette gemacht. Eine Position, die mir eher nicht so liegt. Dazu wurde ich einige Male eingewechselt und habe dann auch immer meine Leistung gebracht.“ Hinzu kommt das Alter: „Mit fast 36,5 Jahren macht sich der Körper schon bemerkbar, aber ich fühle mich absolut fit und bin voll belastbar. Mein Vertrag läuft Ende Juni 2006 hier in Duisburg aus, aber es obliegt der Vereinsseite, ob ich bleibe, das kann ich nicht bestimmen. Vielleicht höre ich ganz auf oder ich spiele noch ein, zwei Jahre bei einem anderen Verein.“
Carsten Wolters könnte beim MSV ein zweiter Michael Zorc in der Position eines Sport-Managers werden oder als eine Art Lothar Matthäus seine fußballerische Karriere fortsetzen. Optionen, die im Bereich des Machbaren liegen: „Ich hoffe, hier beim MSV bleiben zu können. Im Trainingslager werde ich mich mit Walter Hellmich zusammensetzen und in aller Ruhe sprechen, um meine Zukunft hier in Duisburg zu klären.“ Die Weichen sind auf jeden Fall schon gestellt: „Ich habe jetzt bald meine Sportfachwirt-Prüfung, zudem habe ich dazu den Schwerpunkt Management belegt, um auch da meine Chancen zu suchen.“
Aber die nahe Zukunft hat erst mal Vorrang: „Fakt ist, dass wir uns in der bevorstehenden Rückrunde keinen Ausrutscher mehr erlauben dürfen. Zudem müssen wir auswärts häufiger punkten. Das Spiel in Mainz war dazu ein wichtiger Impuls.“ Er fügt an: „Es ist unheimlich wichtig für alle, für den Verein, die Stadt und die Fans, dass wir uns in der Bundesliga halten. Der Abstand nach oben ist nicht groß und sicherlich ist der Auftakt beim VfB Stuttgart schwer. Es wird nicht leichter, jetzt kommen fast nur noch die Spitzenmannschaften in die MSV-Arena, aber warum sollen wir nicht auch mal für eine Überraschung gut sein?“